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Zum Tod von Ferdinand Alexander Porsche
von Thomas Edelmann | 15.04.2012
Ferdinand Alexander Porsche mit dem Modell des 911 S Targa, 1968, Foto © Porsche AG

Würde es so etwas wie das typische Auftreten eines Designers geben, dann hat sich Ferdinand Alexander Porsche nie dafür interessiert. Schon auf Fotos aus den fünfziger Jahren ist er mit Bart zu sehen, in bequemer, bestenfalls praktischer Kleidung eines Ingenieurs. Als dritter in der Reihe der Porsches trägt er den Namen Ferdinand, wie Vater und Großvater, ebenso wie sein Cousin Ferdinand Piëch. Anders als seine Vorfahren wird er 1935 in Stuttgart geboren, hat später die deutsche wie die österreichische Staatsbürgerschaft.

Schon als Kind sind die Entwicklungs- und Konstruktionsbüros in Zuffenhausen für Ferdinand Alexander Porsche ein natürlicher Aufenthaltsort. Der junge Porsche besucht die Waldorf-Schule und schreibt sich anschließend an der Hochschule für Gestaltung in Ulm ein. Doch nach einem Semester bei Max Bill (einem passionierten Bentley-Fahrer) endet für ihn die Ausbildung abrupt. „Ich bin da rausgeflogen", erklärte Porsche später ohne Umschweife. Womöglich war Ulm 1957 noch kein so spannender Ort für einen, dem längst die Porsche-Werkstätten offen standen. Auch ein Praktikum in den Studios von Raymond Loewy in den USA scheitert, da Loewy Porsche lieber nicht in Kontakt mit seinen Autokunden bringen wollte.

Viele Wege führen zum Design. Erwin Komenda, den langjährigen Leiter der Karosseriekonstruktion bei Porsche bezeichnet Ferdinand Alexander als seinen Lehrmeister. Von ihm stammt das Motiv der in den Kotflügel integrierten Scheinwerfer. Komenda verwendet es auch bei der Konstruktion des Porsche 356 und nun soll das Merkmal weitergeführt werden. F.A. Porsche wird 1960 zum Leiter der Designabteilung sowie eines sechsköpfigen Teams, das binnen drei Jahren einen Nachfolger für den begehrten Porsche 356 erschaffen soll.

„Ich wollte ein total neutrales Auto machen", erinnert er sich 1991, „mit ruhigen, aber gleichwohl aufregenden Karosserielinien, allen Schnickschnack weglassen – je weniger, je besser. Ein modernes Auto sollte entstehen, kein modisches." Und der Designer bekannte dem Autojournalisten Werner Dageför: „Ich bin nie gern zu den großen Automobil-Ausstellungen gefahren, weil mich die Vielzahl der Novitäten eher irritierte als anregte." Ihn interessierte Eigenständigkeit, nicht Formenvielfalt.

In seiner „Kritik am Auto" grantelte Otl Aicher am „Elfer" herum, bezeichnete ihn als Beispiel für Styling. In diesem Zusammenhang fiel auch der Satz vom „Windschlüpfigen Wesen, das zeigen will, wie schnell es ist. Es fährt auch, wenn es steht." Das windschlüpfige Wesen übersteht Lob und auch diese Kritik. 1977 droht der Versuch einer Abwicklung durch einen unwürdigen Nachfolger, nämlich den Porsche 928. Die Elfer-Fans tobten, das Unternehmen zeigte sich einsichtig, der 911er wird weiter entwickelt, sein Designerbe gehegt und bewahrt, was wiederum Aicher als Styling bezeichnet hätte. Es hilft nichts: Mittlerweile ist die siebte Generation des Porsche 911 auf der Straße, gestaltet von Michael Mauer. Ein klein wenig erinnert das neueste Modell noch an seine Abstammung, auch wenn Leistung und Technik und Interior längst in andere Sphären entschwunden sind. Als seinen schönsten Autoentwurf bezeichnete F.A. Porsche den Rennwagen Porsche Carrera GTS, der ab 1963 in 116 Exemplaren gebaut wurde, vollständig mit einer Kunststoffkarosserie.

