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Abends sieht ein Raum anders aus
IM GESPRÄCH: Dietrich F. Brennenstuhl
23.02.2014
Dietrich F. Brennenstuhl: Gründer, Inhaber und Geschäftsführer von „Nimbus“ inmitten verschiedener Versionen der Leuchte „Roxxane“. Foto © Christoph Bauer

Was braucht es mehr: Ein innovatives Unternehmen, einen charismatischen Chef und coole, aufs Nötige reduzierte Produkte, die technisch auf dem neuesten Stand sind. Schon der Name des Leuchtenherstellers hat einen besonderen Klang: Nimbus! Schließlich bezeichnet das lateinische Wort nicht irgendeine, sondern eine ganz besondere Lichterscheinung. Werden in der Kunst – noch ohne LED-Technik – Heilige dargestellt, so ist ihr Kopf oder Körper in fast allen Kulturen oft von einem Glorienschein oder einer Aureole aus Licht umhüllt. Wodurch ausgedrückt wird, dass die jeweilige Person „erleuchtet“ ist.

Meine Erwartungen sind dementsprechend. Zumal dem Firmengründer, Inhaber und Geschäftsführer Dietrich F. Brennenstuhl ebenfalls ein besonderer Ruf vorauseilt. Dem wird der smarte Lichtspezialist, der als Werkzeugmacher ausgebildet wurde, bevor er Bauingenieurwesen und schließlich Architektur studierte, auch sofort gerecht. Als er mich am Empfang abholt, hat er einen Monteur im Schlepptau, der eine von Brennenstuhls Renn-Ducatis abholen soll, die, zusammen mit zwei anderen Rennmotorrädern, zwischen all den Nimbus-Leuchten im firmeneigenen „Mock-Up“ stehen, als stünde der Start unmittelbar bevor. „Wollen Sie mal hören, wie die klingt“, sagt er, wobei die Rennleidenschaft in seinen Augen aufblitzt. Schon schnurrt der Anlasser und die Ducati heult kurz auf. Vielleicht, denke ich, sollten wir einfach über Motorräder reden, und über das Prickeln, das ihr Klang in Verbindung mit dem so typischen Geruch nach Benzin und verbrannten Gummi in den Körper einsickern lässt. Die Renn-Ducati aber wird abtransportiert. Und Dietrich F. Brennenstuhl nimmt mich mit auf einen Rundgang. Unser Gespräch beginnt.


Thomas Wagner: Herr Brennenstuhl, Nimbus bietet nicht nur Lichtlösungen für Bürogebäude an, sondern auch für den Wohnbereich. Nehmen wir Ihre Leuchte „Roxanne“ – liegt es an den Vorschriften für Büroleuchten, dass Sie eine Variante für zuhause und eine für’s Büro anbieten?

Dietrich F. Brennenstuhl: Wir haben uns bewusst für zwei Varianten entschieden, was nichts mit den Vorschriften zutun hat. Die Büroleuchte erfüllt nicht die Arbeitsstättenrichtlinie mit 500 Lux, verteilt auf einer Fläche ein auf zwei Meter. Würde sie das tun, so würde das unsere große Stehleuchte „Office Air LED“ ad absurdum führen. Es gibt aber von einer Berufsgenossenschaft eine andere Normierung, innerhalb der die Leuchte schon die richtige Lichtleistung erbringt. Wir haben einfach gesehen, der kleine Leuchtenkopf mit 7,5 Watt eignet sich wunderbar, um ein gutes Leselicht zu erzeugen. Aber für einen Arbeitsplatz reicht das nicht aus. Da hat es sich angeboten, eine zweite Leuchte mit der zweieinhalbfachen Lichtleistung zu realisieren. Außerdem ergibt sich so ein schöner formaler Wechsel von dem kleinen quadratischen Kopf zu dem eleganten, asymmetrischen Lichtpaddel. Da wir ohnehin beide Segmente bedienen wollen, war es ideal, zwei Leuchten anzubieten.

