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MICROLIVING
Gebaute Collage

Beim Projekt "Sechs Häuser und ein Garten" hat Fala Atelier zwei Gebäude in Porto in sechs Mikro-Apartments umgewandelt, die durch eine poetische Komposition überzeugen.
von Alexander Russ | 17.01.2022

Als "Instagram-Architektur" könnte man die Gebäude von Fala Atelier bezeichnen. Das Architekturbüro aus Porto, das 2013 von den beiden Portugiesen Filipe Magalhães und Ana Luisa Soares zusammen mit dem Schweizer Ahmed Balkhodja gegründet wurde, hat mittlerweile ein beachtliches Portfolio vorzuweisen. Bei den Projekten handelt es sich meistens um Wohngebäude und Sanierungen – allesamt kleine bis mittlelgroße architektonische Interventionen, denen fein konstruierte und poetisch anmutende Kompositionen zugrunde liegen. Dabei gibt es wiederkehrende Elemente in ihrer Architektur, die von grafisch angelegten Farbflächen über die Gegenüberstellung von Materialien wie Beton und Marmor bis hin zu komplexen Geometrien reichen. Hinzu kommen filigrane Säulen als Teil der grafischen Inszenierung oder runde Fenster, die den Einfluss der Postmoderne verdeutlichen.

"Fala" heißt im übrigen "Rede" – und so könnte man Fala Atelier auch als "Sprachatelier" übersetzen. Das erinnert an Charles Jencks und dessen Buch "The Language of Postmodern Architecture" oder die ikonischen Skizzen von Robert Venturi. Letzterer ist mit seinem Vanna Venturi House auch eine unübersehbare Referenz des Trios. Die Kommunikation über Bilder beherrschen Filipe Magalhães, Ana Luisa Soares und Ahmed Balkhodja jedenfalls schon ganz gut: Ihr Markenzeichen sind verspielte Collagen als perfektes Futter für die sozialen Medien, die auf fast unwirkliche Weise das spätere Resultat trotz aller Abstraktion vorwegnehmen. Das gilt auch für das Projekt "Sechs Häuser und ein Garten", wo Fala Atelier zwei Bestandsgebäude in der dichten urbanen Textur der nördlichen Innenstadt von Porto saniert und in Mikro-Apartments umgewandelt hat.

Die Erschließung erfolgt von der Straße über ein Tor, durch das man mittels einer Passage in den Garten tritt. Dort trifft man auf eine Zeile und ein einzelnes Häuschen, das direkt an den Bestand andockt. Zusammengenommen beherbergen sie sechs kleine Miet-Apartments mit jeweils eineinhalb Geschossen auf einer Gesamtfläche von 190 Quadratmetern, die in einzelne Häuser unterteilt um den gemeinsamen Garten gruppiert sind. Den Häusern ist eine durch dünne Stützen gegliederte Kolonnade vorgelagert, die von einem filigranen Blechdach überspannt wird. Zur Rhythmisierung der Architektur tragen auch die grün gestreiften Schlagläden und die dunklen, kaminförmigen Oberlichter bei, die das helle Blechdach durchdringen. Beim Betreten der Apartments tritt der collagenhafte Charakter der Architektur dann vollends zutage: weiße Wände treffen auf polierte blaue Marmorböden, rohe Betondecken und Holztüren mit einem comicartigen Türknauf.

Eine steile Treppe führt von dort hinauf ins Schlafzimmer, das als Raum im Raum in das Volumen eingehängt wurde. Die kreisrunde Öffnung zum Luftraum stellt den Bezug zum darunterliegenden Ess- und Wohnbereich dar, während die komplexen Geometrien, die sich aus dem polygonalen Grundriss des Schlafzimmers und dem darüber liegenden Pultdach ergeben, durch die rosa gestrichene Decke zusätzlich akzentuiert werden. Wie auch bei den anderen Projekten des Fala Atelier überrascht der hohe Abstraktionsgrad der tatsächlich gebauten Architektur. Das liegt unter anderem am spielerischen und fast schon kindlichen Charakter der jeweiligen Details, wie etwa den rosa lackierten, halbkreisförmig geschwungenen MDF-Platten unterhalb des Dachüberstands der Kolonnade. Der zur Schau getragene Manierismus passt dabei perfekt in eine digitale Bilderwelt, in der die unterschiedlichsten Referenzen bunt miteinander gemischt werden. Ganz neu ist das natürlich nicht, wie die generelle Wiederentdeckung der Postmoderne in den letzten Jahren verdeutlicht. Zudem muss sich zeigen, ob der Ansatz des Büros auch bei größeren Projekten funktioniert. Eine Lieblingsaufgabe hätten die drei auf jeden Fall schon: eine Schule oder einen Kindergarten zu entwerfen.