Inmitten des dreitägigen Schneetreibens, das zeitweise einem Blizzard glich, sehnte sich so mancher Besucher der diesjährigen Maison&Objet, der Paris trotz ausgefallener Flüge und Zugverbindungen irgendwie erreicht hatte, nach etwas Ruhe. Nun kann man eben dies von einer Messe nicht unbedingt erwarten. Umso erstaunter waren die Besucher der Halle 8, die auch dieses Mal wieder die „now! Design à vivre“ beherbergte: Inmitten des üblichen Sammelsuriums aus Accessoires, Textilien und Möbeln stieß man auf nicht wenige ruhige, reduzierte Präsentationen. Stände und Produkte aus Holz und Messing, sanft beleuchtet, rückten Themen wie „Perfektion“ und „Handwerk“ wieder in den Fokus der Designwelt.
Wie schon bei den vergangenen Ausgaben der Maison&Objet, versammelte die „now!“ auch 2013 die designrelevanten Aussteller unter einem Dach. Musste der Design-Aficionado in den anderen Hallen gezielt nach lohnenswerten Dingen suchen – Alessi präsentierte die neue Besteckserie „MU Cutlery“ von Toyo Ito ebnso in Halle 3 wie Fornasetti seine neue Tapetenkollektion für „Cole & Son“ – so paradierten im Bereich der „now!“ namhafte Aussteller wie Zanotta, Artek und Ligne Roset. Auch gab es Neuzugänge, die sich erstmals in Paris vorstellten, wie das junge Französische Label „Discipline“ oder die Spanier von „De la Espada“, die mit drei eigenständigen und voneinander unabhängigen Präsentationen der Designstudios „Autoban“ aus Istanbul, „Matthew Hilton“ aus London und „Søren Rose Studio“ aus Kopenhagen das Autorendesign in den Vordergrund stellten.
Dass nun das Handwerk wiederentdeckt wird und man sich wieder auf traditionelle Fertigungstechniken besinnt, zog sich wie ein roter Faden durch die „now!“. Zahlreiche Aussteller zeigten Produkte, deren serielle Fertigung sich geschickt hinter filigranen Porzellanschalen, Holzoberflächen und Halbedelmetallen versteckt. Und auch die Präsentationen schienen erkennbar zurückgenommen und so mancher Aussteller trat dezenter auf als in den Vorjahren. Offenbar rücken Produkt und Fertigung nun deutlicher in den Vordergrund.
Auch die Sonderschau von „Japan Creative“ hat das unterstrichen: In Kooperation mit japanischen Herstellern entwickeln europäische Designer Objekte, die moderne Gestaltung mit traditioneller fernöstlicher Handwerkskunst verbinden. Herausgekommen sind dabei handgefertigte Produkte, die alle Sinne ansprechen – sei es durch ihre Haptik, wie bei den schweren Eisentöpfen von Jasper Morrison, oder durch ihren Geschmack, wie bei den feinen Süßwaren, die die französische Nachwuchsdesignerin Pauline Deltour gestaltete.
Das Thema „Tradition“ spielte auch bei Fornasetti, bekannt für seine aufwendigen handbemalten Porzellanwaren, und seiner zweiten Tapetenkollektion seit 2008 eine Rolle. Entstanden in Kooperation mit dem britischen Tapetenhersteller „Cole & Son“ und geschmückt mit Flugschiffen, Ritterrüstungen und antiken Spazierstöcken, stammen alle nostalgischen Motive aus dem Archiv von Zeichnungen und Skizzen Piero Fornasettis.
Bei jüngeren Labels wie „Pinch“ aus London hat man sich ebenfalls auf scheinbar Vergangenes besonnen. Fast meinte man, eine neue Liebe für das „Bourgeoise“ entdecken zu können: Sekretäre und Vitrinen aus Holz, gepolsterte Ohrensessel und Materialien wie Nussbaum und Kupfer adaptierten traditionelle Werte in handwerklicher Qualität.
Präsentierten einige Hersteller ihre Produkte in sattem Grün – die von „Pantone“ ausgerufene „Farbe des Jahres“ 17-5641, auch Smaragdgrün genannt, ließ grüßen – so erschien die Messe im Rückblick doch auch, als sähe man das eine oder andere durch eine rosa Brille: Von leichtem Pastellrosa über ein zartes „Nude“ bis zu einem satten Lachston setzten Firmen wie Normann Copenhagen die Farbe über ihre gesamte Produktpalette hinweg ein. Sogar französische Traditionsunternehmen wie „Tolix“ zeigten ihre Stahlblechstühle aus den 1930er Jahren in rosafarbenem Gewand.
Eine der eindrucksvollsten, wenn nicht sogar die beste Präsentation der „now!“ gelang dem dänischen Hersteller „Hay“. In einer Standarchitektur aus einem System von Holzlatten, das Geschlossenheit ausstrahlte und zugleich für Transparenz sorgte, stellte Hay rund fünfzig neue Produkte seiner umfangreichen Kollektion vor und bewies einmal mehr, dass man den Spagat zwischen hochwertigen Möbelserien und unzähligen kleinen Accessoires für alle Lebensbereiche durchaus meistern kann. Damit treffen die Dänen den Nerv der Zeit: Die Erweiterung der Produktpalette durch Accessoires eröffnet dem Hersteller einen breiteren Kundenkreis und macht Design für jedermann zugänglich. Küchenzubehör und Holzspielzeug standen auf der Maison&Objet bei Hay gleichberechtigt neben der modernen Interpretation eines Sekretärs von Ronan und Erwan Bouroullec oder dem bis in die Details perfekt ausgearbeiteten Regalsystem „New Order“ von Stefan Diez.
Auch „Artek“ und „Tom Dixon“ mit seiner neuen Produktserie „Eclectic by Tom Dixon“ setzten ein Zeichen und präsentierten Accessoires abseits der gewohnten Kerzenständer und Blumenvasen. Plötzlich bekommen Schreibtischutensilien, Armbanduhren und Kleintextilien eine ungeahnte Relevanz. Gut gestaltete, erschwinglichere Produkte – das Thema „Design für alle“ könnte sich in den nächsten Jahren noch stärker durchsetzen.