Es hängt also nicht allein von Normen und Vorschriften ab, welche Lichtleistung Sie bei einer bestimmten Leuchte anbieten?

Brennenstuhl: Nein, im Prinzip nicht. Bei einer Arbeitsplatzstehleuchte richten wir uns natürlich nach den Vorschriften. Aber bei der „Roxxane“ gab es erstmal keine Vorgabe. Und ist einmal ein Anfang gemacht, entwickelt sich so ein Produkt entsprechend weiter. Dann machen Sie eine Stehleuchte, bieten die Tischleuchte entweder mit Fußplatte und verschiedenen Adaptionsmöglichkeiten wie einer Tischklemme oder einer Verankerung im USM Haller-Tisch an.

Eine Frage zum Design: Sie sagen, Sie bekommen jede Woche von Designern Vorschläge geschickt. Schauen Sie die alle selber durch?

Brennenstuhl: Nicht mehr. Wir haben eine Entwicklungsabteilung. Dort landen die Sachen und dort wird eine Vorauswahl getroffen, welche Entwürfe wir weiterverfolgen könnten.

Wenn ich das richtig sehe, haben Sie zunächst alle Ihre Produkte „inhouse“ gestaltet. Inzwischen haben Sie auch mit externen Designern Leuchten entwickelt, etwa mit Karim Rashid. Ich gestehe: Das hat mich überrascht. Nimbus und Karim Rashid, das sind für mich auf den ersten Blick zwei Welten.

Brennenstuhl: Da sind Sie nicht der einzige.

Mit welchen Designern haben Sie bisher gearbeitet? Mit wem würden Sie gerne noch arbeiten? Und welche Designer fesseln Sie – nicht nur, was Leuchten betrifft?

Brennenstuhl: Wenn Sie sagen, in den Anfängen hätten wir alles „inhouse“ gemacht, so ist das charmant formuliert. Ich würde mal sagen: Wir haben 25 Jahre lang alles „inhouse“ gemacht und erst in den letzten zwei Jahren sind wir zusätzliche Kooperationen eingegangen. Dass sich diese eher zufälligen Kooperationen ergeben haben, war auch dem Umstand geschuldet, dass unsere Entwicklungsabteilung mit dem umfangeichen LED-Produkportfolio, das wir die letzten Jahre aufgebaut haben, sehr ausgelastet war. In so einer Situation kann man dann auch von einer Art „Kreativitätsstau“ sprechen. Wodurch wiederum die Bereitschaft wächst, mit externen Designern zusammen ein Produkt zu entwickeln. Ich bin da nach wie vor sehr kritisch. Aber die Geschichte mit der Tischleuchte „Roxxane“ hat einfach gepasst.

Auf der Überholspur: Noch stehen Brennenstuhls Rennmotorräder in der Startaufstellung. Foto © Thomas Wagner, Stylepark

Und Karim Rashid? Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Brennenstuhl: Karim Rashid kam ebenfalls auf uns zu und wollte etwas für uns machen. Das liegt mitunter daran, dass wir im LED-Bereich als erster eingestiegen sind und offensichtlich irgendwas ganz gut gemacht haben. Das hat auch einen Karim Rashid angezogen, wahrscheinlich gerade deshalb, weil wir so puristisch mit dem Thema „Licht“ umgegangen sind. Rashid hat etliche Skizzen geschickt, bei denen er immer etwas um eines unserer Grundelemente herum entworfen hat. Er hat ein Nimbus „Modul Q36“ in etwas verkleinerter Form als Basis genommen, und das fand ich dann ganz spannend, da man noch erkennt, woraus sich der Entwurf entwickelt und welche Synergien er nutzt. Was die Ästhetik der „Squeeze“ angeht, so bin ich, ehrlich gesagt, ganz auf Ihrer Linie: Karim Rashid ist im Prinzip das schiere Gegenteil des Nimbus-Designs, aber gerade das fand ich frech und spannend. Das haben wir uns mal erlaubt! Und es war toll, wie unterschiedlich die Reaktionen auf der Messe ausgefallen sind. Die einen fanden die Leuchte superdoof und haben es gar nicht verstanden. Andere sagten: „Klasse, jetzt macht ihr endlich mal eine freie Form, bringt Farbe ins Spiel.“ Fest steht: Die Leuchte polarisiert unheimlich stark. Aber wie gesagt, das war der Sinn der Übung.

