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Alles Mini oder Mode als Auto
Im Gespräch: Annette Baumeister
02.08.2013
Annette Baumeister ist bei Mini Design-Leiterin für Material und Farbe - und verpasst den Minis gerne mal einen modischen Anstrich wie hier beim Konzept-Mini "Vision". Foto © BMW Group

Zu Besuch bei „Mini“ in München. Adrian van Hooydonk, der Chefdesigner der BMW-Group, hat für rund 60 Journalisten aus aller Welt den Sitz des Mini-Design-Teams am BMW-Stammsitz geöffnet, damit sie, wie er sagt, einen Blick auf das „Herz“ von Mini werfen und mit den Mini-Designern und ihrer Arbeit auf Tuchfühlung gehen zu können. Neben Anders Warming, dem dänischen Design-Chef von Mini, sind Oliver Sieghart (Head of Interior Design Mini) und Annette Baumeister (Head of Color & Trim) für das Outfit von Mini verantwortlich. Martina Metzner, Stylepark, hat mit der studierten Textildesignerin Annette Baumeister über neue Leichtbaumaterialien, Fashion-Farben und über das neu vorgestellte Concept-Car „Mini Vision“ gesprochen.

Martina Metzner: Was steht bei der Weiterentwicklung des Mini für Sie ganz oben auf der Agenda?

Annette Baumeister: Wie wir es bei der Präsentation des „Mini Vision“ gesehen haben: Leichtbaumaterialien. Das sind Materialien wie das sogenannte „Organoblech“, wie sie durch neue Technologien überhaupt erst möglich geworden sind. Organoblech ist nicht nur ein leichtes Material, es ist auch sehr schön, hat eine wundervolle Struktur, wirkt ein wenig stofflich. Wir setzen das gerne im Materialmix ein, also in Kombination mit anderen Stoffen.

Bei der Präsentation des „Mini Vision“ war viel von der „Heritage“ des Mini die Rede. Immer wieder fiel das Wort „Ikone“. Was bedeutet das hinsichtlich der Materialien, die sie verwenden?

Baumeister: Wir versuchen, an das alte Mini-Feeling anzuknüpfen, indem wir zum Beispiel cleanes, pures Blech verwenden, oder hin und wieder auch Holz. Holz war nie ganz aus dem Automobilbau verschwunden. Es wird nun aber neu interpretiert. Gerade diese klassischen Materialien erleben ein Revival, aber wie gesagt, neu interpretiert.

Der Mini setzt mehr als andere Autos auf Lifestyle. Welche Ingredienzen gehören für Sie und Ihr Team zum Lifestyle à la Mini?

Baumeister: Nehmen wir die Sonderedition „Bond-Street“ des Mini. Bei dieser geht es vor allem um die Details. Wir bei Mini lieben Details. Also spielen wir zum Beispiel mit einem Capuccino-Braun als Akzent-Farbe, an den Rückspiegeln, auf den Radkappen oder als „Piping“, als Biese oder Paspel an den Sitzen. Das ist keine Zauberei, aber das wirkt! Wir setzen uns ein Thema als Basis, ähnlich wie bei einer Modekollektion. Eben wie „Bond Street“ – und darauf bauen die Details auf. Bei einem anderen Mini kann das beispielsweise das Muster des Union Jack, der englischen Flagge auf dem Sitz sein. Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit solchen Themen, die wir bis ins kleinste Detail durchdenken.

Sie sind studierte Textildesignerin. Wie viel Fashion steckt in einem Mini?

Baumeister: Sehr viel! Mini steht für Farbe, für Trends! Dabei orientieren wir uns, was Mode angeht, allerdings an modernen Klassikern. Wir sind nicht schrill. Ganz konkret heißt das: Wir denken an britische Klassiker wie Paul Smith oder an klassische Muster wie Tartan oder Fischgrat, interpretieren das dann aber gern mit neuen, frischeren Farben. Oder wir setzen auf einen Mustermix. Was immer wir aufgreifen, es muss einen England-Touch haben. Und es muss hochwertig aussehen.

Rot-Weiß war die klassische Farbkombination des alten Mini Coopers. Welche Farben stehen heute für Mini?

