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FEATURED PROJECT
Im Auge des Sturms

Hektisches Treiben, scheppernde Durchsagen, Stimmengewirr – Flughäfen sind Durchgangsorte. Einen Ort der Stille mitten in der Unruhe bieten gmp Architekten und Petersen Tegl im Flughafen Berlin Brandenburg.
von Simone Kraft | 24.12.2022

Ruheinseln sind Räume, die für Andacht, Stille, Besinnung eingerichtet sind. Eine von ihnen befindet sich an einem besonders hektischen Ort: Im Herzen des neuen Flughafens Berlin Brandenburg Willy Brandt, entworfen von gmp Architekten, der seit 2020 in Betrieb und auf 33 Millionen Passagiere im Jahr ausgerichtet ist. Der ebenfalls von gmp geschaffene "Raum der Stille" – eigentlich eine Folge von fünf verschieden großen Räumen mit quadratischer Grundfläche und gestufter Gewölbedecke – dient dort als Rückzugsort für Menschen aus allen Kulturen und Konfessionen, für die er rund um die Uhr zugänglich ist: Reduziert auf die gestalterischen Elemente Erde, Ton und Licht entstand hier mitten im Terminal eine Oase der Serenität und Ruhe.

Wände, Boden und Gewölbe des Raums der Stille sind vollständig mit dunklen gebrannten "Kolumba"-Ziegeln von Petersen Tegl verkleidet. Ziegelsteine, die nicht nur eine jahrhundertelange Tradition Handwerkskunst mit sich bringen, sondern auch auf eine besondere Entstehungsgeschichte zurückblicken: "Kolumba" wurde 2000 als gemeinsames Projekt des Schweizer Architekten Peter Zumthor mit dem dänischen Hersteller für das Kolumba Museum in Köln entwickelt. Der Einsatz eines einzigen Materials lässt den Berliner Raum der Stille wirken, als sei er aus einem großen Stein herausgemeißelt. Durch leicht versetzte Versprünge im Gewölbe entsteht eine Pyramidenform, die jeweils durch ein indirekt beleuchtetes Okulus-Fenster abgeschlossen wird. "Der Ziegel verleiht dem Raum ein Gefühl von Ewigkeit und Geborgenheit. Die Zeit scheint in diesen Räumen stillzustehen, so dass man sich vollkommen auf seine Gedanken konzentrieren kann", erläutert Hans Joachim Paap, Architekt und Partner von gmp. Um die besondere Atmosphäre des Raums der Stille zu erreichen, war der Einsatz eines besonderen Materials fundamental. "'Kolumba' ist ein sehr schöner Ziegel mit einer fantastischen Oberfläche. Die warme, dunkelbraune Farbe schafft eine gute Atmosphäre", führt Paap weiter aus. "Jeder Stein ist einzeln hergestellt – man sieht deutlich die Fingerabdrücke, die entstanden sind, als die Steine aus ihrer Form genommen wurden. Der Ziegel verleiht dem Raum ein Gefühl von Ewigkeit und Geborgenheit. Die Zeit scheint in diesen Räumen stillzustehen, so dass man sich vollkommen auf seine Gedanken konzentrieren kann."

Die klar reduzierten Formen des "gemauerten" Raums der Stille wecken Assoziationen mit archaischen Bauten, mit frühchristlicher und islamischer Ziegelarchitektur. Darüber hinaus verknüpfen die Ziegel den Entwurf lokal: Auch in Berlin und Brandenburg herrscht eine lange Tradition von Ziegelbauten vor. Diese Referenzen tragen umso mehr zur symbolisch-spirituellen Ausdruckskraft des Entwurfs bei, die Paap herausstreicht: "Der Ziegelstein ist ein Ausdruck der grundlegenden Elemente für die menschliche Existenz: Feuer, Erde und Wasser." Vollständig wird die Wirkung des Raums der Stille durch ein durchdachtes Lichtkonzept, durch das die Ziegelräume ihre Wirkung erst voll entfalten können. Die Gewölbedecken bestehen aus immer kleiner werdenden quadratischen Rahmen aus Kolumba-Ziegeln, die an einer Stahlkonstruktion mit 2 Zentimetern Abstand zwischen den Rahmen befestigt sind. Die Fugen sind hinterleuchtet. Zusammen mit den Okuli und einem hinterleuchteten Spalt zwischen Wand und Boden, der die Orientierung im Raum erleichtert, tauchen sie die Räume in kontemplatives Licht. Die Steine scheinen sich fast aufzulösen, ein Effekt, wie man ihn etwa aus gotischen Kathedralen kennt.

Und so können die BesucherInnen des Raums der Stille eintauchen in eine besondere Atmosphäre der Ruhe: Von einem gemeinsamen Empfangsraum mit einem mehrsprachigen skulpturalen Schriftzug "Stille" gehen zwei identische Bereiche ab, die symmetrisch entlang einer zentralen Achse angeordnet sind und von Raum zu Raum größer werden, ein christlicher und ein bekenntnisunabhängiger Bereich. Für die ArchitektInnen war es wichtig, hier völlig gleiche Räume zu gestalteten: "Die Räume und ihre symbolische Bedeutung sind identisch. Für uns sind sie ein Zeichen dafür, dass verschiedene Religionen zusammenleben können."

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Petersen Magazin 45