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Messestand von Luceplan. Foto © Adeline Seidel, Stylepark
Jedem sein Licht
von Adeline Seidel
08.04.2014

Wer in diesem Jahr über die Light+Building wanderte, der musste schon ein wenig genauer hinsehen, um bei all dem Leuchten und Blinken die Innovationen zu entdecken. Denn diese sind nicht immer für das bloße Auge erkennbar, sondern verstecken sich oft in den Details einer perfektionierten Gestaltung, hinter der Optimierung der LED-Technik und in Datenströmen.

Noch vor zwei Jahren war allein die Tatsache, dass LEDs zum Einsatz kamen eine Revolution in der Lichtbranche. Bei unserem Besuch auf der diesjährigen Lichtmesse können wir eindeutig sagen: Die kleinen Lichtdioden sind bei nahezu allen Herstellern angekommen und man wird immer raffinierter bei dem Einsatz des Leuchtmittels. Lampendesign und Leuchtmittel verschmelzen zu einem Körper.

Ladies, Röcke, Tango

Auf die Spitze des absoluten Design-Purismus treibt es Nimbus mit seiner „Lady Jane“, der neuen Prinzessin in der Familie des schwäbischen Herstellers. Lady Jane ist eine schlanke, hochgewachsene Dame. Sie besteht allein aus einem drehbaren Lichtpaddel und einem Leuchtstab aus verchromtem Stahl. Wer über Lady Jane stolpert, wird sie nicht mitreißen können, denn die farbige Kabelverbindung löst sich bei einem Ruck aus dem Lichtpaddel. Auch Artemide perfektioniert den Umgang mit den kleinen Dioden. Schaut man „Melathron“, entworfen von Michele De Lucchi, unter den Rock, wird man nicht geblendet. Denn die LEDs sind zwischen den Ringen angebracht und nicht zu sehen. Auch „Tango“ von Luceplan ist raffiniert. Entwickelt wurde die Stehleuchte von dem argentinischen Designer Francisco Gomez Paz. Filigrane Metallstäbe bilden zwei spitz auf einander stehende Tetraeder, deren Neigung sich durch leichtes berühren verschiebt, ohne dass ein wuchtiges Gelenk die schlanke Silhouette von Tango stört.

Sehnsucht Glühbirne

Dennoch, bei aller Optimierung und Perfektionierung der LED-Leuchten, ist die Sehnsucht nach dem Licht der Glühbirne überall zu spüren: Ob bei Herstellern wie beispielsweise Ingo Maurer, aber auch bei den Leuchtmittelproduzenten Philips und Osram – auch das Licht der LEDs soll nun ein heimeliges Wohngefühl kreieren. Und dabei ist nicht nur die Farbe des Lichtes wichtig, das die LEDs von sich geben, sondern auch die Streuung. Da das Licht von LEDs gerichtet ist, braucht es also allerlei „Linsenzauberei“, um ein diffuses Leuchten herzustellen. Gestalterische Herausforderung für die Hersteller wird dann die zur Streuung verwendete Linse selbst. Denn die ist manchmal ganz schön dick und verändert das sonst so schlanke Design der LED-Lampen. Und so sind die beiden Leuchten „Nice“ und „Falling in Love“ von Tobias Grau mit ihren eleganten Rundungen eine willkommene Abwechslung im „Magerwahn“ der flachen LED-Lampen.

Ein Leuchtmittel wie die alte Glühbirne stellte Vosla vor: Die „VosLED“ verbindet dabei die vertraute Form und das warme Licht mit den energiesparenden Vorzügen der LED. Ein Gasgemisch sorgt sogar dafür, dass das Leuchtmittel kalt bleibt. Dadurch kann man die VosLED nicht nur auswechseln ohne sich die Finger zu verbrennen, man kann sie auch mit empfindlichen Materialien kombinieren.

Liaison mit Holz

Mit wachsender LED-Präsenz scheint Holz – als Nebenrolle – eine Ideale Kombination für Hersteller zu sein: So knarrte vertraut der Dielenboden bei Louis Poulsen wie in einer Altbauwohnung. Bei Spittler und Viabizzuno fand man die Produkte in schlichten Häusern aus rohem, hellem Holz. Und auch auf dem Stand von Luceplan versprühten Vierkanthölzer einen angenehmen Charme. So wirkt es trotz aller LEDs angenehm warm bei den Herstellern – und das heimelige Gefühl lässt jeden Gedanken an die Glühbirne vergessen.

