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Anruf aus der Zukunft
Anna Moldenhauer: "Calling the future" markiert das 50-jährige Firmenjubiläum, indem es eine Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schafft. Welche Rolle spielt dabei eine Telefonzelle aus den 1970er Jahren?
Roberto Caspani: Die Telefonzelle aus den 70er Jahren ist ein Symbol für eine Zeitreise zwischen Tradition und Innovation. Es gibt eine zeitliche Verbindung zu dem Jahrzehnt, in dem Cleaf gegründet wurde, nämlich 1975, aber auch eine bedeutungsvolle Verbindung. In den 70er Jahren diente die Box dazu, Menschen über das Telefon miteinander zu verbinden. In diesem Jahr präsentieren wir neue Funktionen, die Menschen wieder miteinander verbinden werden. Damit möchten wir die Botschaft vermitteln, dass wir und unsere Materialien uns an Veränderungen anpassen können und so die Welt um uns herum verschönern.
Calvi Brambilla & Partners: Die gelbe SIP-Telefonzelle aus den 1970er Jahren ist das Herzstück von "Calling the Future" – ein vertrautes Designobjekt voller Geschichte, das als zeitgenössisches Symbol der Verbindung neu interpretiert wurde. Damals bedeutete Kommunikation, an einem bestimmten Ort zu sein und sich Zeit zu nehmen, um Kontakt aufzunehmen – es war bewusst, sogar ein wenig rituell. Die Telefonzelle fängt diesen Geist ein und verwandelt ihn in eine poetische Erinnerung an den menschlichen Kontakt. In der Installation haben wir ihr eine neue Bedeutung gegeben: von einer kulturellen Ikone der Vergangenheit zu einem Leuchtfeuer, das Menschen dazu einlädt, die Zukunft "anzurufen" – ein Gespräch über die Zeit hinweg zu beginnen. Als überdimensionale DJ-Kabine wird sie zu etwas Lebendigem und Performativem – sie wandelt sich von einem Stück Alltagsgeschichte zu einem kühnen Ausdruck dessen, was kommen wird.
Das Konzept umfasst drei Projekte. Was genau beinhalten diese?
Roberto Caspani: Die Event-Installation von Calvi Brambilla & Partners im Pirelli HangarBicocca spielt mit der Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ein sehr langer, geschwungener Tisch verläuft zwischen den "Sieben himmlischen Palästen", einem permanenten Werk von Anselm Kiefer, das den Wunsch symbolisiert, Menschen miteinander zu verbinden, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Der lange Tisch und 300 Stühle wurden speziell unter Verwendung einiger Texturen von Cleaf entworfen. Die Zukunft wird dann durch ein DJ-Set repräsentiert: Der DJ-Pult ist in einer überdimensionalen Telefonzelle aufgebaut, während im Hintergrund Visuals projiziert werden, die aus den Karten erstellt wurden, die die Texturen der Cleaf-Oberflächen charakterisieren. Die Installation von Vudafieri-Saverino Partners für den Unternehmensshowroom CCube verwandelt die ikonische SIP-Telefonzelle aus den 70er Jahren in einen urbanen Unterschlupf im Zeitalter des Smartphones. Eine neue Art, gemeinsamen Raum durch kollektive oder private Interaktionen zu erleben. Im Zentrum des von Bestetti Associati für den Salone del Mobile.Milano entworfenen Standes lädt eine Telefonzelle dazu ein, anzuhalten und über einen temporären Anrufbeantworter eine Nachricht für morgen zu hinterlassen. Die Telefonzelle befindet sich im Herzen eines Labyrinths, das inmitten von Geräuschen, Bildern und Gebäuden an das Chaos der Stadt erinnert. Ein Konzept, verschiedene Projekte, drei unterschiedliche Zeiträume – eine Nacht, eine Woche, ein Jahr – drei verschiedene Architekturbüros.
Menschen zusammenzubringen, um die Zukunft zu gestalten, ist einer der Kernpunkte der Installation. Wie haben Sie dies in diesem besonderen Raum des Pirelli HangarBicocca erreicht?
Calvi Brambilla & Partners: Die Installation wurde als bewohnbarer Raum konzipiert, nicht nur als etwas, das man betrachtet. Anstelle einer traditionellen Einrichtung wirkt sie wie eine gemeinsame Landschaft – etwas, durch das man sich bewegt, in dem man sich hinsetzt und Teil davon wird. In der dramatischen Kulisse von Anselm Kiefers "Die sieben himmlischen Paläste" durchzieht ein langer, geschwungener Tisch den Raum und lädt die Menschen ein, sich zu versammeln, zu unterhalten und zusammenzubleiben. Um ihn herum stehen 300 Stühle – alle mit Cleaf-Oberflächen – wie ein stilles Publikum, bereit, sich an den Gesprächen zu beteiligen. Auch Licht und Größe spielen eine große Rolle. Aus der Dunkelheit ragt die leuchtend gelbe Telefonzelle hervor, umgeben von hundert kleinen Laternen, die von ihrer Form inspiriert sind. Letztendlich wirkt die gesamte Installation wie eine Art Bühne für Begegnungen – wo Materialien, Erinnerungen und Ideen zusammenkommen.
