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Leinen für die Ruhe

„Das Stue“ im Diplomatenviertel hinter dem Berliner Zoo ist ein luxuriöses Boutiquehotel mit nur 80 Zimmern und Suiten. Für das Interior-Design verantwortlich waren das Architekturbüro LVG Arquitectura aus Barcelona und Patricia Urquiola. Das erklärte Ziel: Den größten Luxus unserer Zeit – Ruhe und Raum für sich – in die ehemalige dänische Botschaft bringen. Dafür sind Textilien unerlässlich, denn sie schaffen nicht nur eine spezielle Atmosphäre, sondern spielen auch in baulicher Hinsicht eine entscheidende Rolle, beispielsweise hinsichtlich der Optimierung der Akustik.

Uta Abendroth: Eugenia Linares, welches sind die größten Herausforderungen in puncto Hotel-Design?

Eugenia Linares: Zuallererst muss man als Architekt das Konzept des Kunden für sein Hotel verstehen und welches Publikum angesprochen werden soll. Dann muss man eine Atmosphäre schaffen, die zu der gewünschten Klientel passt und dabei muss man auch noch versuchen, innovativ zu sein und keine Klischees zu bedienen. Meiner Meinung nach ist der schwierigste Part, das Thema des Projektes zu erkennen und zu treffen. Dieser Punkt erfordert den größten Aufwand und verschlingt die meiste Zeit. Wenn dann erst mal das Thema oder das Image steht, dann fließt alles und Räume nehmen auf eine recht einfache Art und Weise ihre Form an.

Wie planen Sie Ihre Projekte? Gehen Sie vom großen Ganzen aus und kommen dann zum Detail oder gibt es gleich zu Beginn ein festes Gesamtkonzept?

Eugenia Linares: Wir versuchen von einer eher allgemeinen Idee auszugehen und dann zu den kleinsten Aspekten vorzudringen. Das hilft dabei, sich nicht in Details zu verlieren und einen einheitlichen Stil zu entwickeln, der die verschiedensten Bereiche miteinander verbindet. Auch wenn jeder Raum seine eigene Atmosphäre haben kann, es muss eine eher generelle Gestaltungsidee geben, die das ganze Projekt prägt. Sonst bringt man zu viele verschiedene Erzählstränge hinein und übertreibt es.

Die „Embassy Rooms“ sind 30m² groß, viele von ihnen haben raumhohe Panoramafenster. In den meisten dieser Zimmer steht eine Badewanne. Foto © Das Stue

An welchem Punkt des Design-Prozesses kommen Textilien ins Spiel?

Eugenia Linares: Textilien spielen von Anfang an eine Rolle, wenn wir über die Wahl der Materialien sprechen. Sie sind für uns genauso wichtig wie der Fußboden, die Farben, die Wandverkleidungen und die Materialien der Möbel. Wir arbeiten gewöhnlich mit Stoffen, um Wände zu dekorieren, zum Beispiel die Kopfteile hinter den Betten oder die Wände von Besprechungsräumen. Und auch, um die Innenwände der Fassade zu bedecken. Da hängen wir nicht nur Gardinen an die Fenster, sondern ziehen Stoffe über die gesamte Breite der Fassadenwand. Das hilft, um ebenso komfortable wie gemütliche Räume zu schaffen – und sie verbessern die Akustik der Räume.

Worum geht es Ihnen hauptsächlich bei Textilien? Um Farbe, Textur, Qualität oder solche funktionellen Spezifika wie Nichtentflammbarkeit?

Eugenia Linares: Wir versuchen immer natürliche Gewebe wie Leinen oder Baumwolle zu verwenden, die eine weiche Textur haben und schön fallen. Das ist nicht immer leicht, wenn man in öffentlichen Räumen arbeitet. In diesen Fällen reduzieren zum Beispiel die Anforderungen an Nichtentflammbarkeit die Auswahl ganz erheblich auf ganz wenige Optionen wie Trevira-Gewebe. Farben sind dagegen abhängig vom Moment, sie unterliegen Trends und außerdem hat jedes Projekt seine eigenen Anforderungen. Wir mögen vor allem neutrale Farben wie Steingrau oder sanftes Beige.

Wie informieren Sie sich über all die Textilien auf dem Markt? Und wie entscheiden Sie, was Sie wie nutzen wollen?

Eugenia Linares: Heutzutage ist es leicht sich zu informieren, das Internet ist voll von Informationen. Man kann sich auf der Website eines Produzenten umsehen, den man mag oder mit dem man in nächster Zeit zusammenarbeiten möchte. Aber natürlich ist der beste Weg, Messen zu besuchen, Showrooms und Fabriken. Gerade auf Messen trifft man auf Marken, von denen man noch nie vorher gehört hat, man bekommt Muster und kann Fragen direkt an den Produzenten stellen. Man muss Gewebe doch sehen und anfassen, um sie zu mögen. Auf einer Messe hat man Hunderte davon…

Inwiefern verlangt ein Hotel wie „Das Stue“ einen eigenen Look? Waren da bei der Ausstattung bestimmte Textilien oder Farben gefragt?

