Für sein 85-jähriges Firmenjubiläum hat sich Cassina nicht lumpen lassen. Am Dienstagabend der Design Week lud der Hersteller zur Präsentation mit Karl Lagerfeld. Zur Feier der Firmengründung beschenkte sich Cassina selbst mit einer von Lagerfeld fotografierten Kollektion der Möbelklassiker aus dem Hause des Fabrikanten. Das Resultat ist schlichtweg beeindruckend. Dass Mode und Möbel sich in ähnlichen Biosphären generieren und ihr Publikum erreichen ist hinlänglich bekannt. Lagerfeld zeigt gekonnt, wie die Synthese beider zur ästhetischen Perfektion führen kann. Mit seinem geschulten Blick für elegante Silhouetten, die sonst nur Körper umhüllen, arrangierte er ausgesuchte Klassiker von Cassina in strenger, ikonenhafter Manier: Da sind Gio Pontis „Superleggera“ Stühle wild übereinander gewürfelt, Jean-Marie Massauds „Aspen“ Sofas steht Kopf und Le Corbusiers „LC14“ Holzboxen stapeln sich zu einer hochhausähnlichen Landschaft zusammen.
Wie Yin und Yang
Besonders emblematisch ist jedoch ein Bild: Die beiden fluffigen, in Schwarz und Weiß gehaltenen „Tre Pezzi Wool Chairs“ von Franco Albini arrangiert Karl so aufeinander, dass sie wie ein Yin-Yang verschmelzen. Schwarz und Weiß feiern Hochzeit. Damit hat schon Coco Chanel ihren Weg zum Olymp der Mode geebnet. Und Karl Lagerfeld führt diese Erfolgsstory seit Jahren fort.
Zum ersten Mal, so heißt es, hat er sich nun für Cassina in das Feld des Möbeldesigns gewagt. Klassiker neu zu interpretieren, das fällt Lagerfeld nicht schwer, ist quasi seine Berufung. Und dies hat er mit seinen Fotografien für Cassina nur zu deutlich manifestiert. Die Bilder verraten natürlich seine Herkunft als Modemacher – und nicht zuletzt als Modefotograf, als solcher der heute 75-Jährige seine Karriere einst begann.
Die kleine schwarze Jacke
Für die Liebhaber modischer Extravaganzen gibt es zusätzlich eine Schau von Karl Lagerfeld zu Chanels „The Little Black Jacket“. In der Rotonda della Besana, ein eindrucksvolles Gebäude mit rund angelegtem, erhabenem Säulengang am ehemaligen Stadtrand Milanos, zeigt der Tausendsassa 113 Fotografien, die er im vergangenen Jahr in Zusammenarbeit mit Carine Roitfeld, der Ex-Chefin der französischen Vogue, zum ersten Mal vorgestellt hat. Die Kollektion zeigt eine Reinterpretation des Chanel Klassikers, der 1954 von Coco Chanel entworfen wurde und hier von prominenten „Kleiderständern“ wie Sarah Jessica Parker, Jane Birkin oder Lily Allen zur Schau gestellt wird. Besonders eindrucksvoll erscheinen die Inszenierungen mit Yoko Ono, Uma Thurman und Charlotte Casiraghi, um nur drei zu nennen.
Letztendlich war es aber auch ein Abend mit Karl, dem Menschen. Trotz des großen Andrangs, war es auch möglich, mit Karl auf Tuchfühlung zu gehen und einige Worte zu wechseln. Welch‘ eine Überraschung, dass er doch so nahbar ist, sympathischer als sein mediales Bild, das ihn allzu oft als Meister der Selbstinszenierung mit einer guten Portion Eitelkeit darstellt. Das macht ihn am Ende noch eindrucksvoller. Dass er schließlich erwähnt, noch nie den Stylepark-Newsletter gelesen zu haben, kann man dem Designgenie mit Zopf und Brille aus Paris dann doch nicht verübeln.