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Ins rechte Licht gerückt

Aus einer alten Remise am Rande Berlins wurde ein aufsehenerregendes Wohn- und Atelierhaus. Eine Fachjury kürte es zum Sieger des Velux Architekten-Wettbewerbs 2019​.
22.10.2019

Was viele nicht mögen, wird von Künstlern gesucht und geschätzt: ein großes Nordfenster. Wenn möglich sind Ateliers stets nach Norden ausgerichtet, denn Maler und Bildhauer benötigen für ihre Arbeit gleichmäßige Helligkeit. So verwundert es nicht, dass ein Bildhauer seine Liebe zu einem denkmalgeschützten Remisengebäude am Rande Berlins entdeckte, dessen Türen und Fenster ausschließlich nach Norden zeigten. Mit Hilfe geschickt platzierter neuer Dachfenster entstand im Zuge der Renovierung ein vorbildliches Künstlerhaus, das beim Velux Architekten-Wettbewerb 2019 mit dem ersten Preis prämiert wurde.

Der Ziegelbau aus dem 19. Jahrhundert ist lediglich eine Raumbreite tief – eine pragmatische Aneinanderreihung vormaliger Werkstätten, Ställe und Unterstände. Gemeinsam mit dem Bauherrn entwickelte die Architektin Helga Blocksdorf ein Umbaukonzept, das die historische Substanz weitgehend unangetastet ließ aber so erweiterte und umnutzte, dass neben einem Atelier auch Wohnräume entstanden. Dazu wurde an einem Ende der Remise ein doppelstöckiger Neubau mit quadratischem Grundriss errichtet, der die doppelte Tiefe des Bestandes aufweist. Dadurch ragt er weit aus der bisherigen Fassadenflucht vor. Der Anbau nimmt nur einen großen Raum mit Empore auf, der zum Wohnen, Kochen und Essen genutzt wird. Von den Dielen- und Herdräumen historischer Bauernhäuser ließ Blocksdorf sich inspirieren, den Kamin frei in den Raum zu stellen. Dadurch gliedert er ihn in verschiedene Zonen, ohne ihn zu zerschneiden.

Weil auch beim neuen Bauteil keine Fensteröffnungen nach Süden möglich waren, stand Helga Blocksdorf vor der Herausforderung, trotzdem möglichst viel natürliches Licht einzufangen. Deshalb öffnete die Architektin den Anbau mit großen, bodentiefen Fenstern nach Westen und nutzte auch den Versprung der Fassade im Osten für ein weiteres Fenster. Den wortwörtlichen Höhepunkt bildet aber das von der Architektin als "Zenitlicht" bezeichnete Zwillingsdachfenster von Velux: Es sitzt in einem fast skulptural anmutenden Aufbau, der in der Mitte des Pultdaches hervortritt. Die außergewöhnliche Form des Einbaus wählte die Architektin, um dem Oberlicht einen anderen Neigungswinkel als dem Dach zu geben. Denn das Fenster sollte fast waagerechts ausgerichtet sein, um Licht aus allen Himmelsrichtungen einzufangen. Der skulpturale Dachaufbau mit dem "Zenitlicht" hat aber noch eine zweite Funktion: Er ermöglicht, dass die Empore auch dort Stehhöhe erhält, wo die Dachfläche eigentlich schon zu weit hinabgezogen ist. Und natürlich profitiert die Empore zudem besonders von der zusätzlichen natürlichen Lichtquelle.

Auch weitere Räume werden seit dem Umbau durch Velux-Fenster großzügig erhellt. So sind im neuen Badezimmer in der oberen Etage weitere Velux-Dachfenster eingebaut, während die Ateliers zusätzliches Licht durch zwei Velux-Flachdachfenster erhalten. Durch die Erweiterung und Renovierung wurde so aus dem ehemaligen Nebengebäude ein maßgeschneidertes Wohn- und Atelierhaus, das den Bedürfnissen der neuen Bewohner perfekt Rechnung trägt. Auch die Jury des Velux Architekten-Wettbewerbs war von dem Umbaukonzept begeistert und kürte das Projekt vor wenigen Tagen zum Sieger des Jahres 2019. Die Experten lobten besonders den Entwurf des Dachfensters über der Empore als geschickte "Raumerweiterung, die diesen äußerst niedrigen Bereich erst sinnvoll nutzbar macht" und zeichneten Bau außerdem für seinen "Charakter des schon Gebrauchten und zugleich Unfertigen" aus.