In welchen Bereichen wird die „Squeeze“ hauptsächlich eingesetzt?

Brennenstuhl: Hauptsächlich im Privatbereich, wie etwa im Wohnraum über dem Esstisch oder auch in Restaurants oder Clubs.

Gestaltungsfragen: Jour fixe mit den Designern der Entwicklungsabteilung. Foto © Frank Ockert, Nimbus Group
Leuchte oder Lichtkunst? Die Leuchte „Squeeze“ von Karim Rashid. Foto © Nimbus Group

Karim Rashid hat mit der „Squeeze“ ja nicht nur in die Sixties und Seventies zurückgedacht und eine einzelne Leuchte entworfen. Er hat auch ein modulares System entwickelt, mit dem man im Innenraum gestalterisch eine Menge anfangen kann. Kommt das an?

Brennenstuhl: So etwas braucht Zeit. Es dauert, bis der Markt so ein Produkt annimmt und der Einzelhandel versteht, welche Möglichkeiten es bietet und es auch dementsprechend präsentiert. Man muss den Einzelhandel ja erst mal für sich eingenommen haben. Die Mitarbeiter im Einzelhandel müssen so ein Produkt mögen und riskieren, es einzuplanen. Gelingt das, dann kann auch ein extravagantes Produkt erfolgreich sein.

Folgt für Sie aus der LED-Technik per se schon ein gewisser Purismus in der Gestaltung, eine eher reduzierte Formensprache?

Brennenstuhl: Ich würde sagen, sie bietet sich an. Für uns war eine reduzierte Formensprache eine gute Möglichkeit, in das Thema einzusteigen. Die LED markiert in der Lichttechnik tatsächlich einen Paradigmenwechsel, durch den wir uns – fast möchte ich sagen, hindurchquälen mussten, weil der Ansatz beim Entwerfen ein völlig anderer ist. Wenn man sagt, jetzt lasse ich wirklich alles weg, was nicht nötig ist und konzentriere mich darauf, was eine Leuchte braucht, damit sie funktioniert, dann bietet sich die LED-Technik einfach an. So ist auch die mittlerweile patentierte Kegelsenkung entstanden, das Acrylglas-Element als diffuser Lichtträger, dem wir obendrein abverlangt haben, dass er nicht zu diffus sein darf, weil er dann zu viel Lichtleistung kosten würde. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben: Das System muss – was der Grundannahme der LED-Technik entspricht – möglichst effizient sein. Und wir haben das Acrylglas-Element mit Bohrungen versehen und irgendwann gesagt: Eine Bohrung allein ist zu wenig, machen wir eine Kegelsenkung daraus, dann erreichen wir überdies eine gewisse Lichtlenkung und eine optimale Lichtleistung. Die Aussage, die daraus folgte, war klar und eindeutig: Weglassen, was geht. Das hat richtig Spaß gemacht, besonders, als wir die Ergebnisse gesehen haben. Deswegen halten wir auch bis heute daran fest, optimieren die Kegelsenkung jedoch permanent.

Ihr Ansatz folgt hier also dem Credo „form follows function“ ...

Brennenstuhl: Ja.

... wobei die neue Technik neue gestalterische Möglichkeiten eröffnet, weil Sie keine Fassung samt Sockel mehr brauchen, in die eine Glühbirne geschraubt wird, was Bauhöhe und vieles andere verändert?

Brennenstuhl: Ganz klar.

Purismus und Perfektion: Die Tischleuchte „Roxxane“ (links) und die Stehleuchte „Office Air LED“ für den Arbeitsplatz. Fotos © Frank Ockert, Nimbus Group

Haben Sie eigentlich mit LED-Technik angefangen oder zunächst konventionelle Leuchten produziert?

