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Satelliten startbereit, Countdown läuft
von Martina Metzner
28.03.2014

Es gibt mittlerweile viele Orte, an denen sich Jungdesigner tummeln. Ob das London Design Festival, die Biennale Interieur in Kortrijk, das DMY Festival in Berlin, die Domaine de Boisbuchet in Lessac oder der D3 Contest auf der imm Cologne, an Formaten für aufstrebende Talente herrscht kein Mangel. Und dann gibt es den Salone Satellite der Mailänder Möbelmesse, gleichsam die Mutter aller Talentschauen, bei dem die Chancen besonders gut stehen, beachtet zu werden. Hier wurden schon viele Designstars von morgen entdeckt.

Der Countdown läuft, die Satelliten sind startbereit. Auch in diesem Jahr präsentieren sich rund 650 Jungdesigner unter 35 Jahren mit ihren Projekten auf rund 2800 Quadratmetern in den Messehallen in Rho. Vor Ort werden dann aus den gezeigten Projekten die drei besten mit dem „Salone Satellite Award“ prämiert, der dieses Jahr zum fünften Mal vergeben wird. Ganz gleich, ob die Talente aus Italien, den Vereinigten Staaten oder aus Indien kommen, ob sie Leuchten, Stühle oder „smart furniture“ mitbringen, die Auswahl ist vielfältig und lebt von ihrer internationalen, frischen Mischung.

Wir von Stylepark haben einige Projekte schon vorab gesichtet und stellen Ihnen sieben Designer vor, deren Entwürfe es wert sind, genauer betrachtet zu werden.

Hanna Emelie Ernsting aus Frankfurt am Main: „Red Riding Hood”. Foto © Hanna Emelie Ernsting
Eingehüllt
Hanna Emelie Ernsting

Hanna Emelie Ernsting aus Frankfurt am Main widmet sich nicht nur theoretisch dem „Storytelling im Produkt Design“, sondern auch ganz praktisch: Ihre Möbel sind nämlich wahre Verwandlungskünstler mit Unterhaltungsqualitäten. Da sind zum Beispiel Stühle und Sofas, deren gesteppter Stoffbezug so üppig ausfällt, dass man sich in sie einkuscheln und komplett in ihnen verstecken kann. Oder nehmen wir die niedlichen „Pet Stools“, die in Gestalt eines überdimensionierten Kuscheltiers auftreten und trotzdem zum Sitzen einladen. Das hat viel Charme, Witz – und ja, das erzählt auch Geschichten, von Wärme, Gemütlichkeit und Ich-bin-jetzt-mal-weg.

Stand D27 (zusammen mit Sarah Böttger)
www.hannaernsting.com

Sarah Böttger aus Wiesbaden, die den Teppich zusammen mit Designerkollegin Hanna Emelie Ernsting kreierte. Foto © Sarah Böttger
klare sache
Sarah Böttger

Ordnung ist ihr Ding: Sarah Böttger, die an der HfG Offenbach sowie an der University of Art and Design in Helsinki studiert hat, entwirft Möbel, Glasobjekte und Teppiche, die stets klar, sachlich, aufgeräumt und wohldurchdacht daherkommen. Ob Holzboxen für den Küchenhersteller Boffi, Glasbehälter für Menu oder ein gesteppter Loden-Teppich namens „Dune", den sie in Mailand vorstellen wird: Böttgers Entwürfe haben schon jetzt das Zeug, zum Klassiker zu werden.

Stand D 27 (zusammen mit Hanna Emelie Ernsting)
www.sarahboettger.com

Naoki Ono und Yuuki Yamamoto = Yoy. Foto © Yoy
verblüffend
Yoy

Bücher, in denen Blumen gedeihen, Blätter, die an der Wand klemmen, Brettchen, die auf der Tischkante balancieren, oder Bilder, in denen man sitzen kann: Die beiden Freunde und Design-Partner Naoki Ono und Yuki Yamamoto aus Tokio, die ihr Studio YOY im Jahr 2011 gegründet haben, lieben das Spiel mit Illusion und Wirklichkeit und dehnen es bis an seine Grenzen aus. Die beiden nehmen schon das dritte Mal am Salone Satellite teil und wir sind gespannt, mit was sie uns diesmal verblüffen werden.

