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Bettina Bär, Objektleiterin Heimtextil, Heimtextilien

STYLEPARK HEIMTEXTIL
Im Austausch

Bettina Bär hat im September 2022 die Leitung des Segments Heimtextilien der Heimtextil übernommen. Was Sie an der Aufgabe reizt und was wir von der kommenden internationalen Fachmesse für Wohn- und Objekttextilien in Frankfurt am Main erwarten können, sagt Sie uns im Interview.
03.01.2023

Anna Moldenhauer: Sie arbeiten seit 2012 bei der Messe Frankfurt, unter anderem für die Konsumgütermessen, und waren zuletzt Show Director für die Neonyt. Was reizt Sie an der Leitung des Segments Heimtextilien der Heimtextil?

Bettina Bär: Ich weiß genau, warum ich diesen Job mache, denn ich schätze den Austausch mit Menschen. Es geht darum die Leute der Branche abzuholen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und parallel die Märkte zu spiegeln. Die Kombination aus Organisation und den unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen ist sehr spannend. Die Heimtextil ist eine unserer internationalsten Messen am Standort Frankfurt, denn hier trifft sich die Welt der globalen Textil- und Einrichtungsstoffbranche. Sie ist eine der Leitmessen und daher ist es auch eine Ehre, dass ich in der Doppelspitze mit Meike Kern das Ruder übernehmen darf.

Sie haben in einer vorherigen Position den "Ethical Style Guide" mitverantwortet – und damit nachhaltigen AusstellerInnen eine Plattform gegeben. Planen Sie ähnliches für die Heimtextil als Ergänzung zum "Green Village"?

Bettina Bär: Mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft ist das gesellschaftliche Metathema die Nachhaltigkeit. Die Kreislaufwirtschaft ist ein Part davon und in diesem Kontext gibt es viel Entwicklungspotential, viele spannende Aspekte, die man entdecken, zusammenführen und beleuchten kann – was auch unser Auftrag für die Branche ist, selbigen auf der Heimtextil abzubilden. Wir bieten daher auf der Heimtextil 2023 verschiedene Angebote zum Thema Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Ganz vorne mit dabei sind natürlich unsere Trends 23/24 – da geht es konkret um die Rückführung der Textilien in den Kreislauf und um die Vielzahl an Rohstoffen, die aktuell in der Textilindustrie eingesetzt werden. Die Verfahren hierfür und die Produktvielfalt werden in der Halle Neun transparent vorgestellt. Ein zweiter, großer Baustein ist das "Green Directory", in dem wir für unsere BesucherInnen zusammengeführt haben, welche Aussteller nachhaltige Produkte auf der Messe präsentieren. Wir möchten ihnen diesbezüglich eine Orientierung für Ihren Besuch geben. Im "Green Village" kann man zudem sowohl die Zertifizierer kennenlernen, wie die Unternehmen die zu hundert Prozent nachhaltig produzieren – von der Gewinnung, über die Entwicklung und Weiterverarbeitung bis zur Verwertung.

Wird es neue Angebote geben und wenn ja welche?

Bettina Bär: Im Bereich Interior.Architecture.Hospitality haben wir mit der LIBRARY ein neues Format aufgesetzt. Hierfür wurden vorab verschiedene Eigenschaften für funktionale Textilien definiert – von schalldämmend, lichtbeständig, antimikrobiell, schwer entflammbar und wasserabweisend. Wir haben in diesem Zuge unsere Aussteller aufgefordert, Produkte, welche die jeweiligen Funktionen aufweisen incl. zugehöriger Zertifikate einzusenden. Ein Expertengremium hat die Einsendungen kuratiert und die Auswahl an Textilien wird in der Halle 4.0 zentral auf dem Boulevard präsentiert. Die Vielfalt des Themas und die Möglichkeiten, welche diese funktionalen Textilien bieten, hat mich schon sehr fasziniert: Bei den schwerentflammbaren Textilien war zum Beispiel ein sehr filigraner, transparenter Stoff dabei, aus dem auch ein Hochzeitskleid gefertigt werden könnte. Die Halle 4.0 ist indes stark auf das Thema Contract ausgerichtet. In diesem Zuge bieten wir extra Stände für Unternehmen an, die Stoffe für die ObjektausstatterInnen als Zusatzsortiment anbieten.

Parallel wird es auch Touren geben, richtig?

Bettina Bär: Genau. Gerade im Rahmen der Interior.Architecture.Hospitality LIBRARY gibt es z.B. die Eröffnungstour des Expertengremiums. Das Gremium führt die Besucher durch die kuratierte Ausstellung an funktionalen Textilien. Ebenfalls gibt es das Angebot TALKS & TOURS – das heißt, es gibt einen kleinen Vortrag einer Expertin/ eines Experten und dann wird diese Person die Gruppe über die Messe führen und ihre persönlichen Highlights vorstellen. Das Format bietet die Möglichkeit zum Austausch, es ist integrativ und wird von der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen mit je einem Punkt als Fort- /Weiterbildung anerkannt. Die TALKS & TOURS werden angeboten von AIT aber auch von der bdia, der AHGZ als auch von world architects.

Welchen Herausforderungen sieht sich die Heimtextil aktuell gegenüber, auch in Bezug auf die Nachhaltigkeit?

