top
Das Lesehaus von Awiligar
23.09.2015
Der Architekt Achmad Tardiyana verzichtet bei seinem Wohnhaus weitestgehend auf Glasfenster.

Rumah Baca, das private Wohnhaus des Architekten Achmad Tardiyana befindet sich in Awiligar, nordöstlich von Bandung. Die bauliche Entwicklung im Norden Bandungs wird streng überwacht, da die Zersiedelung in diesem Gebiet flussabwärts immer wieder zu Überschwemmungen führt – vor allem in der tief liegenden südlichen Ebene. Tardiyana konzipierte sein Haus, das sich auf einem großen Grundstück befindet, so, dass es nur minimale Auswirkungen auf seine Umgebung hat. Beispielsweise in dem er einfache, natürliche und wiederverwertete Materialien einsetzte. Für eine bessere soziale Einbindung des Baus stellte Tardiyana fast das gesamte Erdgeschoss für öffentliche Aktivitäten zur Verfügung, so wurde für die Kinder der Nachbarschaft zum Beispiel eine Gemeindebücherei eingerichtet. Daher heißt das Haus „rumah baca“, was so viel bedeutet wie „Lesehaus“. Die Bibliothek ist mit einer offenen Sammlung und einem Leseraum ausgestattet, außerdem gibt es ein Amphitheater und einen großen Innenhof. Die Bücherei ist zur Straße und zum Hinterhof hin geöffnet, so dass ein konstanter Luftzug entsteht. Das architektonische Konzept mit dem ausladenden und einfachen Giebeldach über der eher verschachtelten räumlichen Anordnung des Baus ist so ausgelegt, dass es sich harmonisch in die angrenzende Bebauung einfügt. Die Sichtbetonstützen und -träger haben mit 3 mal 4 Metern geringe Spannweiten. Die Wände bestehen aus unverputzten Terrakottaziegeln. Ungefähr 70 Prozent der Holzbohlen sind recycelt. Überdies hat Tardiyana versucht, den Einsatz von Glas zu minimieren. Stattdessen hat er einheimische, unerfahrene Handwerker angeleitet und sie Paneele aus Bambusgewebe für Fenster, Türen, Trennwände und Decken fertigen lassen. Die fast im gesamten Haus eingesetzten Paneele sorgen für Sichtschutz und erlauben eine stetige Durchlüftung aller Räume. Das Innere des Hauses ist somit angenehm kühl und luftig, allerdings auch staubig.

Achmad Tardiyana
Achmad Deni Tardiyana oder Apep (Spitzname) ist unter den jungen indonesischen Architekten eine einflussreiche Figur. Er hat 1986 am Institut Teknologi Bandung seinen Bachelor gemacht, sich anschließend als Doktorand 1993 an der Washington University eingeschrieben und schließlich an der University of New South Wales in Sydney 1999 einen Master in Stadtplanung erworben. Seit 1988 geht er den unterschiedlichsten Tätigkeiten nach, dazu gehören auch Lehraufträge und die praktische Arbeit als Architekt. Seit 2004 leitet er als Partner das Architekturbüro „Urbane Indonesia“. Das Leistungsspektrum von Apep ist vielfältig: Schlichte Privathäuser, kulturelle Einrichtungen, Geschäftsgebäuden, Hochhäusern und Gemeindeprojekten sowie städtebauliche Rahmenpläne.


Die Ausstellung
Tropicality Revisited – Neue Ansätze Indonesischer Architekten
Deutsches Architekturmuseum Frankfurt am Main,
bis 3. Januar 2016
Di., Do. bis So. 11 bis 18 Uhr, Mi. 11 bis 20 Uhr
www.dam-online.de

Das Katalogbuch
Tropicality: Revisited
hrsg. v. Avianti Armand, Setiadi Sopandi
186 Seiten, IMAJI Publishing
Englisch ISBN: 978-602-9260-27-4

Der Text wurde mit freundlicher Genehmigung des D.A.M. von Stylepark aus den Beiträgen der Ausstellung ausgewählt.

Das Erdgeschoss ist öffentlich zugänglich.
In den öffentlichen Bereichen des Erdgeschosses haben eine Bücherei und ein kleines Theater ihren Platz gefunden.
In den oberen Geschossen befinden sich die privaten Räume des Architekten.
Die Öffnungen in der Ziegelwand sorgen für permanente Belüftung.
Tardiyana hat Paneele aus Bambusgewebe für Fenster, Türen, Trennwände und Decken fertigen lassen.
Die Sichtbetonstützen und -träger haben mit 3 mal 4 Metern geringe Spannweiten.