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Die Schlafwerkstatt

Schramm – das steht für Premiumbetten mit Designanspruch. Doch die eigentliche Besonderheit steckt im Inneren. Wir waren bei der Bettenmanufaktur zu Besuch.
von Fabian Peters | 31.07.2019

Winnweiler – ein malerisches Städtchen in der Pfalz. Im Mai 2019 luden Axel Schramm und seine Frau Angela nach Winnweiler zu einem tiefen Einblick in ihre Werkstätten. Und schnell zeigte sich: Das Ehepaar, das das Familienunternehmen zu dem Premiumbettenhersteller in Deutschland gemacht hat, ist auch ein hervorragender Gastgeber. Es ist die Begeisterung der Schramms für ihr Produkt, die einfach ansteckend ist. Und es sind vielleicht auch ein wenig die großartigen pfälzischen Weine und Spezialitäten, die den Aufenthalt in Winnweiler zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben.

1923 eröffnete Karl Schramm eine kleine Sattlerei im Dorf Alsenborn. Im Laufe seines Berufslebens entwickelte er ein enormes Gespür für die Anatomie von Mensch und Pferd. Schließlich musste jeder Sattel genau an die Statur von Ross und Reiter angepasst werden. Mit diesem Wissen und handwerklichen Geschick machte sich Karl Schramm schließlich daran, eine Matratze zu entwickeln, die seinen Ansprüchen an Ergonomie und Komfort genügte. Unter der Leitung seines Sohnes Karl Schramm jr. verlegte sich die Firma in den Sechzigerjahren schließlich ganz auf die Produktion von Boxspringbetten, damals ein echtes Nischenprodukt in Deutschland. Heute leitet Axel Schramm in dritter Generation den Betrieb und die vierte Generation ist bereits in die Geschäfte miteingebunden.

Lange war das Boxspringbett ein Exot in deutschen Schlafzimmern. Die Marke Treca vermarktete das Konzept als französisches Bett in barocken Formen mit reichlich Samt, Plüsch und Messing. Ein Produkt, für das designaffine Käufer nicht wirklich Interesse aufbringen konnten. Schramm hingegen wählte bereits vor 30 Jahren einen anderen Gestaltungsansatz: "Unser Design war von Beginn an reduziert, sehr pur", erzählt Angela Schramm, Ehefrau von Axel Schramm und Head of Marketing. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie in den letzten Jahren den Wandel der Manufaktur zu einer Marke forciert, die heute wie kein anderer Bettenhersteller für anspruchsvolles, zeitgenössisches Design steht. Sebastian Herkner, einer der aktuell international erfolgreichsten Designer, hat für Schramm die Modelle "Calm" und "Origins Complete Fold" entworfen. Seine Betten interpretieren Stimmungen wie Geborgenheit und Gemütlichkeit in dem entspannt-eleganten Stil, der Herkner auszeichnet. Die Berliner Designerin Hanne Willmann setzt bei ihrem preisgekrönten Entwurf "Some Day" auf Holz und skandinavische Anklänge. Für den jüngsten Neuzugang im Schramm-Angebot zeichnet das Kölner Designduo Kaschkasch verantwortlich. "Ell" ist ein auf eine archetypische Form reduziertes Bett, das sich gleichermaßen in klassischen wie in avantgardistischen Umgebungen wohlfühlt.

Auch den Blick von Angela Schramm, die selbst mehrere Betten gestaltet hat, haben Herkner & Co. verändert. "Meine eigene Handschrift hat sich im Gespräch mit den jungen Designern verändert", sagt sie. Unverändert geblieben ist dagegen der Aufwand, den Schramm bei der Herstellung seiner Produkte betreibt. "18 Paar Hände", wie Angela Schramm es formuliert, arbeiten an jeder Matratze, die das Werk verlässt. Knapp 10.000 Matratzen und etwa halb so viele Betten produziert das Unternehmen jährlich mit seinen 185 Mitarbeitern.

