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Seid umschlungen!

Der Architekt Bruno Dias hat in der portugiesischen Kleinstadt Ansião ein Wohnhaus mit einem bemerkenswerten Innenhof geschaffen, bei dem er Intimität und Strenge bravourös in Einklang bringt.
13.10.2017

Wenig weist darauf hin, an diesem Ort aufsehenerregende Architektur vorzufinden; nicht die Stadt selbst – Ansião, eine 2800-Einwohner-Gemeinde irgendwo zwischen Lissabon und Porto –, nicht die unauffällige Straße, nicht das kleine Wohnhaus unbestimmten Alters, das den Besucher zunächst empfängt. Das Bemerkenswerte versteckt sich dahinter: Ein schneeweißer, eingeschossiger Anbau, den der Architekt Bruno Dias entworfen hat. L-förmig verlängert er das Bestandsgebäude, so dass ein großer, zu einer Seite offener Hofraum entsteht. 

Hier gelingt Dias mit einfachen architektonischen Mitteln ein eindrucksvoller Effekt. Der Architekt schreibt in diese rechteckige Fläche ein Oval ein, indem er den hofseitigen Dachüberstand seines Anbaus vor- und zurückschwingen lässt. Zusätzlich führt Dias mit einer kurzen Mauerzunge diese Bewegung auch noch ein kurzes Stück um die Ecke zur offenen Hofseite herum. Der Effekt ist verblüffend: Der Hofraum bekommt eine ungeahnte Intimität und umfängt das Innere regelrecht. Der Dachüberstand zeichnet indes ein lebhaftes Schattenspiel in die Raume und schützt an seinen besonders weit auskragenden Bereichen die Terrasse. Die Mauerzunge verleiht der Fassade Tiefe und Plastizität. 

Die verwendeten Materialien und Bauelementen sind hingegen äußerst zurückhaltend: Weiße Putzflächen stellen die Verbindung zum Altbau her und rechteckige bodentiefe Fenstertüren in sorgsam austarierten Abmessungen schaffen Verbindungen zwischen Haus und Hof. Nahtlos reiht sich Bruno Dias mit diesem Entwurf in die Tradition der portugiesischen Moderne ein, bei der die Symbiose vom Originalität im Grundriss und Schlichtheit in der Einzelform fast eine Art Markenzeichen ist. (fap)