Eugenia Linares: Nein, wir hatten eine Carte blanche und durften alle Textilien und Farben selbst auswählen.

Welche Farben haben Sie für „Das Stue“ gewählt?

Eugenia Linares: Im Großen und Ganzen haben wir natürliche, eher neutrale Farben für die unveränderlichen Elemente wie Verkleidungen, Kopfteile und Möbel gewählt. Die knalligeren Farben haben wir uns für die Textilien aufgehoben, für die Bettwäsche, die Kissen und kleinere Deko-Objekte. Dabei haben wir vor allem auf Fuchsia, Senfgelb und Pistaziengrün gesetzt. Das sind gebrochene Farbnuancen, die auf eine dezente Art ins Auge fallen.

Patricia Urquiola, die die öffentlichen Bereiche gestaltete, möblierte die Rezeption mit ihrem Sessel „Bohemian“ für Moroso. Foto © Das Stue

Und auf welche Materialien haben Sie hauptsächlich zurückgegriffen?

Eugenia Linares: Bei den Textilien haben wir, so weit irgend möglich, auf natürliche Materialien gesetzt: Wolle für die Plaids und die Teppiche, Baumwolle für Handtücher und Bademäntel. Bei den Gardinen und den nicht austauschbaren Textilelementen haben wird auf schwer entflammbares Trevira zurückgegriffen. Bei den weiteren Werkstoffen haben wir solche benutzt, die einem irgendwie vertraut vorkommen und anheimelnd wirken, zum Beispiel braunes Leder für die Betthäupter, blankes Eichenholz für die Wandverkleidungen und die Möbel sowie Wengué für den Holzboden. Kontraste haben wir mit weiß lackierten Schiebetüren und Kupfer für einige dekorative Elemente gesetzt.

Welche Marken sind denn zum Einsatz gekommen?

Eugenia Linares: Die Vorhänge sind von Gaston y Daniela, einer 1876 in Bilbao gegründeten Manufaktur, die zu den profiliertesten Anbietern von Dekorationsstoffen in Spanien zählt. Und die Teppiche sind von Jordi Mas aus der Nähe von Barcelona, die ihre eigenen Garne spinnen.

Wie haben Sie sich über die Gestaltung der Räume im „ Stue“ mit Patricia Urquiola verständigt?

Eugenia Linares: Die Räume waren schon so gut wie fertig gestaltet, als sie zu dem Projekt dazukam. Patricia wurde mit dem Design der öffentlichen Bereiche betraut. Obwohl sie einige Ratschläge in Sachen Gästezimmer gegeben hat, war sie da nie wirklich stark involviert. Von ihr kommen die floralen Zeichungen für die Teppiche und der Tipp für die kräftigen Farben.

Ist sie eine sehr „textile“ Person oder hat sie dieses Thema LVG Arquitectura überlassen?

Eugenia Linares: Patricia hat alle Entscheidungen hinsichtlich der Textilien in den öffentlichen Bereichen getroffen. Sie kümmert sich wirklich sehr um die Textilien, wenn sie gestaltet, und sie hat die Stoffe für jede Raumsituation sehr sorgfältig gewählt.

Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?

Eugenia Linares: Reisen. Und dann lerne ich von guten Design-Projekten. Ich analysiere die Räume und ihre Atmosphäre, frage mich, wo fühle ich mich wohl und warum? Die Essenz davon versuche ich in neue Projekte einzubringen.

In wie fern spielen traditionelle spanische Textilien eine Rolle in Ihrer Arbeit?

Eugenia Linares: Eine große Rolle! In traditionellen spanischen Häusern findet man ja überall Stoffe: Tischwäsche, Vorhänge, Teppiche… Mal abgesehen davon, dass das auch ein bisschen zu viel sein kann, es ist eine Tatsache, dass diese Häuser sehr gemütlich und warm wirken.

www.das-stue.com
www.lvg.hydragrafix.com

Das all-day-dining Restaurant „Casual“ erhielt seinen Look von Patricia Urquiola. Foto © Das Stue
Gemütlich, kuschelig und mit Ausblick auf den Tiergarten oder den Berliner Zoo: Ein „Stue Zimmer“. Foto © Das Stue
Kupfertöpfe schweben unter der Decke des Fine-Dining Restaurant „Cinco“ von Küchenchef Paco Pérez. Foto © Das Stue
„Das Stue“ residiert in der ehemaligen Dänische Botschaft, erbaut von dem Architekten Johann Emil Schaudt. Foto © Das Stue

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