Ein Alleinstellungsmerkmal ist dabei die ofenthermische Vergütung der Federn. Ein aufwendiges Veredlungsverfahren, das Schramm als letztes Unternehmen noch praktiziert. Jede einzelne Feder wird dabei nach dem Winden langsam auf knapp 300 Grad erhitzt und anschließend wieder vorsichtig abgekühlt. Dadurch wird sie extrem stabil und dauerhaft elastisch und die Matratze entwickelt mit der Zeit nicht die berüchtigte "Schlafkuhle". Nach dem Härten werden die Federn einzeln von Hand in Nesselsäckchen eingenäht. Als den "Herzmuskel" des Unternehmens bezeichnet Angela Schramm die Näherinnen, die diese Aufgabe gewissenhaft erledigen. Die eingenähten Federn bilden den Kern jeder Schramm-Matratze und jedes Schramm-Bettes. Je nach Produkt werden sie in verschiedenen Härtegraden, nach unterschiedlichen "Rezepturen", zusammengestellt und anschließend mit mehreren Stoff- und Polsterschichten ummantelt.

Der Innovation verpflichtet

Aber Schramm hält nicht nur die handwerkliche Tradition hoch. Die Manufaktur entwickelt ihre Produkte immer weiter, um einen noch höheren Schlafkomfort zu erreichen. 2003 etwa stellte man die inzwischen patentierte "Secondary Contour Adaption" (SCA) vor, bei der die Untermatratze im Becken- und Schulterbereich motorgetrieben um 2 Zentimeter angehoben oder abgesenkt werden kann. 2011 präsentierte Schramm das ebenfalls patentierte Drei-Matratzen-System "Grand Cru" und 2014 feierte "Two in One" Premiere, eine durchgehende Untermatratze für Doppelbetten, die sich für den Transport mittig zusammenklappen lässt.

Keine Frage – Schramm profitiert vom derzeitigen Boxspring-Boom in Deutschland. In den letzten 15 Jahren ist das Unternehmen erheblich gewachsen. Anfangs hätten viele Käufer die Bauart in den USA kennen und schätzen gelernt, berichtet Angela Schramm. Nach ihrer Rückkehr wünschten sie sich dann ein solches Bett für ihr eigenes Schlafzimmer. Inzwischen ist das Boxspringbett aber auch bei uns, wo lange Zeit das Bett mit Lattenrost Standard war, weitverbreitet. Angela Schramm spricht von einem regelrechten Hype, den sie seit einigen Jahren feststelle. Man verlässt sich bei Schramm aber nicht nur auf die Kundschaft aus Deutschland. Längst hat sich die Manufaktur aufgemacht, ausländische Märkte zu erobern. Neben den europäischen Nachbarstaaten hat man dabei die asiatischen Länder fest im Blick. Nur in die USA zieht es Schramm nicht. "Fire retardent" – flammhemmend müssen Matratzen dort gemäß den gesetzlichen Vorschriften sein; eine Eigenschaft, die nur mit massiven Chemieeinsatz erzielt werden kann. Keine Option für das Unternehmen, das seit jeher auf hochwertige Naturmaterialien setzt.

Wesentlich spannender findet man da bei Schramm den Bereich "Hospitality": "Selbst im 5-Sterne-Bereich sparen viele Hotels an der Matratze", bedauert Angela Schramm. Es fehle schlicht am Bewusstsein, dass ein hochwertiges Bett wichtiger Bestandteil eines erstklassigen Angebots ist. Zudem würden oftmals die vorhandenen Matratzen falsch behandelt, etwa indem man vergesse, sie regelmäßig zu wenden, ergänzt sie. Speziell für den Einsatz in der Spitzenhotellerie bietet die Manufaktur das Programm "Savoy" an. Schramm-Betten stehen inzwischen in ersten Adressen wie dem Fontenay in Hamburg oder Schloss Elmau. Parallel schult man das Personal im richtigen Umgang mit der Matratze. Die Hotelbetten machen beste Reklame für das Unternehmen: Gäste erfahren einen ungekannten Schlafkomfort, den sie anschließend auch zuhause nicht mehr missen möchten.