Warten auf OLED

Natürlich fragt man sich bei all dem Fokus auf LED-Technologien, wo denn die OLED aktuell in ihrer Entwicklung steht. Nun, sie sind noch immer da, wo wir sie vor zwei Jahren gelassen haben. Philips, Osram, LG, Samsung – sie alle haben eine „Platte“ im Sortiment. Vielleicht ein wenig größer als vor zwei Jahren, aber viel Neues hat sich nicht getan. Ob irgendwann noch etwas kommen wird? Man kann nur vermuten. Immerhin hatte im letzten Jahr Samsung die Dresdner OLED-Firma „Novaled“ für 260 Millionen Euro gekauft. Die Summe investiert man nicht einfach so. Das Lichterlebnis der kleinen OLED-Scheiben beeindruckt auf der Messe aber noch nicht so recht. Philips zeigt sein „Living Sculpture 3D Module“-System. Auf individuell höhenverstellbaren Stempeln ist eine OLED angebracht, die unabhängig angesteuert werden kann. Das gibt ein wenig Bewegung an der Decke – und erinnert an eine Diskobeleuchtung.

Jedem sein Leuchten

Dass jeder Mensch ein anderes Lichtempfinden hat, das wissen all jene, die in einem Großraumbüro arbeiten. Kaum macht man das Licht an, beschwert sich der liebe Kollege es sei für ihn zu hell. Unsere Gewohnheiten und Arbeitsweisen sind nun mal alle irgendwie unterschiedlich. Und gerade die Büroräume sind noch immer, so eine Studie von Zumtobel und dem Fraunhofer-Institut, vollkommen falsch „belichtet“ – nur selten entsprechen sie den unterschiedlichen Bedürfnissen der dort Arbeitenden und fast nie haben diese die Möglichkeit, „ihr“ Licht entsprechend den eigenen Vorlieben anzupassen. Zumtobel reagiert auf diesen Umstand mit dem neuem Lichtmanagement System „Litecom“. Über die Software kann ein jeder „sein“ Licht, also Farbtemperatur und Helligkeit einstellen und bereitet der ewigen Diskussion mit den Kollegen um das Licht ein Ende.

Zumtobel bietet also nicht nur das „richtige“ Licht, sondern eben auch eine entsprechende Softwarelösung. Auch andere Hersteller gehen diesen Schritt. Immer mehr scheinen sich die beiden Themenbereiche der Light+Building zu verschmelzen: Licht und Gebäudeautomation werden zusammen gedacht.

Auf der weltweit führenden Lichtmesse wurden die neuesten Produktentwicklungen gezeigt, hier und da wurde jedoch auch wehmütig zurück geschaut auf die Glühbirne - nicht nur auf deren „Lichtfarbe“, sondern auch auf deren Form. Es bleibt also spannend – sowohl die „Zukunft“ des Lichts in Form von OLEDs als auch der Umgang und die Weiterentwicklung der bisherigen Technologien und Produkte.

„Tango“ von Francisco Gomez Paz für Luceplan. Foto © Adeline Seidel, Stylepark
Leuchte von Tunto. Foto © Adeline Seidel, Stylepark
„Living Sculpture 3D Module“-System von Philips. Fotos © Adeline Seidel, Stylepark
„Nice“ von Tobias Grau. Foto © Adam Drobiec, Stylepark
Outpost des Messestandes von Nimbus. Foto © Adam Drobiec, Stylepark
„Lady Jane“ von Nimbus. Foto © Nimbus
Mittels der Software „Litecom“ von Zumtobel lassen sich Farbtemperatur und Helligkeit des Leuchtmittels einstellen. Foto © Adeline Seidel, Stylepark
Mit der von Zumtobel entwickelten Software "Litecom" lässt sich die Lichtfarbe steuern.
Foto © Adeline Seidel, Stylepark
"Melathron" von Artemide. Foto © Adeline Seidel, Stylepark