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Dominique Béolet

NACHHALTIGKEIT
Das Gute im Schönen

Dominique Béolets gestalterisches Wirken erstreckt sich vom konkreten Objekt über mehrere hundert Quadratmeter Ausstellungsfläche. Neben Ästhetik und Funktionalität richtet der Designer seinen Fokus vor allem auf das Thema Nachhaltigkeit: Für das Kosmetikunternehmen nkm hat er jüngst eine Flaschenfamilie für ein Mehrweg-System entworfen, die einen beinahe müllfreien Recycling-Kreislauf mit niedrigen CO2-Emissionen ermöglicht.
von Katharina de Silva | 11.01.2023

Geboren und aufgewachsen im Schwabenland, ist Dominique Béolet es gewohnt, auf seinen Namen angesprochen zu werden. Er erzählt dann, dass sein Vater zwar gebürtig aus Frankreich stammt, er selbst aber deutschsprachig erzogen wurde. Nach dem Abitur zieht es ihn in den Süden Frankreichs: in die Nähe von Valence, wo ein Teil seiner Familie lebt. Aus drei Monaten werden zweieinhalb Jahre. Zurück in Stuttgart bewirbt er sich an der Akademie der Bildenden Künste für die Fachrichtung Produktdesign. "Ich habe mich schon damals auch für Innenarchitektur und Architektur interessiert", sagt er. Und fügt an: "Es ist dann Produktdesign geworden, ohne dass ich darauf bewusst den Fokus gelegt hätte." 2009, noch vor Ende seines Diploms, geht Dominique Béolet für ein Praktikum zu seinem damaligen Professor, Nitzan Cohen, nach München. Er entwirft zahlreiche Interiordesign-Projekte für die Gastronomie, bevor er 2010 in das damals neu gegründete Atelier von Steffen Kehrle wechselt. Für Béolet beginnt eine intensive Zeit der Auseinandersetzung mit Möbeldesign, die zahlreiche Entwürfe für Unternehmen wie Stattmann oder L’Abbate hervorbringt. 2014 ist die Zeit reif für ein eigenes Studio. Mitten in München, ebenerdig in einem Hinterhof in Schwabing gelegen, findet Béolet die für ihn perfekte Fläche. In einem lichtdurchfluteten Altbau mit Sprossenfenstern und Schwedenofen entstehen seither unterschiedlichste Entwürfe – von Industrie-, über Interior- bis Ausstellungsdesign. Was alle eint, ist eine klare, reduzierte Designsprache, gerne mit einem Augenzwinkern oder einem Hauch Verspieltheit.

"Schönheit ist ein wichtiger Aspekt in unserer Gesellschaft, der auch im Design seine Berechtigung hat", sagt Béolet. Doch dem Designer geht es bei seinen Entwürfen längst nicht mehr ausschließlich um Ästhetik oder Funktionalität. Das Thema Nachhaltigkeit hat für ihn einen ebenso wichtigen Stellenwert eingenommen. "Als Gestalter, der mit Materialien arbeitet und Produkte in den Umlauf bringt, sehe ich mich hier in einer großen Verantwortung", sagt er. Diese Überzeugung lebt er auch im Privaten: Als er 2018 zu einer Weltreise aufbricht, steht bereits fest, dass diese auf dem Landweg erfolgen soll. Dominique Béolet läuft, trampt und fährt mit Bus und Bahn einmal rund um den Erdball. Er fährt mit dem Boot von Brasilien nach Barcelona und radelt von dort zurück nach München. Kurz darauf bricht die Corona-Pandemie aus. Die Welt scheint aus den Fugen geraten. „Ich habe mich und mein Handeln damals stark reflektiert und Vieles hinterfragt“, erinnert sich der Designer. "Nachhaltigkeit war für mich zwar schon immer ein Thema, aber sowohl die Weltreise als auch die Pandemie haben meinen Blick auf die Sache nochmal verändert."

Atelier Dominique Béolet in München

Die Anfrage von nkm kommt zu dieser Zeit wie gerufen. Das Naturkosmetik Start-up hat damals gerade sein erstes Atelier in München eröffnet und spielt mit dem Gedanken, ein eigenes Mehrwegsystem für seine Flaschen zu etablieren. Béolet recherchiert und berät die GründerInnen hinsichtlich nachhaltiger Materialen und Produktionsprozesse. Auch alle ökologischen Auswirkungen des Transports der Produkte, wie den Reifenabrieb der Lkw, bezieht er in seine Überlegungen ein. "Ganz am Anfang stand die Erkenntnis, dass mehrere Ateliers in Deutschland benötigt werden, um die Flaschen physisch abzugeben", erinnert sich Dominique Béolet. Bis heute hat der Designer eine ganze Flaschenfamilie für nkm gestaltet, die bei Heinz-Glas in Bayern mit grünem Strom produziert wird. "Wir haben uns bewusst für die niedrigste Qualitätsstufe beim Glas entschieden", erklärt er. "Denn es ist wesentlich nachhaltiger, eine Blase oder Schliere nicht auszusortieren." Was die Applikationen für Kosmetikprodukte angeht, habe sich die Branche lange darauf ausgeruht, alles kostengünstig aus China zu beziehen. Heute setzen viele Unternehmen auf lokale ZuliefererInnen. "Für nkm habe ich deshalb ein Konzept entwickelt, das komplett in Deutschland produziert werden kann", sagt er.

An die Stelle der Pump- und Sprühaufsätze tritt seither eine altbekannte und bewährte Alternative aus deutscher Produktion: die Glaspipette. Der dazugehörige Schraubdeckel aus Kunststoff wird in Bayern produziert, gesammelt, granuliert und neu gespritzt. Die Glasröhrchen werden beim Hersteller gespült und anschließend wiederverwendet. Mit der Unterstützung von Dominique Béolet gelingt es nkm im November 2022 ein holistisches Kreislaufsystem zu implementieren – sowohl bei den Glasflaschen als auch bei den Aufsätzen. Neben dem Münchner Atelier existieren heute zwei weitere Filialen in Hamburg und Berlin, an denen die KundInnen leere Flaschen abgeben können. Weitere sollen folgen. Für Dominique Béolet war nkm das erste große Projekt, mit dem er sich explizit dem Thema Nachhaltigkeit widmen konnte. Und es wird nicht das Letzte bleiben: Inzwischen gestaltet er auch Badutensilien für everdrop.

Produktdesign von Dominique Béolet für everdrop