Es wird mir ein Rätsel bleiben, weshalb Konsumgütermessen glauben, sie müssten sich jedes Jahr von neuem der Jagd nach dem Trend verschreiben, erweist sich dieser doch stets als Chimäre, deren Begutachtung den geneigten Beobachter leider weder erschrecken oder staunen, sondern nur gähnen lässt. Aber sei's drum. Wenn uns die Windmühlen, die von den traurigen Trendrittern an den Horizont der Gegenwart projiziert werden, nicht gefallen, dann gibt es in Köln ja wenigstens noch Windmühlen auf Bierdeckeln. Spätestens beim Besuch der Malzmühle triumphiert dann die Gegenwart des Brauhauses über alle innovativen Bilder einer innovativen Zukunft. Doch bleiben wir angesichts der Lage lieber ernst. In diesem Jahr wird besonders darauf zu achten sein, ob es der imm cologne gelingen wird, ihr internationales Profil wieder zu schärfen oder sich im Gegenteil die Tendenz zu einer eher regional und national orientierten Messe - mit einem angeschlossenen publikumsorientierten Rahmenprogramm, den Passagen, - fortsetzt. Zwischen den Zeilen der Ankündigungen ist jedenfalls wenig von Sicherheit zu spüren. So kann man beispielsweise lesen, dass man sich bei der Köln-Messe eine Konsolidierung der in diesen Jahr besonders schwierigen Situation eher von der Präsentation „marktreifer Wohnideen", also von bereits bewährten Programmen, verspricht, als von einem Feuerwerk von Neuheiten. Die findet man ohnehin seit Jahren bevorzugt in Mailand, und das weiß man auch in Köln. Dass mit dem neuen Format „Pure Village" in Halle 3.2 das Thema „Design" innerhalb einer „innovativen Ausstellungsarchitektur" akzentuiert werden soll, klingt leider wenig innovativ. Nicht viel anders ergeht es einem mit der versprochenen Bündelung der Premiumangebote unter dem Stichwort „Pure" in Halle 11. Es könnte leicht passieren, dass am Ende in Halle 3.1, wo sich die ganz jungen „Design talents" - mit dem Zusatz „d3", sprich: Dehochdrei - tummeln, wieder am meisten los ist und sich vor allem dort frische Ideen finden lassen. Doch schauen wir uns genauer an, was wir unter dem Namen „Pure Village" erwarten dürfen. Es handele sich, so die Ankündigung, um ein Präsentationsformat, das sich bewusst davon zu befreien sucht, Produkte zu isolieren. Innerhalb einer von Dick Spierenburg entworfenen „modularen Ausstellungsarchitektur", die im Ganzen an einen Marktplatz erinnern soll, werden, so ist zu lesen, „hochwertige Designobjekte aus allen wichtigen Interiorbereichen und vollständige Einrichtungskonzepte zusammengeführt." Eine Kontextualisierung von Produkten wie Möbeln, Stoffen, Leuchten bis hin zu neuen Entwicklungen im Badsegment kann nie schaden. Also warten wir ab, ob und wie überzeugend sie in diesem puristischen Hüttendorf gelingt. Dass es nicht besser wird, wenn es anders wird, aber anders werden muss, damit es besser wird, wusste schon Lichtenberg. Dass die Sprache dabei eine wichtige Rolle spielt, musste man ihm nicht erklären. Solange beim Anpreisen von Design-Messen aber gebetsmühlenhaft Floskeln einer Fertigteilsprache wiedergekäut werden, statt von den Dingen zu reden, wie sie sind, muss man sich nicht wundern, wenn sich jene abgeschreckt fühlen, die nicht ohnehin von Berufs wegen etwas mit Design, Möbeln oder Messen zu tun haben. Oder wie soll man es verstehen, wenn auf dem Cover des neu gestalteten Messemagazins (mit dem eher parodistischen Titel „Visions") von einem „Entdeckungsraum für Innovationen" die Rede ist und das „Pure Village" im Heft als „Entwicklungsraum für neue Wohnkonzepte" bezeichnet wird? Ach ja, es gibt ja auch noch den „Wirtschaftsraum für gute Geschäfte" (wir empfehlen, siehe oben, eher die Malzmühle) und den „Begegnungsraum für internationale Entscheider". Viel Raum ist scheinbar selbst in der kleinsten Broschüre. Doch erst in der englischen Übersetzung wird einem klar, worum es gehen soll. Dort ist statt von einem „Begegnungsraum für internationale Entscheider" schlicht von „The place where decision-makers meet" die Rede, also zu deutsch von dem Ort, an dem sich all jene treffen, die etwas zu entscheiden haben. Wenn zur Erläuterung des „Begegnungsraums" - klingt gar nicht nach Design - dann auch noch neun Gründe aufgelistet werden, warum jemand überhaupt die imm cologne besuchen sollte, schweigen wir lieber. Und was machen die Passagen? Nun, um als Ausgleich gegenüber der Messe wirken zu können, sind sie insgesamt wohl nicht gewichtig genug. Das Museum für Angewandte Kunst meidet abermals die Auseinandersetzung mit der Gegenwart und hält sich - „Montags beim Papst" - stattdessen an Schaukelplastiken und Dinge aus dem Nachlass des Designers und Futorologen Walter Papst, das Museum Ludwig zeigt Franz West, Kartell zeigt eben Kartell, und im Gerling Quartier präsentiert A&W wie immer den A&W Designer des Jahres, diesmal multipliziert und in Gestalt der Designerinnen von FRONT. Boffi präsentiert in seinem Flagship Store in den Spichern Höfen eine dem Vernehmen nach „tropische" Installation des französischen Architekten und Designers Patrick Nadeau, und Mike Meiré kuratiert im Rahmen der „Dornbracht Edges" in der Cologne Factory unter dem Titel „Revolving Realities" eine Installation der Gruppe Interpalazzo voll realer Virtualität und präsentiert zudem Vorwerk-Teppichwerke von Hadi Teherani und „Schwellenprodukte" von Siedle. Und Dyson macht, ganz wie es sich gehört, auf Vulkanwind. Wer freilich nicht von Showroom zu Showroom dem Trend und seinen Kameraden folgen will, der macht sich auf nach Ehrenfeld, wo man sich - trotz handgemachter Alltagsgegenstände und allerlei Gemischtwaren - mit dem „3. Design Parcours" wieder als Zona Tortona à la Colognia versucht, tummelt sich auf der Messe „Designers Fair" im Rheintriadem oder - aber Sie wissen schon: der ficht mit Windmühlen und bekämpft sie mit Kölsch. imm cologne
Die internationale Einrichtungsmesse
vom 19. bis 24. Januar 2010
täglich von 10 bis 19 Uhr
Koelnmesse, Köln
Die Windmühlen von Köln
von Thomas Wagner | 12.01.2010
© Stylepark
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