Baumeister: Gehen Sie nach England, so sehen Sie viele Minis in Knallblau und Knallrot. Einige haben auch den Union Jack auf dem Dach. Die Deutschen dagegen mögen eher unbuntere Farben. „Pepper White“ ist so eine, die sie in Deutschland oft sehen. Oder sie setzen farbige Highlights wie das Dach in „Chilly Red“ beim Mini John Cooper Works. „Chilly Red“ wird extrem häufig mit Mini verbunden. Mein Wunsch wäre, dass auch neuere Farben wie „Iced Blue“, diese Eiscremefarben, die aber nicht zu klar, sondern leicht angegraut sind, für Mini stehen.

Gibt es im Autodesign bestimmte Farben, die als typisch „maskulin“ oder „feminin“ gelten?

Baumeister: Das würde ich nicht unbedingt sagen. Wir entwerfen auch nicht für eine bestimmte Zielgruppe, sondern für sehr unterschiedliche Leute. Die Farben entwerfen wir eher nach dem Charakter des Autos, ganz gleich, welche Farbe gerade angesagt ist. Ob nun ein grünstichiges Gelb oder ein grünstichiges Rot gerade „in“ ist – im Moment sind es ja solche Neon-Farben. Die bekommen wir aber nicht farbecht hin, da uns dafür die Pigmente in den Lacken fehlen – allerdings wäre uns Neon auch zu modisch. Schon eher geht da ein „Burned Orange“.

Und welche Farbe hat ihr eigener Mini?

Baumeister: Ich muss gestehen, dass ich nach langer Zeit mal wieder einen Schwarzen fahren werde.

In den letzten Jahren ist Mattlack als Variante ins Spiel gekommen. Gibt es eine solche Lackierung auch für Minis?

Baumeister: BMW macht das sehr erfolgreich. Dort unterliegt es aber anderen Bedingungen. Wir bei Mini haben es mit Formen zu tun, die durch glänzenden Lack besser zur Geltung kommen. Sehen sie sich nur die Oberkante der Tür des Minis an: Sie ist abgerundet und bekommt durch die Lichtbrechung im Lack eine besonders runde Form. Von daher hatte ich noch nicht das Bedürfnis, Mattlack zu verwenden. Es gibt aber auch beim Mini matte Flächen, beim Dach etwa oder bei den Felgen.

Wo kommt Farbe – außer an der Karosserie – noch in Einsatz?

Baumeister: An den Dekorflächen im Innenraum, an den Nähten der Sitzpolster. Im Grunde überall da, wo das Auge oft hängen bleibt. Und wo wir mittels Farbe kleine Highlights setzen können.

Adrian van Hooydonk und Anders Warming verweisen immer wieder auf das „Iconic Design“ des neuen Mini, der 1999 erstmals auf den Markt kam. Nun steht hier im Designcenter auch ein alter Mini Cooper. Gibt es denn so etwas wie eine Sammlung vor Ort? Ein Archiv, an dem Sie das Mini Design studieren können?

Baumeister: Es gibt verschiedene Quellen, unter anderem haben wir im Werk Oxford in England die Möglichkeit, viel über die Geschichte von Mini zu erfahren. Unser Team war da auch schon einmal. Hier in München gibt es auch ein Archiv das stetig ausgebaut wird, in dem wir auch diverse MINI Classic Modell aufbewahren.

Kommen wir auf den „Mini Vision“ zu sprechen. Welchen Anteil haben Sie an seiner Entwicklung? Was wollten Sie ausprobieren?

Baumeister: Zunächst muss man sagen, dass wir uns beim „Mini Vision“ einer völlig neuen Art der Präsentation bedienen. Erstmals haben wir kein Modellauto vorgestellt, sondern ein visuelles 3-D-Modell. Neu für uns war das Thema „Organoblech“, also das Thema „Leichtbaumaterialien“. Neu ist auch das Gestalten im „inside-out“-Konzept. Das heißt, es gibt Materialien, die im Innenraum ebenso wie bei der Karosserie eingesetzt werden. Wie eben das Organoblech. Es wird zur Innenverkleidung der Türen eingesetzt und zieht sich dann nach außen über den Außenspiegel bis auf die Motorhaube.


www.mini.de

Die Konzept-Studie "Mini Vision" zeigt mehr Dynamik im Design als seine Vorgänger - bleibt der Mini-Linie aber trotzdem treu. Foto © BMW Group
Video © BMW Group