Brennenstuhl: Die LED als technisches Element ist Anfang der 1960er Jahre erfunden worden. Als Allgemeinbeleuchtung ist sie, das muss ich schon sagen, im Prinzip erst durch uns marktfähig geworden. Davor gab es zwar einige Firmen, die mit LEDs experimentiert haben – Ingo Maurer zum Beispiel. Doch der ist, wie immer, zwar experimentell mit allem vorneweg, es kam aber kein Licht raus. Ich finde die Entwürfe von Ingo Maurer immer schön. Zugleich ist es aber auch unsinnig, etwas zu machen, was poetisch wirkt, irgendwie leuchtet und viel Geld kostet. Dann hat man eine Skulptur gemacht, aber keine Leuchte. Andere haben nur das nackte Leuchtmittel präsentiert, und das, finde ich, ist dann doch sehr banal.

Doch um auf Ihre Frage zurückzukommen. Natürlich haben auch wir 20 Jahre lang etwas anderes getan. Auch wir haben mit konventionellen Leuchtmitteln angefangen und mit der Halogen-Birne im Seilsystem experimentiert, ganz klassisch damals, So gesehen haben wir schon die ganze Palette konventioneller Leuchtmitteln eingesetzt, bis hin zur unsäglichen Energiesparbirne, die von Anfang an keiner mochte. Wir haben aber schon Ende der 1990er Jahre angefangen, uns mit LED-Technik auseinanderzusetzen, in einer Zeit, als die Lichtleistungen noch überhaupt nicht marktfähig waren. Man bezahlte damals viel Geld für wenig Lichtleistung. Das kauft einem keiner ab, das bringt nichts. Etwa 2005 sind wir dann mit LED-Leuchten in den Markt eingestiegen.

Wenn man die Entwicklung der Leuchtmittel noch einmal durchgeht – von der Glühbirne über die Halogentechnik bis zur Energiesparleuchte und zur LED – was kommt als nächstes? Die OLED-Technik? Ist das der nächste Schritt?

Brennenstuhl: Der nächste Schritt mag es schon sein. Aber meine Prognose ist: Es dauert noch mindestens fünf Jahre, bis ein einigermaßen funktionelles, bezahlbares und sinnvoll anwendbares Produkt mit einer vernünftigen Lichtleistung und Lebensdauer dabei herauskommt. Die von der LED vorgegebene Messlatte liegt hoch, also hat man bei der OLED noch große Probleme. Wir experimentieren auch seit zwei Jahren mit OLEDs, so wie wir vor 13 Jahren begonnen haben mit LEDs zu spielen. Ich sehe aber noch keinen gangbaren Weg, wie daraus ein sinnvolles Produkt entstehen kann.

Womit wir wieder bei Ingo Maurer wären, der aus einer OLED und ein paar feststellbaren Zangen eine Leuchte zaubert?

Brennenstuhl: Was wunderschön anzusehen ist.

Aber für größere Serien mit entsprechender Lebensdauer wenig einbringt?

Brennenstuhl: Ich sehe in der Tat keinen sinnvollen Anwendungsbereich, in dem die OLED etwas leistet, was die LED nicht auch könnte. Ganz abgesehen vom Preis. Auch LEDs lassen sich heute auf flexiblen Trägern anbringen, die dreidimensional verformt werden können. Was die Verformbarkeit angeht, ohne dass etwas kaputt geht, tut sich die OLED sogar noch relativ schwer.

Selbst gleichmäßiges diffuses Licht bekommen Sie mit der LED hin?

Brennenstuhl: Schlicht und ergreifend mit einem entsprechenden Diffusor.

Und wo es darum geht, Leuchten in die Architektur zu integrieren – hat die OLED-Technik hier Vorteile?

