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Magis-Gründer Eugenio Perazza im Gespräch

Stylepark Magis – Focus on Hospitality
Qualität ist für mich die Zukunft

Italienische Gastlichkeit ist für Magis eine Herzenssache. Thomas Wagner hat mit Eugenio Perazza, dem Gründer von Magis, über neue Ideen und über die Kultur des Unternehmens gesprochen.
27.10.2016

Thomas Wagner: Wenn ich an Magis denke, kommt mir spontan eine intensive Form der Zusammenarbeit und der Gastfreundschaft in den Sinn. Sie bringen mit Ihren Möbeln Menschen auf eine besondere Weise zusammen. Was bedeutet das für Sie?

Eugenio Perazza: Zunächst einmal: Man muss seine Vorstellungen klar und präzise, aber auch sehr ehrlich vermitteln. Magis funktioniert heute so gut wie vor vierzig Jahren. Das ist eine lange Zeit. Insofern lässt sich wohl sagen, dass die Firma international einen sehr guten Ruf genießt. Der Aspekt der Gastfreundschaft war in der Tat immer sehr wichtig für mich. Man schafft ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Kunden. Der Kunde – und somit die internationale Community – bedeuten mir viel. Ich rede nicht von Partnerschaft, Partnerschaft ist in gewisser Weise sehr formal, Gastfreundschaft und Freundschaft hingegen sind einfach und eindeutig – man arbeitet zusammen und ist nett zueinander. Das gilt für Designer und Hersteller und auch für alle anderen Beteiligten.

Schlägt sich der offene und freundschaftliche Umgang, den Sie pflegen, auch in der Wahl von Materialien und handwerklichen Traditionen nieder? Etwa wenn Sie mit den Bouroullecs Tische und Stühle aus Schmiedeeisen und mit Konstantin Grcic eine Kollektion aus Gussteilen entwickeln?

Eugenio Perazza: Diese Tradition, die Idee der Gastfreundschaft, wurde beispielsweise für die neue von Konstantin Grcic entwickelte Kollektion aus Gusseisen umgesetzt. Die Aufgabe war anspruchsvoll, weil eine neue zeitgemäße und moderne Formensprache gefunden werden musste, obwohl der Ausgangspunkt eine alte und bewährte Technik war. Magis möchte Dinge gestalten, die sehr italienisch sind. Wir wollen die gute alte italienische Tradition und auch das Handwerk der Region in die Gegenwart und Zukunft überführen.

Wie wichtig ist es für Sie, besondere Produkte zu entwickeln und gute persönliche Beziehungen zu pflegen?

Eugenio Perazza: Beides ist sehr wichtig, um eine gute Beziehung zum Kunden, zu Lieferanten, Journalisten und zu der nationalen und internationalen Magis-Community herstellen zu können. Ein freundlicher Umgang und Austausch ist immer wichtig. Diese Form der Gastfreundschaft zeichnet Magis aus – und zwar von Anfang an, seitdem Magis 1976 ins Leben gerufen wurde.

Und Sie denken auch weiter voraus in die Zukunft?

Eugenio Perazza: In den 40 Jahren seines Bestehens hat Magis meiner Meinung nach einige der schönsten Kapitel in der Geschichte des Designs geschrieben. Das ist wunderbar, aber das ist Vergangenheit. Mich interessiert vielmehr, ob uns auch die Zukunft gehört. Daher schaue ich mich in der Firma um, sehe mir an, welche Qualität die Designprojekte haben, an denen wir arbeiten, und mit Blick auf die Verkaufssaisons der nächsten Jahre und andere nicht Design-orientierte Projekte, die derzeit in Vorbereitung sind, kann ich sagen, dass Magis tatsächlich die Zukunft gehört. Ich blicke immer in die Zukunft. Die Vergangenheit ist für mich vorbei. Jetzt gerade zum Beispiel erforschen wir eine neue Technologie für künftige Projekte, weil Magis immer bestrebt ist, einzigartig und universell zu sein.