Bettina Bär: Natürlich müssen wir als Messe Frankfurt uns mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. Da geht es uns genau wie unseren KundInnen. Es gibt mittlerweile verschiedene gesetzliche Vorgaben, auch bei der herstellenden Industrie. Wir beziehen beispielsweise Solarstrom und arbeiten für die Hallenteppichböden auf der Messe mit einem Unternehmen zusammen, das diese als Granulatkügelchen zurück in den Kreislauf führt. Bei diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig Partnerschaft im Kontext der Nachhaltigkeit ist. Speziell im Textilbereich arbeiten wir mit dem Conscious Fashion and Lifestyle Network und dem UN Office for Partnerships zusammen, um die Sustainable Development Goals (SDGs) bei unseren Textilveranstaltungen weltweit ins Rampenlicht zu rücken. Es ist unsere Aufgabe auf der Heimtextil die nachhaltige Entwicklung in der Textilindustrie mit einem wertigen Rahmenprogramm sichtbar zu machen, damit ein inspirierender Austausch stattfindet. So beleuchten unsere Heimtextil Trends 23/24 Ansätze der Kreislaufwirtschaft, die dem Markt Impulse für eine nachhaltige Entwicklung liefern. Kreislaufwirtschaft prägt auch die Inszenierung der Heimtextil Trends 23/24 selbst: Mit dem „Material Manifesto“ verpflichtet sich das verantwortliche Trendbüro FranklinTill zu einer möglichst nachhaltigen Gestaltung des Areals mit überwiegend recycelten Materialien und Elementen sowie einer strikten Müllvermeidungsstrategie.

Also möchten Sie den Unternehmen auch einen Anstoß zur Selbstverantwortung geben?

Bettina Bär: Wir können die nachhaltige Entwicklung von den AusstellerInnen nicht einfordern, sondern nur abbilden, neue Ideen liefern und den Austausch sowie die Vernetzung zu aktuellen Themen fördern – dies tun wir sehr intensiv mit unserem Rahmenprogramm. In den letzten Jahren hat sich jedoch ein verstärkter Fokus auf Nachhaltigkeit bei vielen Unternehmen gezeigt. Diese nachhaltigen Lösungen zeigen wir auf der Heimtextil natürlich auf und geben den Besucher*innen wertvolle Impulse zur grünen Weiterentwicklung mit.

Bei der Recherche habe ich gelesen, dass es Sie glücklich stimmt, wenn sich die Puzzleteile zusammenfügen. Welches Puzzle möchten Sie für die Heimtextil lösen?

Bettina Bär: Alle BranchenteilnehmerInnen, AusstellerInnen, BesucherInnen, Interessenverbände und StakeholderInnen finden auf der Messe zusammen, das ist wie ein "Melting Pot" aus Wissen und Inspirationen. Und daraus ziehe ich die Quintessenz, ein Produkt wie die Heimtextil weiterzuentwickeln. Ergänzend ist es so, dass wir wissen, dass die Branche gerade vor sehr starken Herausforderungen steht. Es prasseln aktuell unglaublich viele Themen auf unsere KundInnen ein, vom Angriffskrieg Russlands, der die Lieferketten außer Kraft gesetzt hat, über die Energiekrise, bis zu den Nachwirkungen der Pandemie. Mit unserem Programm auf der Messe können wir Antworten geben, wie man mit diesen Herausforderungen umgeht. Und dieses Angebot der Wissensvermittlung sollte zukünftig noch mehr im Fokus stehen, um den KundInnen und BesucherInnen zu helfen, individuelle Antworten auf ihre Fragen zu finden.

Gibt es eine Entwicklung, sei es in der Materialforschung oder im Bereich neue Technologien, die Sie für die Textilbranche besonders interessant finden?

Bettina Bär: Was ich extrem spannend finde, und da haben wir viele Überschneidungen zu unserer Schwestermesse Techtextil, ist der funktionale Designanspruch für ein Textil. Funktionale Textilien können auch mit Blick auf die Klimakrise eine wesentliche Rolle spielen. Diese Ansätze möchte ich gerne in der nächsten Zeit weiterverfolgen.

Wie möchten Sie gerne das Programm der Heimtextil weiterentwickeln?

Bettina Bär: Die Heimtextil ist eine enorm erfolgreiche Messe und hat sich hohe Qualitätsmaßstäbe gesetzt. Wir müssen das Thema der Nachhaltigkeit zusammen mit unseren KundInnen inhaltlich weiterentwickeln und abbilden. Ich möchte forcieren, dass sich die internationalen Angebote qualitativ weiterentwickeln. Wir schauen uns hierfür bei jedem Produktbereich genau an wo wir stehen, wo spannende Märkte sind und wo wir noch wachsen können. Das globale Netzwerk mit unseren Tochtergesellschaften und Sales PartnerInnen ist in diesem Zuge für den Austausch sehr hilfreich. Nach den Jahren der Pandemie sind wir für die internationale Branche wieder der Dreh- und Angelpunkt und werden diesen Stellenwert auch in Zukunft halten. Mittlerweile wissen wir, dass die digitalen Angebote allein nicht ausreichen. Messen sind aufgrund der persönlichen Begegnung, der Interaktion, der Dynamik, einfach unersetzbar. Und daran halten wir definitiv fest.


Heimtextil
10. bis 13. Januar 2023

Ludwig-Erhard-Anlage 1
60327 Frankfurt am Main

Heimtextil 2023: WOW Your Senses!