Rückzug aus dem Unternehmen

„Alle müssen raus", lautete 1972 die Devise. Um Zwistigkeiten zulasten des Unternehmens zwischen den Stämmen der Familie auszuschließen, sollten sämtliche Familienmitglieder ihre Vorstandsposten und sonstigen Führungsaufgaben abgeben, verkündet Ferry Porsche, externe Manager übernehmen fortan die Leitung. Somit verliert auch F.A. Porsche seine Position als Chefdesigner. Er gründet zunächst in Stuttgart das Unternehmen Porsche Design das zwei Jahre später nach Zell am See umzieht. „Design by F.A. Porsche" steht auf den Produkten des nunmehr österreichischen Büros, das unter anderem Uhren, Lederwaren, Pilotenbrillen, Tabakpfeifen, Möbel und Leuchten entwirft. Ferdinand Alexander Porsche habe alles entworfen, was Männern Spaß mache, erklärte vor einiger Zeit der Chef der Porsche Design Group Jürgen Geßler. Design nur für Playboys? Das hätte F.A. Porsche nicht genügt. Für ihn stand Formfindung immer im Zusammenhang mit der Erfüllung von ästhetischen, wie technischen und praktischen Funktionen. Ein heute weitgehend unbekannter Entwurf von Anfang der achtziger Jahre ist das „Kompaktauto", das als Zwei- bis Viersitzer mit Schlafmöglichkeit und offener Ladefläche konzipiert war, Höchstgeschwindigkeit 130 bis 150 Stundenkilometer. Ein Porsche war das nicht, ein F.A. Porsche schon.

Gründung der Porsche Design Group

Noch immer gibt es eine Firma, die Porsche Design heißt. F.A. Porsche hat sie, als er sich aus dem Geschäft zurückzog nicht an die Mitarbeiter übergeben. Vielmehr entstand die neue Porsche Design Group, eine Holding im Besitz der Porsche AG und der Familie Porsche, zu der das Design Studio in Zell am See heute ebenso gehört wie die Marken Porsche Design und Porsche Design Driver's Selection, weltweit fünfzehn eigene Porsche Design Stores und rund 100 weitere im Franchise-Betrieb.

Bekanntlich gelten die strengen Familienregeln von Ferry Porsche längst nicht mehr. F.A. Porsche gehörte zeitweise dem Aufsichtsrat von Porsche an, war Ehrenaufsichtrat bei Porsche wie bei Porsche Design.

Am 5. April 2012 starb Ferdinand Alexander Porsche in Salzburg nach langer Krankheit. Sein Weg zum Design war ungewöhnlich, sein Erfolg nachhaltig. Wir sollten ihn in guter Erinnerung behalten.

Ferdinand Alexander Porsche mit dem Modell des 911 S Targa, 1968, Foto © Porsche AG
Porsche 911, Prototyp 901 T8, vor 1963, Foto © Porsche AG
Porsche Typ 904 Carrera GTS Coupé (1964), Foto © Porsche AG
Auf dem Internationalen ADAC-1000-Kilometer-Rennen am Nürburgring (1965) erreichten Joakim Bonnier und Jochen Rindt im Porsche Typ 904 8-Zylinder den dritten Platz im Gesamtklassement beziehungsweise die 1. Klasse der Prototypen, Foto © Porsche AG
Porsche-Nachwuchs im Typ 550 Buckelspyder: Ferdinand Alexander Porsche (oben) mit seinen Brüdern Peter Porsche, Gerd Porsche, Wolfgang Porsche (unten, von links nach rechts), Foto © Porsche AG
Erstes Produkt des von Ferdinand Alexander Porsche gegründeten Porsche Design Studios ist „Chronograph I“ (1972) für die Schweizer Uhrenmarke Orfina, Foto © Porsche Design Studio
Ein Klassiker unter den Sonnenbrillen weltweit: die im Porsche Design Studio gestaltete „Exklusivbrille“ (1978), für Carrera, Foto © Porsche Design Studio
Für den italienischen Hersteller Lucitalia entwirft das Porsche Design Studio 1982 die Tischlampe „Kandido“, die 1987 in die Auswahl des italienischen Designpreises Compasso D’Oro aufgenommen wird, Foto © Porsche Design Studio
Zusammen mit dem Institut für Ergonomie der Universität München entwickelte das Porsche Design Studio den verstellbaren Ruhesessel „Antropovarius“ für den italienischen Möbelhersteller Poltrona Frau (1982), Foto © Porsche Design Studio
Beim Entwurf einer Pfeife inspirierte sich das Porsche Design Studio an den Kühlrippen eines Motorradmotors und übertrug sie auf den Pfeifenkopf (1983), Foto © Porsche Design Studio
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Für BSH Bosch und Siemens entwickelte das Porsche Design Studio die „Premium Kleingeräte-Serie“(1997), die aus Kaffeemaschine, Wasserkocher und Toaster besteht, Foto © Porsche Design Studio