Und wie finden Sie heraus, was typisch Magis, was einzigartig und dennoch universell ist?  

Eugenio Perazza: In den letzten Jahren hat Magis seinen Ansatz zur Entwicklung des Designs revidiert. Im Fokus stehen jetzt Ergebnisse, die den typisch italienischen Geschmack und Duft zum Ausdruck bringen. Gewisse Konzepte werden neu überdacht. An erster Stelle steht dabei das Kunsthandwerk; es soll sich über die reine Form erheben zu einer „Ästhetik der Bedeutung“, einer authentisch italienischen Bedeutung. Denn wir sind überzeugt, dass italienische Kunsthandwerker in bestimmten Bereichen – Massivholzverarbeitung, Lederverarbeitung, Glasbläserei etc. – einfach besser wissen wie man Dinge gekonnt umsetzt als ihre Kollegen in anderen Ländern. Ich arbeite jetzt seit 40 Jahren im Designbereich und denke, dass die Idee bei der Entwicklung eines Designprojekts das Einzige ist, was zählt, ansonsten bliebe Design eine reine Stilübung. Das heißt, die Idee muss gefunden und entwickelt werden, ansonsten ist es kein Design im eigentlichen Sinn.

Woher kommt eine solche, unverwechselbare Idee?

Eugenio Perazza: Sie entspringt meiner Denkweise und meinem Austausch mit den Beteiligten. Wir setzen uns jeden Tag zusammen. In jedem Gespräch findet sich ein kleiner Ansatzpunkt zu einer neuen Idee, und nach einer Woche hat diese Idee vielleicht schon eine Form angenommen, die es lohnt, weiterverfolgt zu werden.

Am Anfang steht der Dialog?

Eugenio Perazza: Im Italienischen gibt es einen Ausdruck: „stazione obliqua“. Er bezeichnet etwas, das in einem bestimmten Kontext gut funktioniert und sich auf einen anderen Kontext übertragen lässt, so dass daraus etwas Neues und Nützliches entsteht.

Wie können Sie wissen, was in Zukunft erfolgreich sein wird? Keiner weiß doch, was kommt?

Eugenio Perazza: Das ist nicht sehr schwer. Qualität ist für mich die Zukunft. Die Dinge müssen qualitätsvoll sein und nicht einen Brei aus vielen Dingen bilden.Es gilt, die Anzahl der Dinge drastisch zu reduzieren und den Blick auf die Zukunft zu richten.

Sie glauben fest daran, dass Qualität in einer Gesellschaft der Massenmedien und der Massenproduktion eine erfolgreiche Zukunft haben wird?

Eugenio Perazza: Ja, für mich liegt die Zukunft von Magis in dem, was ich als Smart Living und Smart Working bezeichne. Wir müssen den Schwerpunkt vom Produkt auf das Ambiente verlagern, um so die Magis-Ära einläuten zu können. Das ist die Zukunft.

Könnte man sagen: Alles, was Sie in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt und produziert haben, angefangen von Tellergestellen und Haushaltsutensilien bis hin zu den Tischen, Stühlen und Sofas der aktuellen Kollektion, lässt in seiner Gesamtheit ein bestimmtes Ambiente entstehen? 

Eugenio Perazza: Durchaus. Wir entwickeln beispielsweise zusammen mit Konstantin Grcic eine neue Linie, um für die häusliche Umgebung, aber auch für den Objektbereich, eine Gesamtlösung anbieten zu können. Von der Idee bis zur Markteinführung brauchen wir aber insgesamt drei Jahre.

Wann gestaltet Magis komplette Häuser?

Eugenio Perazza: Nein, das machen wir keinesfalls.

Sie geben sich auch weiterhin mit Möbeln und Gegenständen für den Haushalt zufrieden?

Eugenio Perazza: Vor allem mit Möbeln.