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Ein Video als Schlüssel: Der "Crazy Color Code" fungiert als Zugangsberechtigung bei Schindlers PORT-System.

Ein "Sesam, öffne dich" für das Digitalzeitalter

Wie werden wir uns in Zukunft durch Gebäude bewegen? Schindlers Antwort auf diese Frage ist das PORT-System. Es ruft Aufzüge, öffnet Türen – und mag verrückte Videos.
von Fabian Peters | 20.12.2019

"Transit Management ist für Schindler weit mehr, als Personen mit dem Aufzug in eine bestimmte Etage zu bringen", sagt Sebastian Lurg. Er leitet das "Competence Center Transit Management" des Schweizer Herstellers in Berlin. "Uns geht es darum, Bewohner, Beschäftigte oder Besucher eines Gebäudes möglichst effizient und komfortabel von A nach B zu bringen." Was das heißt, haben Lurg und sein Team gerade in der experimentellen Wohnsiedlung "Future Living" in Berlin-Adlershof vorgeführt. "Future Living" besteht aus insgesamt 15 vollvernetzten Gebäuden. Die 70 Wohnungen und 20 Studios demonstrieren, was heute an Smart Home-Anwendungen machbar ist. Ihre intelligente Ausstattung umfasst sogenannte Aktoren, wie Leuchten und Lautsprecher, und Sensoren wie Präsenzmelder oder Türkontakte.

Schindler hat als Partner des Projektes sein PORT-System vollintegral installiert. Es steuert die acht Aufzüge ebenso, wie den Zugang zu den Häusern und Wohnungen. "Wenn Sie mit Ihrem elektrischen Smart, den sie beim siedlungsinternen Car Sharing gebucht haben, in die Tiefgarage fahren, teilt die myPORT-App auf Ihrem Smartphone dem System mit, dass Sie zuhause angekommen sind", erklärt Sebastian Lurg. "Dann stellt es Ihnen den Aufzug bereit, der Sie in Ihre Wohnung fährt und schließt Ihre Tür auf, sobald Sie davorstehen." Zukünftig wird es auch möglich sein, dass die Bewohner weitere Funktionen mit dem System verbinden. Dann kann zum Beispiel ein bestimmtes Beleuchtungsszenario das Apartment erhellen, sobald die Lichtsteuerung vom PORT-System ein Signal erhält, dass der Bewohner nach Hause kommt.

Auch wenn sich die Bewohner morgens auf den Weg zur Arbeit machen, greift ihnen das System unter die Arme: "Ich kann bereits in der Wohnung den Aufzug rufen", erläutert Lurg einen der Vorteile. "Er wartet dann auf mich, wenn ich aus meiner Tür trete, und bringt mich ohne Verzögerung ins Foyer oder in die Tiefgarage zu meinem Auto."

In der myPORT-App stehen alle Funktionen des PORT-Systems bedienerfreundlich zur Verfügung.

Videos als Gästeschlüssel

Doch das PORT-System sorgt nicht nur dafür, dass die Bewohner ganz bequem das Haus betreten und verlassen können. Es schafft auch sichere Möglichkeiten, Gästen Zugang zu gewähren. Und das auf unterschiedliche Weise. Klingelt ein Besucher bei einem Bewohner, kann dieser ihn mittels Kamerabild identifizieren, ihn hereinlassen und ihm den Aufzug schicken. Der Aufzug bringt den Besucher dann ausschließlich in die vorgegebene Etage. Dafür muss sich der Bewohner nicht unbedingt in seiner Wohnung befinden. Das Bild der Türkamera kann auch auf das Smartphone übertragen und mit Hilfe der myPORT-App anschließend die Tür geöffnet werden. In der "Future Living"-Wohnanlage verfügen mehrere Wohnungen über ein sogenanntes Entree – einen Vorraum zur Wohnung, der sich separat und über das Internet öffnen lässt. Hier können etwa Paketboten und Lieferdienste Sendungen für den Bewohner abstellen. "Ein solcher semi-sicherer Bereich ist für viele Menschen eine angenehmere Lösung, als Fremde in Abwesenheit in die eigentliche Wohnung zu lassen", glaubt Sebastian Lurg.

Auch für denjenigen, der Familienmitglieder oder Freunde in seine Wohnung lassen will, hält das PORT-System eine Lösung bereit. Er kann ihnen ein sogenanntes Crazy Color-Video auf ihr Smartphone senden. Wird dieses Video innerhalb eines definierten Zeitraums vor das Lesegerät am Eingang gehalten, gewährt das System dem Gast Zutritt. "Wir haben uns für eine videobasierte Anwendung entschieden, weil sie weniger störanfällig als etwa ein QR-Code ist", erklärt Lurg.

Schindlers PORT-System wird das gesamte Transport- und Zugangsmanagement bei der im Bau befindlichen "smarten" Wohnsiedlung "Future Living" in Berlin organisieren.

Und wie steht es mit der Sicherheit? Schließlich wäre es fatal, könnte ein solches Zugangssystem gehackt werden. "Wir arbeiten mit einer vollverschlüsselten Anwendung, bei der es keine Möglichkeit gibt, den elektronischen Schlüssel auszulesen", berichtet Sebastian Lurg. Und falls das Smartphone mit der myPORT-App verloren geht, bedeutet das – anders als bei einem herkömmlichen Schlüssel – nicht, dass der Finder ins Haus käme: Das System verlangt bei jedem Öffnungsvorgang, dass sich der Benutzer zusätzlich über das Telefon identifiziert. Als weitere Sicherheitsmaßnahme sind in der "Future Living"-Siedlung in allen Wohnungstüren Schlösser eingebaut, die automatisch verriegeln, sobald die Tür geschlossen ist.

"Was wir in den "Future Living"-Gebäuden zeigen, sind natürlich sehr weitreichende Lösungen", erläutert Sebastian Lurg. In reduzierteren Ausbaustufen gelangt das System bereits bei zwei Hochhausprojekten zur Anwendung, die Wohnen im High-End-Bereich offerieren: dem Park Tower im schweizerischen Zug und dem Omniturm in Frankfurt am Main. Beim Omniturm werden zunächst der Hauszugang, die Tiefgarage und die Fahrstühle über das PORT-System gesteuert. Weitere Anwendungen sollen Schritt für Schritt folgen.