Brennenstuhl: Ich habe mich schon während meines Architekturstudiums mit leuchtenden Wänden und leuchtenden Decken auseinandergesetzt. Man braucht in einem Gebäude, wenn es draußen dunkel ist, kein punktuelles Licht zu haben. Das ist richtig und auch schön. LEDs erzeugen ja auch ein sehr weiches Licht. Es ist aber durchaus sinnvoll, in irgendeiner Form erkennbare Lichtquellen zu haben. Wenn man sich – etwa in Museen – Räume mit Lichtdecken ansieht, so stellt man fest: Das wirkt doch sehr unnatürlich. Schlussendlich ist ein Gebäude doch so konzipiert: Es gibt Löcher in der Wand, Fenster genannt, durch die Licht einfällt. Und das erzeugt Schlagschatten, Hell-Dunkel-Zonen. Dadurch ist ein Raum definiert. Und abends sieht der Raum eben anders aus. Deshalb haben Architekt und Lichtgestalter die Möglichkeit, den Raum noch einmal neu und anders zu definieren – und das ist ja auch in Ordnung, um einen Unterschied zwischen Tag und Nacht zu machen. In irgendeiner Form zu versuchen, den Tag nachzuspielen, schafft man sowieso nicht. Das Tageslicht ist nun mal anders. Daran können auch großflächige Lichtelemente wenig ändern. In einigen wenigen Bereichen wird das irgendwann mal funktionieren...

... in Lobbys von Wolkenkratzern?

Brennenstuhl: ... Ja, so etwas ist vorstellbar. Nur, das konnte man auch schon mit Neonröhren hinter einer Glasscheibe, die das Licht streut. Und dann möglichst noch mit wechselnden Farben. Das kann man alles machen. Ich sehe, was die Architektur angeht, darin aber keinen allzu großen Innovationsschub.

Ich vermute, Sie halten genauso wenig davon, aus farbigem Licht unterschiedliche Atmosphären zu zaubern. Wäre eine solche Stimmungsmaschinerie auch etwas für’s Büro? Oder hat man es dort mit ganz anderen Anforderungen zu tun?

Brennenstuhl: In der Tat bestehen dort andere Anforderungen. Ich kann es mir im Büro ohnehin nicht vorstellen, dass man irgendwann mal sagt: Super, jetzt haben wir eine komplette Lichtdecke und da dreht man auf, und dann hat man Tageslicht. Als hätte der Raum überhaupt keine Decke, was ein komischer Zustand wäre. Auf der anderen Seite diskutieren wir mit Architekten immer wieder darüber, was besser ist – eine Pendelleuchte über dem Arbeitsplatz oder eine Arbeitsplatzstehleuchte, die für individuelles Licht sorgen kann. Übrigens müssen sich – damit ein Mitarbeiter im entscheidenden Moment auch weiß, wie das geht – solche Leuchten besonders einfach bedienen lassen.

Federleicht und wolkengleich: Leuchten der Serie „Modul R“ in einem Büro der Welthandelsorganisation WTO in Genf. Foto © Brigida Gonzáles


Es gibt also nicht ein oder zwei Helligkeitsstufen, sondern eine stufenlose Regelung?

Brennenstuhl: Die Helligkeit lässt sich stufenlos festlegen beziehungsweise dimmen. Wir bieten solche Leuchten auch mit Tageslicht- und Präsenzmelder an, wodurch sich die Leuchte automatisch auf die entsprechende Helligkeit einstellt. Man hat aber auch die Möglichkeit, individuell einzugreifen und das Licht heller oder dunkler zu machen. Das halte ich auch für richtig. Ein Arbeitsplatz muss eine vernünftige Beleuchtung haben und das Licht muss sich so einstellen lassen, dass es für den Mitarbeiter passt. Es kann nicht darum gehen, Atmosphäre zu schaffen – womöglich irgendwelche kaminähnlichen Stimmungen oder romantisches Kerzenlicht. Was es schon länger gibt, ist die Möglichkeit der Farbmischung. Dass man am Arbeitsplatz zum Beispiel den Blauanteil des Lichts erhöht oder das Rot je nach Tagesform etwas verstärkt, um sich wach zu machen. Das wirkt ein bisschen wie eine kalte Dusche. Wenn man dem Mitarbeiter solche Möglichkeiten anbietet, ist das in Ordnung. Auf gar keinen Fall aber darf man das zentral steuern. Das würde bedeuten, die Mitarbeiter mit irgendwelchen Lichtfarben zu bevormunden.