Roberto Caspani: Die Textur "Matrice" ist eine Neuinterpretation der historischen Matrix, die ursprünglich aus sandgestrahltem Lärchenholz entstand. Das Design wird durch nicht lineare, sondern dynamische und wie von Hand unterbrochene Kanäle zeitgemäßer gestaltet. Der optische Effekt ist eine matte Oberfläche, die durch glänzende Mikroporen hervorgehoben wird. Die Haptik erinnert an eine organische Substanz. Die Textur Nebulosa zeichnet sich durch eine Reihe glänzender Mikrodetails aus, die einen Kontrast zur Opazität des Hintergrunds bilden. Der finale Effekt erinnert an die interstellaren Ansammlungen von Staub, Wasserstoff und Plasma, von denen sie ihren Namen hat. Eine dynamische Oberfläche, die sich extrem weich anfühlt.
Die Oberflächenmaterialien sind sehr vielfältig. Warum ist das für Sie wichtig und wie hat Calvi Brambilla dies in die Installation integriert?
Roberto Caspani: Mit mehr als 60 Texturen, die mit 600 Dekorpapieren kombiniert werden können, ist die Anzahl der Produkte in unserem Sortiment in unserer Branche einzigartig und definiert, wer wir sind. Wir müssen unsere Kunden zunehmend beraten, um ihnen zu helfen, das zu finden, was sie brauchen, und ihnen interessante Alternativen vorschlagen. Die Idee, die Kollektion in vier Materialeffekte zu unterteilen – Holz, Metall, Stoff, Stein – ist Teil dieses Ansatzes. Es ist eine gemeinsame Anstrengung von Forschung und Entwicklung, Marketing, Vertrieb und Produktion.
Calvi Brambilla & Partners: Für uns geht es beim Oberflächendesign nicht nur um die Oberflächenbeschaffenheit, sondern darum, wie Menschen mit Räumen interagieren. Als wir mit der Arbeit an der Installation begannen, sahen wir in der breiten Palette an Texturen von Cleaf eine Art Werkzeugkasten: Jede Oberfläche bietet eine andere Möglichkeit, Stimmung, Identität und Atmosphäre zu gestalten. Diese Vielfalt wollten wir greifbar machen. Deshalb haben wir den langen Tisch als eine Art Material-Zeitleiste gestaltet – eine lineare, taktile Präsentation des Designvokabulars von Cleaf. Jede Entscheidung war bewusst getroffen und spielte mit Kontrasten, Rhythmus und räumlichen Fließbewegungen. Die digitalen Projektionen auf der großen LED-Wand am Eingang fügten eine weitere Ebene hinzu: Wir wählten ihre Texturen aus und interpretierten sie neu, verwandelten Oberflächenmuster in bewegte Bilder – und übersetzten so das Physische in eine Atmosphäre, Materie in Bilder.
Das Team von Calvi Brambilla & Partners arbeitet interdisziplinär. Inwieweit war dies in Ihrer Zusammenarbeit mit Cleaf spürbar?
Calvi Brambilla & Partners: Die Zusammenarbeit mit Cleaf war eine echte Übung in Interdisziplinarität – nicht nur als Konzept, sondern als etwas, das wir während des gesamten Projekts gelebt und weiterentwickelt haben. Wir bewegen uns ganz natürlich zwischen Architektur, Storytelling und Szenografie, und dieser fließende Ansatz hat uns geholfen, eine Installation zu schaffen, die sowohl vielschichtig als auch stimmig wirkt. Das zeigt sich besonders in der Ausgewogenheit zwischen Form und Bedeutung: Der geschwungene Tisch ist nicht nur eine skulpturale Geste, sondern auch funktional und einladend. Gleichzeitig verbinden die akustischen und visuellen Elemente Technologie mit Emotionen und schaffen so ein multisensorisches Erlebnis. All diese unterschiedlichen Designsprachen unter einer gemeinsamen Vision zu vereinen, war entscheidend dafür, dass das Projekt als Ganzes wirkt und Sinn ergibt.
Welche Aspekte sind derzeit für die Gestaltung der Zukunft von Cleaf am wichtigsten?
Roberto Caspani: Die Fähigkeit, Menschen mit sehr unterschiedlichen Kulturen und Ansätzen miteinander zu verbinden und ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln, bleibt der Schlüssel für die Zukunft.