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Die Überraschung steht im Zentrum

Beim neuen 25 Hours Hotel "The Circle" in Köln bleibt der Designer Werner Aisslinger dem Konzept treu und macht doch (fast) alles anders.
13.09.2018

"Wenn alles so wäre wie zu Hause, brauchte man nicht im 25 Hours übernachten!" beschreibt Werner Aisslinger den Anspruch der mittlerweile international agierende Hamburger Hotelkette. Und so stand der Designer auch bei seinem jüngsten Streich, dem 25 Hours "The Circle" in Köln, vor der Herausforderung, dem Haus einen ganz besonderen Spin zu verleihen. Wie bereits bei seinem furiosen 25 Hours im Bikini-Haus am Berliner Zoo war der Designer in Köln wieder mit einem denkmalgeschützten Gebäude der Nachkriegsmoderne konfrontiert. Doch der Gegensatz zwischen den beiden Bauten ist augenfällig. Das 1955 bis 1957 entstandene Bikini-Haus knüpfte mit seiner lichten und filigranen Anmutung unmittelbar an die Avantgarde der Weimarer Republik und die neuesten Entwicklungen in den USA an. Das von Franz-Heinrich Sobotka und Gustav Müller zwischen 1961 und 1966 errichtete ehemalige Verwaltungsgebäude des Gerling-Konzerns in Köln steht dagegen Traditionslinie einer sehr gemäßigten Moderne. Mit seiner Lochfassade aus Muschelkalk und mit seinen schweren Volumina atmet der Bau jene Gediegenheit, die die Versicherungsgesellschaft sich schuldig zu sein glaubte – Repräsentationsarchitektur des bundesdeutschen Wirtschaftswunders. "Etwas piefig" in den Augen von Werner Aisslinger. Als er mit seinem Team anfing, sich das Konzept für das neue Hotel zu überlegen, kam man schnell zu dem Schluss, dass man gegen diese Atmosphäre ein wenig anarbeiten wollte. Die Anmutung sollte aufregender sein, von der noch ungebrochenen Zukunftsgläubigkeit und Technikbegeisterung der 50er und 60er Jahre erzählen. James Bond und Science-Fiction standen Aisslinger beim Entwurf vor Augen. Der außergewöhnliche Grundriss des Gebäudes spielte ihm dabei in die Karten. Sobotka und Müller hatten um ein gewaltiges kreisrundes Foyer einen achtstöckigen Bürobau in Form eines Dreiviertelkreises gelegt. Diese Architektur, besonders das runde Foyer mit seiner aufregenden Deckengestaltung, besaß bereits eine gewisse Geistesverwandtschaft mit den berühmten Bond-Filmsets von Ken Adam.

Die runde Form findet sich auch in zahlreichen der Möbelentwürfe wieder, die Werner Aisslinger für das Hotel entworfen hat: bei der Outdoormöbelserie "Cirql", die zukünftig von Dedon in Serie produziert werden wird, ebenso wie bei der Sesselfamilie "Geo", die demnächst bei Cappellini erscheint. Überhaupt begeistert sich Aisslinger zunehmend für geometrische Elementarformen – für ihn ein Mittel, für den Benutzer ein Gegengewicht zur immer weiter zunehmenden Komplexität der Umwelt zu schaffen. Was der Designer dagegen nicht wollte war, die Zeitstimmung der 1950er und 1960er Jahre durch Vintagemöbel zu "implantieren". Es müsse möglich sein, meint Aisslinger, auch ohne echte und falsche "Fundstücke" ein Umfeld zu schaffen, dass Lebendigkeit statt Sterilität ausstrahlt. Es sei vielleicht seine Herkunft aus dem Produktdesign, vermutet er, die bisweilen zu einem allumfassenden Gestaltungswunsch bei seinen Architekturprojekten führten. "Letztendlich ist Arne Jacobsens SAS-Hotel in Kopenhagen, bei dem er bis hin zum Wasserhahn alles entworfen hat, immer das Vorbild."

Auch die Gästezimmer im 25 Hours sind weit weg von jedem Kettenhotel-Einerlei und verraten deutlich die Handschrift Werner Aisslingers. "Wir haben uns auf die zentralen Themen der Hotelübernachtung konzentriert: Schlaf und Körperpflege." Deshalb sollte das Bad auch mehr sein als eine vorgefertigte Nasszelle, wie sie selbst in Spitzenhäusern immer noch den Standard darstellen. "Das Bad soll in das Zimmer hineingezogen werden." Im kleineren der beiden Zimmertypen fehlt eine Unterteilung fast vollständig. Um ein großzügiges Raumgefühl zu erreichen, wurde zudem auf große Volumina als Stauraum im Zimmer verzichtet. Stattdessen arbeitet Aisslinger mit einer raffinierten Multifunktionswand aus Stangen und Haken sowie einem "Wohn-Rack", einer Metallstele, die verschiedene Boxen trägt. In den größeren Zimmern trennt ein hölzerner Lamellen-Paravent als Betthaupt den Badbereich ab. Dieser nimmt fast die halbe Grundfläche des Raumes ein und unterstreicht die Wichtigkeit, die Aisslinger dem Bad bei der Hotelübernachtung zumisst. Schließlich nutze längst nicht jeder Gast das Restaurant, die Bar oder den Spa – aber jeder das Bad. Und letztendlich geht es auch darum, das Besondere der 25 Hours-Hotels zu vermitteln. "Das zentrale Gasterlebnis soll hier immer die Überraschung sein", sagt Aisslinger. "Das Zimmer muss im Kopf bleiben, auch wenn man spät kommt und früh morgens auscheckt."