Lässt sich das problemlos mit LEDs machen – die Farbtemperaturen verändern? Oder braucht man dafür einen speziellen Typ von LED?

Brennenstuhl: Man braucht eine andere LED, richtig. Wir könnten das machen, wenn wir wollten. Bisher haben wir gesagt: Wir konzentrieren uns auf Weißlicht und auf 3000 Kelvin. Erst aus der Erfahrung des Marktes heraus haben wir das etwas aufgespreizt – 2700 Kelvin für den Privatbereich, was sehr gut Anklang findet – und bis zu 4000 Kelvin für den Office-Bereich. Wobei wir auch Produkte entwickelt haben mit LEDs, die drei verschiedene Chips mit unterschiedlichen Ansteuerungsmöglichkeiten enthalten.

Die Farbtemperatur wird also nicht durch die LED selbst festgelegt, sondern durch deren Ansteuerung?

Brennenstuhl: Genauer, indem verschiedene Chips unterschiedlich gemischt werden. Sie können entweder einen größeren Rotanteil oder einen größeren Blauanteil miteinander mischen, aber nur in einem ganz schmalen Spektrum. Womit man auch der Kritik begegnen kann, LED-Licht sei generell zu kalt.

Ein Vorurteil, das sich nur schwer aus der Welt schaffen lässt?

Brennenstuhl: Ja, auch deshalb, weil eine LED beim Runterdimmen die Lichtfarbe nicht verändert wie eine Glühbirne oder eine Halogenbirne, bei denen der Rotanteil steigt – fast wie bei der untergehenden Abendsonne. Das ist etwas, das wahrscheinlich über Jahrmillionen in unserem Empfindungsvermögen verankert wurde. Damit setzen wir uns schon auseinander, auch, um die Technik entsprechend nutzen und solche Zustände herstellen zu können.

Die LED hat nach wie vor den Ruf, sehr künstliches und sehr hartes Licht zu produzieren. Macht es das besonders schwer, die LED als Alternative zu anderen Leuchtmitteln durchzusetzen?

Brennenstuhl: Das ist bis heute ein starkes Vorurteil, gegen das sich die LED behaupten muss. Die Leute kannten LED-Licht bis vor drei Jahren ja nur von Taschenlampen – und das ist blau. Und blau ist kalt. Viele können sich LED-Licht im Büro vorstellen, aber in privaten Räumen auf gar keinen Fall. Hier müssen wir in Sachen Vermittlung noch einiges tun. Denn schlussendlich müssen Sie den Händler dafür begeistern. Deshalb haben wir auch in den für uns wichtigen Stützpunktläden kleine „Mock-Ups“, also Versuchsaufbauten, eingerichtet. Manchmal ist es nur eine Wand, manchmal ist es aber auch ein kleiner Raum, den wir da bespielen dürfen, um die Erfahrung des Lichts zu vermitteln. Selbst wenn wir unsere eigenen Designer fragen – die sich ja mit dem Thema recht gut auskennen –, wie schätzt du jetzt gerade die Lichtleistung ein, dann haben die meisten 20 Prozent Lichtleistung als 50 Prozent empfunden. Es ist schon interessant, wie unterschiedlich Licht wahrgenommen wird.

Sind Technik und Wahrnehmung die wichtigsten Parameter bei der Entwicklung?

Brennenstuhl: Ganz genau.

Wobei Licht immer im Hinblick auf natürliches Licht beurteilt wird...

Brennenstuhl: Richtig.

...weshalb wir es tatsächlich wahrnehmen müssen, um seine Qualität erfahren zu können?

Brennenstuhl: Wahrzunehmen, welches Licht eine Leuchte abstrahlt, diese Erfahrung spielt eine ganz zentrale Rolle, absolut!

Der besondere Showroom: ein Blick in den firmeneigenen „Mock-Up“. Foto © Frank Ockert, Nimbus Group