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Webstuhl in den Werkstätten von Jan Kath in Nepal

Geknüpfte Kunst

Jan Kath hat in den letzten zwei Jahrzehnten den Teppich wieder zum It-Piece gemacht. Mit seiner Kollektion "Spectrum" bewegt er sich allerdings eher in den Gefilden der abstrakten Kunst.
von Fabian Peters | 17.12.2019

Sie sehen aus, wie der Blick durch ein Radioteleskop ins All oder der von Nordlichtern erhellte Himmel über dem Polarmeer – die Teppiche der Kollektion "Spectrum" von Jan Kath. Die großen Flächen zeigen Farbwirbel und wolkige Strukturen, Formen die an glühende Meteoritenkerne oder reflektierendes Wasser erinnern und doch völlig abstrakt bleiben. Ein wenig fühlt man sich an anthroposophische Malerei erinnert. Anders als bei den Kollektionen "Erased Heritage" oder "Polonaise" geht Kath bei "Spectrum" nicht von traditionellen Teppichmustern aus, die er abstrahiert oder verfremdet. Die Stücke lösen sich völlig von der Volkskunst und der seit Jahrhunderten überlieferten Ornamentik des Orientteppichs. Hier ist der Teppich kein Kunsthandwerk mehr, sondern moderne Kunst.

Jan Kath und sein Designteam haben die Entwürfe in einem gestalterischen Prozess entwickelt, bei dem es oftmals das Schwierigste war, im richtigen Moment aufzuhören. "Man muss den Punkt finden, an dem man selbst mit seinem Entwurf zufrieden ist", beschreibt es Dimo Feldmann, der mit Kath seit 20 Jahren gemeinsam Teppiche entwirft. Ausgangspunkt ist immer eine monochrome Fläche, die die Designer Schritt für Schritt abtönen und durch unterschiedliche Helligkeitsstufen in ein abstraktes Formgebilde verwandeln. Dabei geht es um Proportion und Rhythmik, Gesamtbild und Gliederung, Harmonie und Kontrast. Erst wenn die Jan Kath und seine Mitarbeiter diese "Vorzeichnung" fertiggestellt haben, fangen sie an, sich mit der Farbauswahl auseinanderzusetzen. Wenn in diesem zweiten Schritt dann die Farben festgelegt worden sind, geht es daran, den Entwurf zu einer Knüpfvorlage für die Herstellung auszuarbeiten.

Der Teppich "Orta" aus der Kollektion "Spectrum"
"Nemi" aus der "Spectrum"-Kollektion

Hier kommen die erfahrenen Mitarbeiter in den Teppichwerkstätten von Jan Kath in Nepal ins Spiel. Mit ihrer Expertise übersetzen sie die Designs in Pläne für die Anordnungen der Knoten. Mehrere Teppichknüpfer fertigen auf dieser Grundlage anschließend in monatelanger Arbeit aus Woll- und Seidenfäden den jeweiligen Teppich. Bis zu 70 unterschiedliche Farben kann er haben. Gefärbt wird die Wolle übrigens ausschließlich mit ökologisch unbedenklichen Pigmenten eines Schweizer Lieferanten. Bei den Teppichen der "Spektrum"-Kollektion besteht die Komplexität insbesondere in den vielfach abgestuften Farbverläufen. Es verlangt große handwerkliche Meisterschaft und viel Konzentration beim Knüpfen, um ein harmonisches Gesamtbild des Teppichs zu erzielen. In Gegensatz dazu liegt die Herausforderung bei Teppichen, die auf traditionellen Mustern basieren, eher im Finishing, dem vorsichtigen Trimmen des fast fertigen Stücks, für das es viel Erfahrung braucht.

Nachdem "Spectrum" im letzten Jahr vorgestellt wurde, hat Jan Kath die Kollektion nun um weitere Designs ergänzt. Blau spielt bei einigen der neuen Teppichen eine Hauptrolle. "Nemi" und "Orta" sind nicht nur nach zwei italienischen Seen benannt. Mit ihren wasserblauen Farbverläufen lassen sie auch sofort das Bild klaren Wassers vor den Augen erscheinen. Bei "Levico" dagegen scheint das Muster aus zarten Farbstreifen zu bestehen. "Tenno" schließlich zeigt einen Farbwirbel aus gelb, rot, grün und braun – ein kraftvoller Farbstrudel, dessen Dynamik einen regelrecht mitreißt. Vorgestellt werden die neuen Teppiche am Stand von Jan Kath auf der imm cologne 2020, die ab dem 13. Januar in Köln stattfindet.

Jan Kath auf der imm cologne 2020 (13. bis 19. Januar 2020):
Halle 3.2, Stand F029

Gefärbte Webgarne in den Werkstätten von Jan Kath in Nepal