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Anwendungsbeispiel der "smart bricks", die über ein Solarzellenpanel aufgeladen werden und die Energie an elektrische Geräte weitergeben können.

Nachhaltigkeit
Schlaue Steine

Das Mauerziegel nicht nur als Baumaterial, sondern zukünftig auch als Stromspeicher dienen könnten, zeigt eine aktuelle Studie der Washington University in St. Louis, Missouri.
von Anna Moldenhauer | 21.08.2020

Backsteine als Energiespeichereinheiten: Aktuell forscht eine Gruppe Wissenschaftler der Washington University in St. Louis, Missouri, an der Umwandlung von gewöhnlichen Mauerziegeln in Superkondensatoren. Das Ergebnis sind Ziegel, die Strom zügig speichern und wieder abgeben können. Assistenzprofessor an der Fakultät für Chemie Julio M. D'Arcy hat hierfür gemeinsam mit seinen Doktoranten und Studenten eine Polymerbeschichtung aus Nanofasern entwickelt, die leitfähig ist und sowohl die poröse Struktur des Ziegelsteins durchdringt, wie die Oberfläche mit einer dünnen Beschichtung versieht. Für die Umwandung zum "smart brick" sind die Eisenionen im Stein ausschlaggebend. "Das Pigment des Ziegels ist eine Form der Eisenkorrosion, die wir nutzen, um einen elektrisch leitenden Kunststoff herzustellen", so D'Arcy. Im Detail wird der Ziegel für den Prozess erhitzt und dabei Salzsäure ausgesetzt. Die strömenden Gase lösen die Eisenionen im Stein. Parallel verdampft ein Ethylendioxythiophen, dass in Verbindung mit den Eisenionen das leitfähige Polymer, kurz PEDOT, bildet. Im Ziegel eingeschlossen dient die Polymerbeschichtung dann als Ionenschwamm, der Elektrizität speichert und leitet. Mittels eines Epoxidharzes kann der feuerfeste Stein im Anschluss zudem wasserdicht und temperaturbeständig versiegelt werden. Welcher Ziegel leitfähig ist, lässt sich ganz einfach über die Farbe erkennen, denn durch das entstehende PEDOT verfärbt sich dieser im Wandlungsprozess dunkelblau. "Wir haben im Wesentlichen ein Baumaterial in einen Halbleiter umgewandelt", so D'Arcy. Um einen Stromfluss zwischen den Steinen mittels eines Zwei-Elektronensystems zu ermöglichen, reicht das anschließende Aufeinanderstapeln der Steine.

Das Ergebnis sind Ziegelsteine, die als Superkondensator dienen, also Energie zügig speichern und wieder abgeben – beispielsweise um Sensoren oder eine Notbeleuchtung mit Strom zu versorgen. Für die Aufladung der schlauen Steine dient die Sonnenenergie, wie über eine Solaranlage auf dem Dach des Gebäudes. Im aktuellen Stand der Forschung ist die Energiemenge, die die Steine speichern können, allerdings noch niedriger als die einer Lithium-Ionen-Batterie. "Wir arbeiten aktiv an der Erhöhung der Energiemenge, die in unseren Ziegeln gespeichert werden kann. Wenn wir es schaffen die Energiedichte um eine Größenordnung erhöhen, könnten mobile Geräte über die Ziegel mit Strom versorgt werden. Wir glauben, dass wir diesem Ziel nahe sind, denn die aktuellen Erkenntnisse in unserem Labor zeigen vielversprechende Ergebnisse", so D'Arcy. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit ist das entwickelte Polymer, ein Kunststoff, zwar nicht biologisch abbaubar, lässt sich aber laut Julio D'Arcy nach dem Ende des Lebenszyklus wieder vom Ziegel trennen. Beide Bestandteile könnten so möglichst umweltschonend weiterverarbeitet werden. Zudem lassen sich auch bereits recycelte Ziegel für die Umwandlung in neue "smart bricks" verwenden.