Ob in Gestalt des Renn-Prototyps „T 33/2“ oder in der des keine zwanzigmal gebauten „Stradale“ – viele halten den „Tipo 33“ der Jahre 1967 bis 1977 für den schönsten Alfa Romeo aller Zeiten. Das Grundrezept und so manchen Karosserieschwung des von Franco Scaglione gezeichneten „Stradale“-Mittelmotorwagens mit Schmetterlingstüren erkennt man heute in Modellen wie dem (aktuellen) „4 C“ und dem (nicht mehr angebotenen) „8 C“ wieder, Sportwagen, mit denen Alfa an glorreiche Zeiten anzuknüpfen hofft. Oder nehmen wir den nur in zwei Exemplaren gebauten „C52 Disco Volante-Spider“ von 1952, der nicht allein bei Jaguar beeindruckt haben dürfte, sondern auch 60 Jahre später in einer von der Carrozzeria Touring Superleggera gestalteten Kleinserie auf Basis des „8 C“ seine exklusive Wiederauferstehung feierte.
Der „C 52“, die „fliegende Untertasse“, liefert die entscheidenden Stichworte: Erstens, weil schon ihr Name auf das automobile „Weltraum“-Design anspielt, das damals vor allem in den Vereinigten Staaten grassierte. Zweitens, weil die „Disco Volante“ mit ihrem außergewöhnlichen Strömungswiderstandskoeffizient (Cw-Wert) von 0,30 zugleich an die aerodynamischen Erkenntnisse des Stromliniendesigns anknüpfte. Und drittens, weil die drei „B.A.T.“-Studien zu einem Nachfolger der Untertasse führen sollten, aber singuläre Erscheinungen geblieben sind.
Entstanden sind die drei unter der Bezeichnung „Alfa Romeo Berlinetta Aerodinamica Tecnica“, kurz „Alfa Romeo B.A.T.“, bekannt gewordenen Fahrzeugstudien – heute würde man von Showcars sprechen – nach Entwürfen des italienischen Flugzeugkonstrukteurs und Fahrzeugdesigners Franco Scaglione (der später den „33 Stradale“ entwarf) in Kooperation mit dem Karosseriedesigner Guiseppe („Nuccio“) Bertone, dem Sohn des Gründers der Karosseriebaufirma Bertone. Bestaunt werden konnten sie bei Autoschauen in den Jahren von 1953 bis 1955. Basierend auf Fahrgestellen des Alfa Romeo „1900 Super Sprint“, handelt es sich um reine Designstudien.
Bis heute sind die Karosserien der Fahrzeuge mit den Typbezeichnungen „B.A.T. 5“ (1953), „B.A.T. 7“ (1954) und „B.A.T. 9“ (1955) – die Zahlen 5, 7 und 9 sind die von Alfa Romeo vergebenen Werksstudiennummern – aufgrund ihrer Stromlinienform und ihren exaltierten Flossen definitiv ein Hingucker. Alles an ihnen wirkt wie ein Vorblick auf eine neue, technisch bestimmte Zukunft. Gleichwohl wird das rein Technische nicht als Selbstzweck begriffen, sondern nach ästhetischen Gesichtspunkten gestaltet.
Bereits der „B.A.T. 5“ erreichte Cw-Werte zwischen 0,19 und 0,21 und eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 200 Stundenkilometer. Die Cw-Werte des „B.A.T. 7“ waren noch niedriger. Optisch kernzeichnend für den Typ 7 sind vor allem die überdimensional großen, abgerundeten Heckflossen. Der 2008 nachgeschobene „B.A.T. 11“ hingegen wirkt kantiger, in der Form weniger fließend und in der Nachfolge des New-Edge-Designs folglich nicht annähernd so elegant und weniger innovativ. Allein schon wegen ihrer Typbezeichnungen, aber auch wegen ihrer extravagant geformten Flossen werden die „B.A.T.“-Fahrzeuge häufig auch als „Batmobile“ bezeichnet
Die italienischen Futuristen hatten die Tür zu einer Maschinenästhetik aufgestoßen und der Dynamik und Geschwindigkeit des Fahrens und Fliegens gehuldigt. Bereits in den 1920er und 1930er Jahren wurden Stromlinienfahrzeuge entwickelt, bei denen die im Flugzeugbau gewonnenen aerodynamischen Erkenntnisse umgesetzt wurden. Es gab Stromlinienautos, Stromlinienbusse, Stromlinienmotorräder, Stromlinienlokomotiven und Stromlinienzüge. Die damals entwickelten Formen konnten sich wegen ihrer praktischen Nachteile mit wenigen Ausnahmen aber nicht durchsetzen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg suchten viele in der militärischen Luftfahrt tätige Ingenieure und Gestalter nach neuen Aufgaben. Über dem Atlantik war die Dynamik des Aufbruchs in neue Sphären in den Fifties ungebrochen. Der Wunsch, den Himmel zu stürmen, kehrte, wenn auch demokratischer und weniger martialisch, ebenso stürmisch wie spielerisch wieder. Vernarrt in Düsenjets und Raketen wie die Ingenieure nun einmal waren, hatte in den Designstudios und Showrooms der amerikanischen Automobilindustrie das „Space Age“ bereits lange vor dem Sputnik-Schock vom Oktober 1957 begonnen. Im Wettlauf der politischen Systeme Richtung Weltraum würde es schon bald epidemische Züge annehmen.
Aus dieser Perspektive betrachtet, sind die drei „B.A.T.“-Studien gewissermaßen Alfa Romeos Antwort auf die von einer Gasturbine angetriebenen „Firebird“-Studien I-III von General Motors, bei denen sich das Stromliniendesign der dreißiger Jahre mit dem Rocket-Design der frühen Fünfziger verband, als wolle man den Drang ins Vertikale in die Horizontale der Straße umleiten. Doch während das Ergebnis bei den Amerikanern technoid wirkt, beharren die Italiener darauf, fahrende Skulpturen für eine neue Zeit zu entwerfen.