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Daniel Lescow

Mobilität
Völlig elektrisiert

Als erster Großserienhersteller hat smart den Benzinmotor in Rente geschickt und setzt ausschließlich auf Elektromobilität. Wie geht es jetzt weiter? Wir haben Daniel Lescow, Leiter Marken- und Produktmanagement smart, zum Interview getroffen.
von Fabian Peters | 16.10.2019

Fabian Peters: Ab diesem Jahr verkauft smart nur noch Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb. Wie bringen Sie diesen radikalen Schritt, den zuvor noch kein Großserienhersteller gewagt hat, im Design zur Ausdruck?

Daniel Lescow: Wir haben die Front des smart Fortwo völlig neugestaltet. Mit dem neuen Design kehren wir ein bisschen zu den Anfängen zurück: Statt des Kühlergrills mit dem Markenlogo steht jetzt wieder der ikonische smart-Schriftzug im Zentrum. Mit unserem Messestand auf der IAA 2019 haben wir versucht, die enorme Veränderung durch die Farbgebung besonders plakativ herauszustellen. Im Zentrum stand dabei "energizing yellow", wie wir es nennen. Ein weiteres wichtiges Gestaltungselement war das Rautenmuster, das sich durch den ganzen Stand zog. Es ist das gleiche, das auch bei der neuen Kühlerverkleidung des Fortwo erscheint. Und zukünftig wird es auch in unserer Werbung und bei unserem Webauftritt zu sehen sein. Mit dieser neuen und durchgängigen Formensprache wollen wir klarmachen, dass sich bei smart wirklich grundliegende Dinge getan haben.

Welche gestalterischen Änderungen waren beim smart Fortwo nötig, um ihn zu elektrifizieren?

Daniel Lescow: Zunächst: Der smart ist ja bereits seit 2007 mit elektrischem Antrieb verfügbar. Aber eigentlich ist das Besondere: Der smart war von Anfang an elektrisch gedacht. Deshalb ist seine Formgebung auch ideal für ein Elektroauto – durch den höheren Boden, die höhere Sitzposition und den "Bauchraum", der schon immer für eine Batterie gedacht war. Im Jahr 1998, als der erste smart vorgestellt wurde, war die Zeit noch nicht reif für diese Antriebstechnik. Aber diese Entwicklungsgeschichte erklärt, warum der smart für den elektrischen Antrieb nie großartig umgestaltet werden musste – auch jetzt nicht.

Viele Elektroautos sehen immer noch so aus, als hätten Sie einen Benzinmotor unter der Haube. Glauben Sie, dass der typische smart-Kunde innovationsfreudiger ist als der durchschnittliche Autokäufer?

Daniel Lescow: Auf jeden Fall. Und das bietet für uns in der Zukunft die Riesenchance, Käufer anzusprechen, die sich mit den traditionellen Aufbauformen nicht mehr wohlfühlen.

Zukünftig werden die smart-Fahrzeuge als Joint Venture zwischen Daimler und den chinesischen Autobauer Geely in einer neuen Fabrik in China produziert. Welche Kompetenzen bringt Geely bei smart ein?

Daniel Lescow: Wer in China, dem größten Markt für Elektrofahrzeuge, wirklich wachsen will, muss auch in China Fahrzeuge produzieren. Da wir aber mit mehreren Produktionsstandorten an Effizienz verlieren würden, heißt das im Umkehrschluss, die Produktion ganz nach China zu verlegen. Und das vorzugsweise mit einem Partner wie Geely, der vor Ort Zugriff auf ein Netzwerk an starken Lieferanten hat.

Wie wird sich smart über den Fortwo hinaus als Elektromarke aufstellen?

Daniel Lescow: Perspektivisch planen wir, oberhalb der Modellreihen Fortwo und Forfour ein weiteres Fahrzeug auf den Markt zu bringen. Dabei kommt unserer Partnerschaft mit Geely, mit dem gemeinsam wir dieses Fahrzeug entwickeln werden, eine entscheidende Bedeutung zu. Das neue Modell wird uns in die Lage versetzen, in einem Marktsegment mitzuspielen, dass vom Umsatzvolumen etwa sechsmal so groß ist. Dadurch können wir auch in ganz anderem Maße Skaleneffekte nutzen.

Daniel Lescow

Was ist Ihre Strategie, um zu erreichen, dass smart auch weiterhin als europäisches Produkt wahrgenommen wird?

Daniel Lescow: smart wird immer eine Marke sein, die in Europa geboren wurde. Dabei wird es aus meiner Sicht keinen großen Unterschied machen, wo dieses Fahrzeug letztendlich vom Band läuft. Für uns ist es wichtig, in den Vordergrund zu rücken, wofür die Marke steht und was die Marke vertritt.

Seit Jahren hält smart ja für seine Fahrzeugnutzer auch digitale Angebote bereit. Wie entwickeln sie diese Produkte weiter?

Daniel Lescow: 2016 haben wir das "smart lab" als einen Thinktank gegründet, der neue kreative Anwendungen entwickelt, um das Leben in der Stadt einfacher zu machen. Herausgekommen sind dabei Lösungen wie "ready to share", mit der smart-Besitzer ihr Fahrzeug mit Freunden oder ihrer Familie teilen können: Über die "Keyless Entry"-Funktion können sie ausgewählten Personen Zugang zum Fahrzeug mit ihrem Handy gewähren. Und die eingebaute Bezahlfunktion macht es anschließend möglich, Fahrtkosten abzurechnen. Der Besitzer kann aber natürlich auch "freie Fahrt" gewähren.
Derzeit entwickeln wir diese Sharing-Funktion als Partner im großangelegten Wohnprojekt "future living" in Berlin weiter. Das Projekt erprobt mit der Unterstützung namhafter Hersteller die Möglichkeiten des sogenannten "smart livings" – die Bewohner werden in ihrem Alltag durch vernetzte digitale Geräte und Funktionen unterstützt. smart betreut dabei das Closed Community Carsharing, für das insgesamt fünf elektrische smarts zur Verfügung stehen.

Wohnprojekt "future living" Berlin