Am Schwimmbad des von Marcel Wanders im Stile des Neo-Kitsch gestalteten Hotels „Mondrian" räkeln sich die Schönen und Reichen bei 26 Grad in der Sonne. Wohlgemerkt, es ist Anfang Dezember und in Europa hat der Winter mit Schnee- und Eischaos Einzug gehalten. Doch Miami hat zur Kunst- und Designmesse gerufen und alle sind gekommen. Die Galeristen aus aller Welt mit ihren Picassos, Mirós, Richters, Calders, Baselitzen und Holzers, die Kunstsammler, die - am liebsten unerkannt - auf der Suche nach der nächsten Trophäe sind, die Hollywoodstars wie Adrian Brody, die der Veranstaltung Glanz verleihen wollen und doch im Schatten der Kunst stehen, die Schönen und Reichen, die Kenner und Möchtegernkenner, die Schöngeister und Neureichen, die Fachsimpler und Kunstgenießer und... Konstantin Grcic!
Ja, Sie haben richtig gehört, einer der besten deutschen Designer, dessen Arbeit so gar nichts vordergründig Glamouröses und Prätentiöses anhaftet. Ausgerechnet er ist „Designer des Jahres" der Design Miami, die in diesem Jahr erstmals in einem Zelt unmittelbar neben der Kunstmesse stattfindet. Konstantin Grcic scheint so gar nicht in die bizarre Szenerie zu passen und schafft es doch, ihr echten Glanz zu verleihen. Seine federleicht wirkende Installation vor dem Eingang der Messe, die Besucher zum Innehalten, Platznehmen und Schaukeln einlädt, und die zentrale Ausstellung in der Messe, die Grcics unverkennbare Handschrift durch Produkte wie „Miura", „Myto" oder „Chair One" zeigt, stehen im Gegensatz zum Sammelsurium aus Sondereditionen, wieder aufgelegten Klassikern, Kunsthandwerk und Designkitsch, das die zwanzig ausstellenden Galerien der Design Miami zeigen. Man darf sich schon fragen, welches Konzept hinter dieser Messe steht, ein echter Diskurs zum Thema und in Abgrenzung zur Kunst, der sich aufgrund der neuen Nähe zu dieser geradezu aufgedrängt hätte, findet nicht statt.
Neben der Ausstellung von Konstantin Grcic ist so interessanterweise gerade die Präsentation des Hauptsponsors Audi der am meisten frequentierte Ort der Messe. Audi beschränkt sich nicht auf die einfache Präsentation eines Autos - obwohl der ausgestellte Elektro-Prototyp eines „e-Tron Spyder" ein echter Hingucker ist. Eingebettet ist das Ganze in den Kontext einer „Tankstelle der Zukunft" - entworfen vom Münchener Grafikdesigner Mirko Borsche, der für die Zukunft des „elektronischen Tankens", wenn man mitunter längere Zeit auf das Aufladen des Autos warten muss, einen durchgestylten Wohlfühlort mit Loungecharakter und Organic Food entworfen hat. Gerade weil hier nicht alles bitter ernst genommen wird und Audi die Zukunft der Automobilität auf spielerische Art und Weise interpretiert, funktioniert das Konzept erstaunlich gut.
Ansonsten überwiegen wenig inspirierende Präsentationen; ein stärkerer Einfluss mittels Kuratieren und klare Vorgaben für die Aussteller täten der Veranstaltung sehr gut. Gerade weil nebenan eine der besten Kunstmessen der Welt stattfindet, auf der mit Meisterwerken von Mark Rothko - eines soll für dreißig Millionen Dollar den Besitzer gewechselt haben - oder von Paul Klee - der Verkaufspreis eines Werks lag bei 4,6 Millionen - geglänzt wird.
So wird man das Gefühl nicht los, dass die Design Miami zwar von den Strukturen der Kunstmesse profitieren will, dieser aber kein wirklich schlüssiges Konzept entgegensetzen kann. Ein „Global Forum for Design", wie sich die Design Miami selbstbewusst nennt, sucht man selbst mit der Lupe vergeblich. Mehr Mut zum Risiko! - möchte man den Messeveranstaltern zurufen. Soeben wurde bekannt gegeben, dass Marianne Goebl - ehemalige Leiterin von Public Relations & Partnerships bei Vitra - neue Direktorin der Design Miami wird. Wir dürfen gespannt sein!