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Endspurt 22: Geknüpfte Parodie
von Martina Metzner | 22.12.2015
Selbstbildnis der anderen Art: die Street Art-Künstler Veli Silver und Angelo Amos spielen gerne Schach und fläzen dabei auf einem Kelim. Foto © Schönstaub

Ein Garten, vielleicht ist es sogar das Paradies, gehört zum klassischen Motivbestand von Orientteppichen. Was aber möchte uns ein Teppich vermitteln, der zwei liegende junge Männer aus der Vogelperspektive zeigt, die ohne Schuhe, aber mit Basecap und Pullovern mit Norwegermuster, entspannt auf einem alten Kelim liegen und Schach spielen? Bei den beiden handelt sich um Veli Silver und Angelos Amos, der eine Slowene, der andere Schweizer, die seit einigen Jahren unter dem Künstlernamen Veli & Amos weltweit Street Art praktizieren, damit mehr oder weniger das Showgeschäft parodieren und zuweilen an Borat oder Die Antwoord erinnern.

Ihr Stilmittel sind hauptsächlich Musikvideos, die fast immer mit irgendeiner öffentlichen Interaktion verbunden sind, oft mit Graffiti-Sprayen, gern aber auch mit scheinbaren Nonsense-Aktionen. Etwa wenn sie einen Lautsprecher im bolivianischen Asphalt beerdigen, auf einem Cannabis-Feld „I have no beef“ rappen, im Stil des besten amerikanischen Südstaaten-Hiphops am Pool chillen, mit Maschinengewehren hantieren oder von der „Brand New Reality“ singen.

Was Veli + Amos von bewusst lässig auftretenden Stars und Sternchen halten, macht der Teppich, herausgebracht von dem jungen Schweizer Label Schönstaub, deutlich. Bei der medialen Selbstinszenierung des Duos denkt man unwillkürlich an diverse Klatschpressebilder von Jogginghosen- und Coffee-to-go-Becher-tragenden Hollywood-Sternchen oder an die Posts von Bekannten auf Facebook. Auch der Teppich friert einen eher belanglosen Moment der Muße ein, lädt ihn aber, da er auf einen wertvollen Teppich gebannt wird, mit Bedeutung auf. Wobei, und das macht ihn darüber hinaus interessant, dabei jede Menge Muster – vom Schachbrett über die Pullover und die Sneakers bis zum Teppich auf dem Teppich – ins Spiel kommen.

Bei Schönstaub kann man übrigens auch eigene Bilder zu einem fotorealistischen Teppichmotiv knüpfen lassen. Was die Fantasie beflügelt: Wie wäre es mit einem Teppich, auf dem wir Unkraut jäten oder den Müll rausbringen? Oder an eine Darstellung unserer selbst, während wir an der Ampel stehen oder auf unserem Smartphone tippen? Da wir uns aber sowenig wie Veli + Amos des Narzissmus bezichtigen lassen möchten, behaupten wir einfach, der Weg zu unserem ganz persönlichen Paradies führe über all die Nebensächlichkeiten unseres Alltags. Die dazu passenden Muster sollten wir dabei aber nicht vergessen.

www.schoenstaub.com
www.veli-amos.net

Den Teppich von Veli + Amos gibt es nur in einer limitierten Auflage von zehn Stück für einen Preis von 4000 Schweizer Franken. Foto © Schönstaub