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Magisches Holz

"Für uns bedeutet Handwerkskunst alles. Es ist das Herzstück des Unternehmens", so Mercedes Laso. Zusammen mit ihrer Schwester Monica führt sie die Geschichte von Expormim fort, die ihr Großvater vor sechzig Jahren begann.
von Anna Moldenhauer | 31.03.2020

Die spanische Ortschaft Mogente nahe Valencia ist die Wiege der Möbelherstellers und nach wie vor das Zuhause des Familienunternehmens. "Wir sind wirklich stolz, dass wir es geschafft haben, Expormim auf die nächste Ebene zu bringen", so Mercedes Laso. Und das war nicht immer einfach, denn die Nachfrage nach Produkten aus Weidengeflecht, mit denen das Unternehmen begann, schwankte über die Jahre stark. Expormim, damals noch “La Exportadora del Mimbre“, passte sich soweit wie nötig an. Addierte Möbel aus Massivholz, Textil und Metall zum Sortiment. Ihre handwerklichen Wurzeln konnte und wollte die Familie trotzdem nicht vergessen und wagte Anfang der Zweitausenderjahre den Sprung ins Ungewisse: Obwohl die Verkäufe von Produkten aus Rattan zu dieser Zeit weniger als fünf Prozent des Umsatzes ausmachten, beschlossen sie einen neuen Versuch mit dem Naturmaterial zu produzieren. "Wir hatten nichts zu verlieren und viel zu gewinnen. Der Umgang mit Rattan liegt in unserer DNA, es für immer zu verbannen war keine Option", erzählt Mercedes Laso.

Alte Bande neu geknüpft

Für den Neustart wandte sich Expormim an Oscar Tusquets, denn der Designer, Architekt und Künstler hatte bereits Erfahrung mit der Verarbeitung von Rattan. "Wir haben uns sofort gewünscht, dass er den Weg mit uns geht, da er das Wissen und die Fähigkeit hat, dieses Projekt umzusetzen", so Laso. Tusquets zögerte, wollte er sich doch nicht von dem Label "Stuhldesigner" einengen lassen, dass ihn bis dato ereilt hatte. Doch nach einem Besuch in Mogente änderte Tusquet seine Meinung: "In der Fabrik konnte ich mit eigenen Augen sehen, wie wichtig das Handwerk für Expormim ist und welche Möglichkeiten mir im Design mit Rattan offenstehen. Das hat mich überzeugt einen Stuhl für sie zu entwerfen", sagt er. Für "Fontal" entwickelte er eine neue Technik, die die klassische Fugenummantelung ersetzt und eine fließende Verbindung von einem Rohr zum anderen ermöglicht. "Ich wollte einen charmanten Stuhl, einfach aber luxuriös. 'Fontal' ist all das", so Tusquet. "Er hat das Material wieder zum Leben erweckt", fügt Laso an. Es folgten Kooperationen mit Designern wie Jaime Hayon, Mario Ruiz, Lievore Altherr, Miquel Milá und MUT Design.

Auf dem Salone del Mobile 2019 zeigte Expormim die große Bandbreite ihrer Kollektionen: Von der neuen Outdoor-Serie "Liz" von Ludovica+Roberto Palomba über Ideen für das Homeoffice, wie den Drehstuhl "Huma" von Mario Ruiz, Stühle für die Gastronomie wie "Gata" von Miguel Milá und Gonzalo Milà, bis zur Weiterentwicklung des Stuhls "Frames" von Jaime Hayon für den Wohnbereich. Rattan ist ganz selbstverständlich Teil des Sortiments und setzt dynamische Akzente. "Im Gegensatz zu Holz erlaubt Rattan die surrealsten Formen, als wäre es ein 'magisches Holz'", so Mercedes Laso. Seine Dynamik habe die Formsprache aller Produkte von Expormim sehr beeinflusst. "Wenn wir mit anderen, 'kälteren' Materialien arbeiten, versuchen wir ihnen diese besondere Wirkung zu verleihen, die unsere Rattanprodukte auszeichnet", sagt Laso.

Die Arbeit mit dem Naturmaterial faszinierte sie von Kindesbeinen an: "Meine jüngeren Geschwister und ich haben immer zu den Handwerkern aufgeschaut", erinnert sie sich. Die Menschen, die für Expormim arbeiten, seien das wichtigste Kapital des Unternehmens. Ohne ihren Einsatz und ihre Hingabe wäre es nicht möglich gewesen, das Handwerk zu erhalten und die Produktionsprozesse größtenteils in Spanien zu belassen. "Es ist einfacher, ein Unternehmen neu zu gründen, als ein altes an die Herausforderungen der globalen Welt anzupassen. Aber ich denke, wir haben das Gleichgewicht zwischen Tradition und Innovation gefunden", so Laso. Der Erfolg basiere auf harter Arbeit und der Liebe zu nachhaltigen Materialien. Ihr Weg zurück zum Rattan sei schwierig gewesen, aber nun habe der Markt das Projekt positiv aufgenommen und die Zukunft für die Fortführung des traditionellen Kunsthandwerks in Spanien sähe vielversprechend aus. "Die erfahrenen Handwerker geben ihr Wissen in unserer Fabrik nun an die jüngere Generation weiter, das ist eine Ehre. Je mehr die Jungen lernen, desto mutiger können sie experimentieren", so Maso. Formal verschmelzen die Grenzen zwischen den Möbeln für Indoor und Outdoor oft, wie schon bei "Fontal" – dem Stuhl, der für Expormim die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln symbolisiert. Was wohl Oscar Tusquets Mentor, Salvador Dalí zu diesem Entwurf gesagt hätte? "Er hätte ihn als zu bequem empfunden", lacht Tusquet.