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Besser den Spatz auf dem Dach: Vogelhaus-Dachpfanne von Klaas Kuiken.

Klaas Kuiken
Der Modifizierer

Klaas Kuiken setzt auf kreative Prozesse, die ihre Spuren auf dem jeweiligen Objekt hinterlassen. Der Niederländer verwandelt aber auch vorhandene Produkte in Objekte von poetischer Schönheit.
05.01.2017

Von Arnhem in die ganze Welt – typisch holländisch, könnte man sagen: Klaas Kuikens Entwürfe waren schon auf der Beijing Design Week, der London Fashion Week, der ICFF in New York, dem Salone del Mobile in Mailand, der Maison & Objet in Paris und anlässlich der Skopje Design Week zu sehen. In seinen Entwürfen offenbart sich eine Haltung, die gleichermaßen kreativ wie kritisch ist: Warum neu denken, wenn man eigentlich nur umzudenken braucht? Da steckt einerseits der Up- und Recycling-Gedanke im Gestaltungsansatz, andererseits auch die Idee, bekannte Verfahren oder Materialien mal auf eine ganz andere Art und Weise zu nutzen.

In Klaas Kuikens Workshop, denn das ist sein Studio im wahrsten Sinne des Wortes, entstehen ebenso nützliche wie ästhetische – und manchmal amüsante – Gegenstände. Seine „Bottles & Vases Collection“ ist ein gutes Beispiel. „Ich habe mich gefragt“, so Klaas Kuiken, „ob man aus den massenhaft produzierten Flaschen aus grünem Glas nicht einmalige Objekte schaffen könnte. Ich habe mir ihre ‚Fehler‘ genauer angesehen, Stellen im Glas, die trotz der Massenproduktion unterschiedlich dünn oder dick sind. Ich habe dann ein spezielles Verfahren entwickelt, bei dem die Flaschen im Ofen erhitzt werden und anschließend blase ich mit einem Kompressor ganz sachte Luft hinein. Das Ergebnis: an den dünneren Stellen wölbt sich das Glas mehr, an den dicken weniger.“ So erhalten die Flaschen und Vasen am Ende ganz neue, ungewöhnliche Formen, ein vormaliges Standardobjekt von geringem Wert wandelt sich zu einem Unikat. Und die veränderte Sichtweise auf Vertrautes stellt unsere Sichtweise auf die Dinge um uns herum in Frage.

Klaas Kuiken

Eine weitere Kollektion, wo der Herstellungsprozess den finalen Look bestimmt, ist „EPS“. Dazu gehören, Achtung, Öfen und Uhren. Der Besuch einer Firma, die Produkte in Eisenguss-Technik herstellt, gab den Anstoß. Klaas Kuiken designte zwei verschiedene Ofen-Typen und unterschiedliche Uhren-Modelle, die er in Formen aus Polystyrolschaum (Styropor) herstellt. Diese Objekte stellt er in einen mit Sand gefüllten Behälter, in den heißes Gusseisen gegossen wird. Was passiert? Der Schaum schmilzt auf Grund der Hitze und das Gusseisen nimmt seinen Platz ein. Zurück bleibt eine exakte Kopie des Polystyrol-Schaumstoff-Designs, gegossen in einem Stück und mit all den Eigenschaften der verwendeten Schaumstoffform. Mit solchen Projekten stellt der Absolvent der ArtEZ School of Arts in Arnhem traditionelle Denkweisen und allzu rigide Gestaltungsvorschriften auf den Kopf. Dort, wo die Funktion zurücktritt und der Idee Raum gegeben wird, gewinnt das Künstlerische der Arbeiten an Boden, es wird eine Brücke vom Gebrauchsgegenstand zum Kunstobjekt geschlagen – wobei die Öfen und Uhren der „EPS-Kollektion“ einwandfrei funktionieren!

Ein weiteres Objekt, das bei Betrachtern immer wieder Aha-Gefühle oder Erheiterung auslöst, ist das „Birdhouse“, eine Kombination aus Dachpfanne mit Vogelhäuschen aus Ton. Um den idealen Nistplatz für Vögel in Städten oder überhaupt bebauten Gegenden zu schaffen, und damit den Vogelbestand zu schützen, kontaktierte Klaas Kuiken die niederländische Vogelschutzorganisation Vogelbescherming Nederland. Sein Vogelhäuschen ist geradezu archetypisch und doch, in der Kombination mit der Dachpfanne, eine originelle Neuerung eines uralten Modells.

Der 32-Jährige setzt auch für die Domotex auf Veränderung und Interaktion zwischen Produkt und Nutzer: Auf den „Living Materials“ soll der Mensch seine Spuren hinterlassen... (ua)


Eine Vorschau auf Klaas Kuikens Projekt für die Domotex finden Sie hier.

Unikat und Ausgangsprodukt: Aus Grünglasflaschen werden bei Klaas Kuiken aufregend geformte Objekte.