Auf einer Anhöhe und umgeben von weitläufigen Feldern reckt sich ein hölzerner Turm gen Himmel. Ein Hochsitz? Oder vielleicht ein Rastplatz für Wanderer und Radfahrer? Die Landmarke, die sich auf den ersten Blick nur schwer einordnen lässt, erweist sich als ökumenische Flurkapelle, die hier bei Bödigheim als Ergebnis eines ungewöhnlichen Projekts entstanden ist.
Im Jahr 2008 trat der ansässige Pfarrer Moser-Feesche mit einem außergewöhnlichen Gesuch an das Architekturbüro Ecker aus Buchen heran. Ohne monetäre Mittel oder gar ein passendes Anwesen hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe der Architekten den Bau einer Kapelle zu realisieren. Zur Verwirklichung des gemeinnützigen Vorhabens musste eine Vielzahl freiwilliger Helfer rekrutiert werden, die man schließlich unter anderem in den Vereinigten Staaten fand. Unter Leitung ihres Professors entwarfen zwölf Architekturstudenten des Illinois Institute of Technology in Chicago die Pläne für die Kapelle. Später halfen sie an der Umsetzung ihres ersten internationalen Projektes auch vor Ort mit. Neben den Studenten und dem Architekturbüro Ecker trugen örtliche Handwerker und die Gemeinde maßgeblich zur Realisierung bei. Ein Bauer stellte das Grundstück zur Verfügung, das verwendete Lärchenholz entstammt einer Bauholzspende und wurde in einer nahegelegenen Sägemühle verarbeitet und der Kies für den Vorhof stammt aus dem Main.
Nach nur acht Wochen tatkräftiger, gemeinschaftlicher Arbeit ist so auf besagter Anhöhe ein Ort der Andacht entstanden. Die Fassade des schlichten Bauwerks setzt sich aus diagonal verlaufenden, hölzernen Lamellen zusammen. Von einem Vorplatz, der das Weltliche repräsentieren soll, gelangt man durch ein offenes Foyer in die eigentliche Kapelle, die sich im neun Meter hohen Turm befindet. Der Abstand der Holzstreben wurde in diesem nach oben hin erweitert. Auf diese Weise wird eine perspektivische Verzerrung erwirkt, die den Turm von innen länger erscheinen lässt, als er in Wirklichkeit ist. Zudem wirkt er gänzlich geschlossen, während die offene Lamellenstruktur des Turms von außen betrachtet für ein fragiles und durchscheinendes Erscheinungsbild sorgt.
Die konfessionsübergreifende Kapelle bietet nicht nur Gläubigen eine Anlaufstelle. Jeder Passant findet hier einen friedvollen Ort zum Verweilen.
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