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Der Tisch, die Auflage, das Design und seine Auktionen
von Nancy Jehmlich | 21.05.2008

Im Jahr 2003 entwickelte das Büro Kram/Weisshaar – der eine IT-Experte, der andere Produktdesigner – in Zusammenarbeit mit Stylepark ein Projekt, bei dem ein Tisch von einer speziellen Software entworfen wird. Die von den Designern entwickelte Software liefert unter bestimmten Parametern ein Modell des Breeding Tables, oder vielmehr die Schnittmuster für eine CNC-Fräse, die den Tisch herstellt. Seinen ersten Auftritt hatte der Tisch Anfang 2005 in Köln bei Stylepark in Residence, damals noch als Serie 0 im Testbetrieb, um die Prototypen zu optimieren. Im April ging es nach Mailand, zum Salone. Später landete der Tisch bei der Firma Moroso. In einer ersten Produktionsserie wurden tausend verschiedene Tische generiert. Jeder Tisch mit einer Nummer, jeder Tisch ein Unikat, das jedoch durch seine „gefalteten“ Metallbeine eindeutig als Breeding Table erkennbar blieb. Doch die Software war auf Varietät, nicht auf Wirtschaftlichkeit bedacht, so dass Moroso, wo man eine Produktion der Tische plante, zwei Entwürfe auswählte, diese optimierte und unter den Namen „T-Countach“ verkauft. Die restlichen 998, vorerst auf Papier entstandenen Entwürfe, landeten nicht etwa im Papierkorb. Kram und Weisshaar nahmen die Herausforderung an und produzieren die Tische in eigener Regie. Auf Wunsch kann auch bei Moroso ein individueller Tisch bestellt werden. In der Zwischenzeit war der Tisch in Tokio und Paris, wo er Teil der ständigen Ausstellung für Kunst und Design im Centre Pompidou ist. Im August 2008 wird er in Schweden zur Eröffnung des Kunstforums Färgfabriken North zu sehen sein.

Design boomt und so haben auch die Auktionshäuser die Designsparte seit ein paar Jahren für sich entdeckt. Oft werden spektakuläre Höchstpreise bei Designversteigerungen erzielt, so etwa 2005, als ein Tisch von Carlo Mollino bei Christie’s für 3,8 Millionen Dollar erworben wurde. Der Schätzpreis lag im Vorfeld bei 200.000 Dollar. Eine Sensation.

„Design ist die neue Kunst.“ bringt es Clémence Krzentowski von der Galerie Kreo in Paris auf den Punkt. Seit 1992 betreibt sie erfolgreich zusammen mit ihrem Mann die Galerie. Ihr Konzept: Entwürfe großer Namen in kleiner Auflage. In Zusammenarbeit mit den Superstars der Szene entwickelt Kreo Unikate oder Kleinstserien. Didier Krzentowski nennt ihre Arbeit eine Art Forschungslabor: „Die Stücke sind im Designbereich das, was in der Mode die Couture ist.“

Im größeren Rahmen forscht Vitra. Das Unternehmen mit Sitz in Birsfelden bei Basel schuf ihre Vitra Editionen um aus „den strengen Normen und Konventionen der Möbelindustrie zu entfliehen.“ Vor über zwanzig Jahren, 1987, als „von einem Sammlermarkt für experimentelles Design“ noch nicht die Rede sein konnte, so Rolf Fehlbaum, zeigte bereits Vitra die erste Edition. Zwanzig Jahre später wurde das erfolgreiche Projekt wiederholt.

Und der Hammer?

Auktionshäuser wie Quittenbaum in München, das Dorotheum in Wien, Phillips de Pury in London oder Wright in Chicago waren Vorreiter und versteigern schon seit vielen Jahren zeitgenössisches Design, womit sie jedes Jahr neue Rekordpreise erzielen. „Wenn man sich den Design-Markt in den vergangenen Jahren ansieht, ist bei Spitzenstücken eine Preissteigerung um das Fünf- bis Zehnfache jederzeit möglich“, meint Ellen Stelter von Phillips de Pury. So geschehen bei der Lockheed Lounge von Marc Newson. 2000 war sie für die Rekordsumme von 105.000 Dollar versteigert worden, im Juni 2006 wurde sie für knapp eine Millionen Dollar zugeschlagen. Den mit 139.000 Euro höchsten Hammerpreis beim Dorotheum erzielte die Leuchte Vortexx von Zaha Hadid und Patrick Schumacher. „Das dynamische Wachstum und steigende Interesse für die junge Sparte lässt in letzter Zeit jede Designauktion die vorherige toppen“, so Bettina Krogemann für artnet. Anderen Auktionshäusern geht es nicht anders. Dieser Boom, auch dieser Trend, ein Designobjekt als Geldanlage zu sehen, fängt gerade erst an. „Designstücke werden nicht mehr als nützliche Produkte gekauft, sondern immer stärker als Ikone, als Kunstwerk“, weiß Ellen Stelter über den Sammlermarkt zu berichten. Der Markt wächst. Und so sind auch „die Sammler von bildender Kunst beinahe identisch mit den Sammlern von Designobjekten“ stellt der Galerist Ulrich Fiedler im Interview fest.

Am 29. Mai 2008 werden im Auktionshaus Dorotheum in Wien drei Breeding Tables vom Designbüro Kram/Weisshaar versteigert. Der Schätzpreis liegt - je nach Tischgröße - zwischen 7.000 und 13.000 Euro.

Tisch Reale von Carlo Mollino
Bead Bulbs von Hella Jongerius in der Galerie Kreo
Tisch Banquise von Ronan & Erwan Bouroullec für Galerie Kreo
Missing Object von Konstantin Grcic für Galerie Kreo
Vitra Edition 2007
Cork Chair von Jasper Morrison für Vitra
New Order von Jerszy Seymour für Vitra
Vortexx von Zaha Hadid und Patrick Schumacher für Lighteriors
Breeding Tables von Kram/Weisshaar
Breeding Tables bei Stylepark in Residence Köln 2005
Galerie Kreo
Moreover von Ron Arad für Vitra
Chair von Naoto Fukasawa für Vitra
Lockheed Lounge von Marc Newson