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"Chat Board Classic" in der Firmenzentrale von Oatly in Malmö

Chatten auf Glas

Wie die dänische Marke Chat Board mit gläsernen Memowänden den Weg vom frühen Computerzeitalter in den designbewussten Büroalltag geschafft hat.
von Markus Hieke | 02.07.2019

Was haben Monitorfilter und Whiteboards gemeinsam? Bei Chat Board jede Menge. Das Unternehmen aus Ballerup in Dänemark hat sich in den vergangenen mehr als 15 Jahren mit seiner Marke auf die Herstellung von Memowänden spezialisiert. Seinen Anfang aber nahm Chat Board 1982 unter dem Namen Focus Products, als Firmengründer Hans Henning Jensen mit der Entwicklung von Antiblendfiltern aus Glas für Computermonitore begann. Allerdings wurden Monitore besser, die Filter zunehmend hinfällig und die Existenzgrundlage der Firma drohte wegzufallen. Was tun mit der Erfahrung im Bereich technisches Glas? Aufgeben und in ein gänzlich neues Fahrwasser steuern?

Der entscheidende Hinweis für die Neuausrichtung kam von Hans Henning Jensens Tochter: Josefine Honoré war seinerzeit in der Hotellerie tätig und fragte sich, weshalb eigentlich Whiteboards, wie sie in ihrem Job häufig zum Einsatz kamen, so furchtbar langweilig aussahen. Es musste doch eine Alternative geben, die die Anforderungen eines klassischen Whiteboards erfüllte und den Raum optisch aufwertete. Die Idee war geboren. Der Vater entwickelte in einem experimentellen Prozess ein wandmontiertes, magnetisches Board aus Glas in einer Auswahl verschiedener Farben. 2002 wurde der erste Prototyp präsentiert. Eine Größe, sechs Farben – so fing alles an mit dem "Chat Board".

Das Produkt fand sofort Anklang, Interior-Design-Händler in Dänemark bestellten und Focus Products beschloss, sich fortan ausschließlich auf diesen Geschäftsbereich zu konzentrieren. Als Designmarke etablierte sich Chat Board mit dem ersten Messeaufschlag 2004 auf der Formland in Herning im Norden des Landes. Innenarchitekten begannen damit, die Glasmemowände in ihre Büroprojekte einzuplanen, was schnell zu großen Aufträgen führte. Auch im privaten Bereich festigte sich der Absatz der praktikablen "Chat Boards". Seinen internationalen Erfolg begründete das Unternehmen 2008 mit einem Auftritt zur Stockholm Furniture Fair. Mittlerweile gehören die Orgatec in Köln, die Neue Räume in Zürich, die Clerkenwell Design Week wie auch die Trends & Traditions in Kopenhagen zu den festen Ausstellungsterminen. Mithilfe eines weltweiten Vertriebsteams konnte Chat Board seinen Exportanteil inzwischen auf 80 Prozent seines Umsatzes erhöhen – und besonders in Zentraleuropa wächst der Absatz im Ausland stark. Wohingegen bei der Produktion ausdrücklich weiterhin auf regionale Partner und wenige europäische Zulieferer gesetzt wird, die den hohen handwerklichen Ansprüchen, den Anforderungen an Rohmaterial und an Nachhaltigkeit gerecht werden.

"Chat Board Mobile"
"Sketch Board" und "Chat Board Cave"
"Chat Board Table"

Josefine Honoré, seit 2013 Geschäftsführerin bei Chat Board, erklärt die Vorteile einer regionalen Produktion: "Zum einen befindet sich bei uns die Verwaltung im selben Gebäudekomplex wie die Herstellung, was unsere Reaktionszeit etwa bei kurzfristigen Anfragen oder kundenspezifischen Anfertigungen erheblich verkürzt. Darüber hinaus ist Dänemark für Qualität im Handwerk und besonders hohe Standards bei Umweltschutzaspekten bekannt." Eine wichtige Rolle spielt bei Chat Board der Rohstoffzyklus aller Einzelteile – von der Produktion bis zum späteren Recycling. Allein die kurzen Transportwege wirkten sich bereits positiv auf eine Minimierung der Kohlendioxidemissionen aus. "Uns ist wichtig zu wissen wo unsere Komponenten herkommen. Ebenso sehen wir eine hohe Verantwortung darin, Arbeitsplätze in der Region zu schaffen. Vor Ort können wir einfach am besten den Workflow unter Berücksichtigung des Wohlbefindens unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überblicken." Damit beweist das Unternehmen Vorbildcharakter und einen familiären Anspruch – immerhin ist Chat Board ja auch noch fest in Familienhand: Neben Josefine Honoré ist ihr Bruder Jesper Jensen als Mitglied des Vorstands und ihr Mann Lars Honorè als Head of Projects in Ballerup tätig.

"Chat Board Classic" bei Sony Music

Das Chat Board-Portfolio ist mittlerweile breit aufgestellt: Die magnetischen, beschreibbaren Glaswände gibt es in 14 Standardgrößen sowie in maßgeschneiderten Sonderformaten. Hinzu kommen mobile Wände in drei Größen (Chat Board Mobile), die eine Kombination aus analoger Kommunikation auf dem Chat Board und digitalem Austausch per Flatscreen auf der Rückseite ermöglichen. Alle Glasoberflächen gibt es in 35 Farben. Ergänzend bietet Chat Board kleinere Planungsboards (Chat Board Planner) an, ebenso wie handliche Skizziertafeln (Sketch Board). Gestaltet hat die Mini-Chat Boards, die in einer tragbaren, mit Filz gepolsterten Holzbox (Chat Board Cave) unterkommen, das Kopenhagener Studio Saalto & Sigsgaard. Die Tafeln lassen sich an der Außenwand der Box einhängen oder – etwa während eines Brainstorming-Meetings – an die großen "Chat Boards" anbringen. Komplettiert wird das Programm von akustisch wirksamen Filzwänden (Chat Board BuzziFelt), einem Raumteiler auf Rädern (Chat Board Move), der beidseitig mit Glas oder nur vorderseitig mit Glas und rückseitig mit dem Bezugstoff "Remix" von Kvadrat sowie im Inneren mit "Ecophon", einem akustischen Absorber, ausgestattet ist, einem Arbeitstisch (Chat Board Table), einer Garderobe (Chat Board Wardrobe) und einem Magazinhalter (Chat Board Magazine Rack) sowie passendem Zubehör. Darüber hinaus wird die Kollektion jährlich um mehrere Elemente erweitert, wie aktuell beispielsweise zehn neue Farben – und eine weitere Neuheit steht für die Messe Neue Räume im November in Aussicht.

Zu seinen Kunden zählt Chat Board Unternehmen wie Sony Music, Oatly, Nestlé und natürlich so manches Hotel – wo die Idee ja überhaupt erst geboren wurde. Mit Chat Board erweisen Tochter und Sohn ihrem Vater die größtmögliche Anerkennung, indem sie seine Sachkenntnis auf dem Gebiet des technischen Glases in ein weites Spektrum an essentiellen Bürohelfern übersetzt haben.

"Chat Board Classic" bei Tia