Gut, meine Bücherregale sind voll mit Grafik- und Fotobüchern und einigen Kunstbänden. Fliege ich in den Urlaub, schleppe ich immer so einige Romane mit, möglichst die Taschenbuchausgaben. Sei es Platz im Regal, sei es zu tragendes Gewicht, Bücher stellen mich vor einige kleine Probleme - zumindest im privaten Leben. Dennoch möchte ich mich ungern von ihnen trennen. Die wenigen Bücher, die ich einfach nicht aufheben möchte, trage ich zu Oxfam und sie finden ein neues Heim.
Nun kommen die E-books oder wie Amazon ihr Produkt „Kindle" beschreibt: Wireless Reading Device. So dröge die Beschreibung, der Name „Kindle" beansprucht mehr zu sein als ein neues elektronisches Spielzeug. Er ruft eine Revolution aus und ich muss zugeben, mit dem Kindle hätte ich mehr Platz im Buchregal und meine Reisetasche wäre auch um einiges leichter.
In meinem beruflichen Alltag sieht alles ein wenig anders aus. Hier gestalte ich Bücher oder kümmere mich um die typografische Gestaltung von Zeitschriften. Ich mag Print und ich mag Papier. Können E-Books wie der Kindle oder der Reader von Sony mich da wirklich beeindrucken? Sind Satz und Umbruch plötzlich überflüssig? Was kümmern mich Trennungen, Schusterjungen und Hurenkinder, wenn ich Text in sechs unterschiedliche Font-Größen einstellen kann?
Viele gedruckte Romane sind auch nicht mit liebevoller Hand gesetzt, doch der Umschlag kann häufig noch begeistern. E-books können auch Bilder anzeigen, bisher aber nicht in Farbe. Wohin mit den im anglo-amerikanischen Raum so beliebten Sonderfarben und Prägungen auf dem Cover? Wir erinnern uns an die Diskussionen um die gute alte Schallplattenhülle. Inzwischen bietet iTunes die Funktion, durch Miniatur-CD-Cover zu blättern. Eine merkwürdige Ersatzhandlung ohne den Charme, eine toll gestaltete Schallplattenhülle in den Händen zu halten.
Auch Zeitungen und Zeitschriften stehen zum Download bereit. Hier offenbaren sich die Schwächen des electronic reader. Will ich die New York Times oder das Time Magazine wirklich nur lesen oder auch gucken und fühlen? Kein Kulturpessimismus - aber was sind diese ohne begleitende Typografie und Fotografie? Die Typografie einer Zeitung leitet mich, setzt Schwerpunkte. Viele Reportagen werden erst durch Fotos emotional. Illustrationen können mich erheitern, mir andere Aspekte eröffnen.
Die kleinen Werbefilmchen, die die Einführung des Kindle von Amazon begleiten, sind auffällig typografisch. So setzt Amazon doch noch auf die Kraft der unterschiedlichen Lettern. Mit oder ohne Serifen, animierte Buchstaben setzen sich zum Wort Kindle zusammen.
Bücher sind Ausdruck von Kreativität. Nicht nur von Schriftstellern, auch von Gestaltern, von Grafikern, von Fotografen, von Illustratoren, von Künstlern. Amazon wirbt mit der Aussage: just like books. Aber von welchen Büchern sprechen wir hier? Von Romanen, von Biografien, von Hardcovern, von Taschenbüchern? Von Bildbänden oder von Groschenromanen? Just like books, maybe more like airport literature.