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Gute Arbeit als Kriterium
Im Gespräch: Sebastian Wrong
29.09.2013
Designer Sebastian Wrong, Foto © Wrong for Hay

Sebastian Wrong ist eine der treibenden Kräfte der britischen Designszene. Als Mitbegründer und Kreativdirektor von „Established & Sons“ – bis zu seinem Ausscheiden 2012 – verschob der Designer Genre-Grenzen. Wrong, der an der „Norwich School of Art“ Bildhauerei studiert hat, ist ein Kenner von unterschiedlichsten Herstellungsverfahren und Materialien. Während des London Design Festival stellte er die erste Kollektion der neuen Marke „Wrong for Hay“ vor. Zehn Jahre nach der Gründung der dänischen Möbelmarke „Hay“ nun also ein Ableger in London, für den etablierte ebenso wie noch unbekannte Designer unter der Leitung von Sebastian Wrong neue Produkte entwickeln sollen. Mit dabei sind unter anderem der Deutsche Stefan Diez, der Brite Thomas Jenkins und der Schweizer Lucien Gumy.

Uta Abendroth: Sebastian, die Wrong For Hay-Kollektion umfasst Leuchten, Möbel, Textilien, Glas- und Keramikobjekte. Das ist eine ziemliche Bandbreite für so einen Neustart.

Sebastian Wrong: Rolf Hay und ich haben uns überlegt, was wir als erste Kollektion zeigen und was für ein Fundament wir damit legen wollen. Zu Beginn haben wir darüber nachgedacht, ausschließlich Leuchten zu machen. Aber dann sind wir übereingekommen, dass es mehr, auch ganz verschiedene Objekte geben kann. Von dem Moment an ist die Produktpalette ziemlich schnell gewachsen.

Gab es denn irgendwelche Vorgaben? Oder hat Hay Ihnen völlig freie Hand gelassen?

Wrong: Ich habe keine Vorgaben bekommen. In der Hinsicht sind die Dänen sehr relaxt und lassen mich machen.

Hat Hay Sie für diese neue Marke aufgrund Ihrer Established & Sons-Erfahrung ausgesucht?

Wrong: Ja, sicher. Was ich da als Designer und Kreativdirektor gemacht habe, hat den Leuten bei Hay gut gefallen und so was in der Art, diese Form von Kreativität, die wollen sie von mir. Und die darf ich nun weiter entwickeln. Aber es ist natürlich ein anderer Kontext, eine andere Firma und auch eine andere Zeit. Es geht also nicht darum, Established & Sons zu wiederholen. Wir wollen einen ganz anderen Markt erreichen und unsere Philosophie ist ebenfalls eine andere: es geht darum, gutes Design zu einem wirklich guten Preis anzubieten. Außerdem muss es sehr gut gemacht sein.

Steht jedes Objekt für sich oder würden Sie sagen, dass sich ein roter Faden durch die Kollektion zieht?

Wrong: Ich könnte nicht sagen, was dieser rote Faden ist, aber einige Leute meinten schon, dass es den gäbe, andere wieder nicht. Mir fällt dazu nur folgendes ein: Was die Objekte gemeinsam haben ist, dass ich jedes einzelne von ihnen gerne bei mir zu Hause hätte und ich gerne mit jedem Möbel oder Accessoire wohnen würde. Das hört sich vielleicht ein bisschen eigennützig an, aber Tatsache ist, dass ich mich auf die Entwürfe einlasse, als ob ich die Produkte selbst benutzen wollte. Ich interessiere mich zum Beispiel sehr für Textilien. Nathalie Du Pasquier hat mir erlaubt, einen Blick in ihr Archiv zu werfen und auf dieser Basis arbeiten wir daran, viele verschiedene Wohntextilien zu kreieren. Aber dann sind da auch die Möbel, die Keramik- und die Glasobjekte, die Produktpalette ist schon sehr facettenreich. Alles ist cleanes, klares und funktionales Design. Und dann sind da einige sehr expressive Statements in dieser Kollektion – aber auch das sind keine teuren Stücke. Das vielleicht schrägste Teil ist die gequiltete und ziemlich bunte Tagesdecke von Bernhard Wilhelm. Die ist schon für einen speziellen Konsumenten, ein echtes Nischenprodukt.

Worin bestehen die Unterschiede zu der Kollektion von Hay?

Wrong: Es ist eine neue Marke in der Hay-Gruppe und der entscheidende Unterschied zwischen Hay und Wrong For Hay ist meine Wenigkeit. Ich werde die Ausrichtung und den Charakter durch meine Augen, meine Gefühle und meine Kontakte bestimmen. Und natürlich auch durch meine Erfahrung als Designer, der in London lebt.

Hat die Stadt London als Standort denn einen bestimmten Einfluss auf die Marke?

Wrong: Die Dynamik, die Energie und die Verschiedenartigkeit von London gegenüber Kopenhagen, wo Hay ansässig ist, haben großen Einfluss auf das, was wir bei Wrong For Hay machen. Wir fangen diese Energie und diese Stimmung ein. Wie sich das mit der Zeit entwickelt und wie die beiden Kollektionen sich gegenüber stehen oder ergänzen werden, wird sich zeigen. Ich habe meine sehr persönliche Vorstellung, wie sich das entwickeln soll.

Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie die Designer für Wrong For Hay ausgesucht?

Wrong: Das Kriterium ist „gute Arbeit“. Das ist das einzige, was mich interessiert. Ich lasse mich nie von einem Namen leiten, sondern nur von den Objekten. Natürlich kenne ich viele Leute, denn ich habe seit Jahren an vielen unterschiedlichen Institutionen unterrichtet, so dass ich stets viele junge Ideen zu sehen bekomme. Generell ist es so: Was ich sehe und was ich mag, das bringe ich in einen Zusammenhang mit meinen Ideen und Aufgaben. Es geht ja jetzt darum, dass wir ein Business aufziehen wollen. Und da müssen wir schon genau gucken, was wir in die Produktion nehmen.

In welchen Rhythmus werden Sie neue Produkte auf den Markt bringen?

Wrong: Vielleicht bringen wir mehr als einmal pro Jahr neue Produkte auf den Markt, vielleicht nur alle zwei Jahre, das wird sich zeigen. Wir sind noch nicht an dem Punkt, darüber schon eine Entscheidung zu treffen. Das Tolle an Hay ist, dass sie sich nicht einem bestimmten Termin- oder Ablaufplan unterwerfen, wie andere Firmen mit den Messen in Mailand oder Köln das tun. Hay guckt sich um und reagiert schnell auf Ideen. Ein Beispiel sind die „Copenhague“-Möbel von Ronan und Erwan Bouroullec. Die beiden hatten Stühle, Tische und Bänke für die Universität in Kopenhagen entworfen und nun sind sie im Programm bei Hay. Sie sind also in der Lage, kommerzielle Chancen zu erkennen, zu nutzen und weiter zu entwickeln.

Wo werden die Objekte hergestellt?

Wrong: In Europa, Indien, China … Wir arbeiten mit den gleichen Herstellern und Zulieferern wie Hay zusammen.

Haben Sie eine bestimmte Zielgruppe vor Augen, die Sie erreichen wollen?

Wrong: Ja, es geht um den mittleren Markt. Junge Leute, die sich für Design interessieren. Das ist ja auch das Plus von Hay. Sogar Studenten können sich Teile aus der Kollektion leisten. Bei den Möbeln und Accessoires ist für jeden etwas dabei und das ist das Geheimnis ihres Erfolges: Sie sind nicht exklusiv, sondern vielmehr sehr offen im Hinblick auf ihre Produktauswahl und ihre Preisgestaltung. Die neue Marke wird diesem Prinzip folgen.

Haben Sie einen persönlichen Favoriten in der Wrong for Hay-Kollektion?

Wrong: Nein, das wäre unfair. Ich denke es ist wirklich eine große Anzahl von guten und verschiedenartigen Objekten von unterschiedlichsten Designern. Jetzt ein Teil als eine Art Gewinner herauszugreifen, wäre nicht angebracht. Die Branche hat ein Produkt allerdings ganz besonders wahrgenommen und zwar das Regal „The Wooden Shelf“ von Lucien Gumy. Es hat in diesem Jahr den „Design Preis Schweiz“ gewonnen und den „D3 Design Contest“ auf der imm in Köln – allein dadurch hat es sehr viel Aufmerksamkeit bekommen. Wenn wir also etwas raussuchen sollten, dass die Branche gut aufgenommen hat, dann wäre es dieses Regal. Aber viele Preise bedeuten ja nicht gleich gute Verkaufszahlen. Aber ich bin insgesamt sehr zufrieden mit allen Entwürfen.

Ab wann werden die Produkte zu haben sein?

Wrong: Schon im November, das geht jetzt ganz schnell. Wir haben in London so viel positive Resonanz bekommen und ich bin zuversichtlich, dass die Kollektion gut laufen wird.


www.wrongforhay.com
www.thewrongshop.co.uk

"Pion Light" by Bertjan Pot, "Frame Table" by Line Depping und Jakob Jørgensen, "Slope Chair", Foto © Wrong for Hay
Keramik-Kollektion „Mediums Number 1" von Ian Mcintyre mit den „Wrong for Hay" Initialien, Foto © Wrong for Hay
Die „Lens Boxes" von Thomas Jenkins sind aus Glas, Kork, Ahorn- oder Eschenholz. Foto © Wrong for Hay
Passend kombiniert: „Hockney Sofa", „Serve Table" und „Curve Chair", Foto © Wrong for Hay
Ein Teil der „Wrong for Hay" Kollektion: „Trion Table", „Neu Chair" und „Bent Wood Mirror", Foto © Wrong for Hay
„Pion Light" von Bertjan Pot und „Curve Chair" in einem Stoffbezug von Nathalie du Pasquier, Foto © Wrong for Hay
Die norwegischen Designer Anderssen & Voll entwarfen die Salz- und Pfeffermühle „Ori”. Auf der rechten Seite "Smileys" Textilien von Bernhard Willhelm. Foto © Wrong for Hay