Stand D43
www.yoy-idea.jp

Florian Kallus und Sebastian Schneider – zusammen sind sie Kaschkasch: „Kalimero“. Foto © Kaschkasch
angekommen
Kaschkasch

Die zwei Jungs aus Köln sind eigentlich schon lange kein Geheimtipp mehr: Florian Kallus und Sebastian Schneider – zusammen sind sie Kaschkasch – arbeiten bereits für Hersteller wie Menu, Schönbuch und den Einzelhändler Magazin. Ihre Entwürfe zeugen von Einfachheit gepaart mit Cleverness und Prägnanz: Tisch und Stuhl „Scoop“ etwa, beide aus Eichensperrholz, erinnern an die Schlichtheit von alten Schulmöbeln, das Regalsystem „Raft“, das spielerisch Rundhölzer aneinanderlegt, oder Leuchten wie „Konichiwa“ oder „Kalimero“, die in Form und Funktion schlicht und ergreifend einleuchtend sind. So einleuchtend, dass letztere – sowie das kleine Wandregal „Plank“ – auf dem Salone von Herstellern gelauncht werden. Welche? Schauen Sie selbst!

Stand B32
www.kaschkasch.de

Thomas Schnur aus Köln: „Rubber Table“. Foto © Thomas Schnur
alltagstauglich
Thomas Schnur

So gewöhnlich eine Försterbank, ein Monoblockstuhl oder ein Pümpel, vulgo eine Saugglocke, für die meisten erscheinen mögen, so interessant sind sie für den Kölner Nachwuchsdesigner Thomas Schnur. Der Tischler und studierte Produktdesigner nimmt Alltagsprodukte, modifiziert sie und/oder versetzt sie in einen anderen Kontext. Also gestaltet er die aktuelle Variante einer Försterbank, die sich seriell fertigen und obendrein zerlegen lässt. Einen Monoblock-Stuhl verlängert er zu einer Bank, und aus Pümpeln macht er kurzerhand einen Vollgummi-Tisch, der sich dank seiner Saugglocken auch an Wand oder Decke befestigen lässt. Für Thomas Schnur sind das mehr Spielereien. Vielmehr will er den Betrachter und Benutzer zu einem „Perspektivwechsel“ bewegen. Der Alltag nach Schnur ist eben alles andere als alltäglich.

Stand C25
www.thomasschnur.com

Tsukasa Goto: „Mademoiselles“. Foto © Tsukasa Goto
Japalienisch
Tsukasa Goto

Was passiert, wenn sich ein japanischer und ein italienischer Designer treffen? Genau, sie gründen ein Studio! So geschehen bei Tsukasa Goto und Marco Guazzini, die sich in New York kennenlernten und 2010 dann zusammen in Mailand „Noto“ launchten. Mittlerweile ist Tsukasa wieder alleine tätig – aber in Mailand geblieben. Seine Entwürfe zeugen von großer Sensibilität für Form, Material und Funktion. Etwa das Regal „Mademoiselles“ (zusammen mit Guazzini), dass bei Oficinanove verlegt wird und Primaballerinas bei ihren Übungen an der Stange nachahmt. Oder sein jüngstes Objekt, ein Spaghettiportionierer aus Marmor. Summa summarum, die besten Zutaten aus Japan und Italien in einem Gericht.

Stand D9
www.tsukasagoto.com

Siren Elise Wilhelmsen: „Memory Carpet”. Foto © Siren Elise Wilhelmsen
durchdacht
Siren Elise Wilhelmsen

Gold für Siren Elise Wilhelmsen! Und das beim German Design Award Newcomer 2013. Die Norwegerin, die zwischen Bergen und Berlin pendelt, kreiert Möbel und Objekte mit Hintersinn, vielleicht auch deshalb, weil sie zunächst Kunstgeschichte in Bergen studierte, bevor sie in Berlin ihr Industriedesignstudium bei Axel Kufus aufnahm. Dass Wilhelmsen bei Kufus durch einen gute Schule gegangen ist, lässt sich durchaus an ihren Entwürfen ablesen: „Parasitz“ ist ein transportabler Sitz aus Latten, der sich um einen Baumstamm legen lässt, wo er sich als ernstzunehmender Sitzgelegenheit entpuppt. Oder die Dynamoleuchte „You+Me“, die für 30 Minuten Licht spendet, zumindest, wenn man sie vorher aufzieht. Und was den „Memory Carpet“ angeht, der sich um und über einen Stuhl legt, so hat der Stuhl wohl schon so lange auf dem Teppich gestanden, dass sich beide entschlossen haben, fortan zusammenzuleben. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass Siren Elise Wilhelmsen Gold gewonnen hat.

Stand A23
www.sirenelisewilhelmsen.com