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Gestaltet bis ins kleinste Detail
24.11.2011
Inma Bermúdez

Gibt man Inma Bermúdez in die Suchmaschine von Ikea ein, erscheinen fast hundert Produkte der Designerin – vom Bettgestell über Mini-Waschtische bis hin zu materialsparenden Türhaken. 1977 in Murcia geboren, ist sie die erste Spanierin, die für Ikea gestaltet. Sie hat schon längst renommierte Designpreise in der Tasche und auch in Galerien stößt man auf ihre Entwürfe, dort sind es aber verspielte Dekorationsobjekte aus Porzellan. Damit liefert die charismatische Gestalterin eine große gestalterische Bandbreite – und gute Gründe für ein Interview. Nina Müller traf sie in Valencia.

Nina Müller: Sie arbeiten für namhafte Designfirmen. Wie kamen diese Kontakte zustande?

Inma Bermúdez: Als Austauschstudentin ging ich 2001 nach Deutschland, wo ich insgesamt fünf Jahre lebte und in mehreren Designstudios arbeitete. Die Sommer aber hielt ich mir immer frei, um an den Workshops auf der Domaine de Boisbuchet teilnehmen zu können. Sie boten mir die Chance, zahlreiche namhafte Architekten und Designer kennenzulernen und mit ihnen zusammenzuarbeiten. So kam es, dass ich der Industriedesignerin Sigga Heimis, die schon damals für Ikea tätig war, mein Portfolio zeigte. Es gefiel ihr und sieben Monate später begann ich im schwedischen Älmuhlt ein Praktikum in der Designabteilung von Ikea. Ich bekam sogar das Angebot, länger dort zu bleiben, doch zur gleichen Zeit rief mich Jaime Hayon an. Ich kannte Jaime schon seit zehn Jahren, und als Lladró ihn als künstlerischen Berater in Vertrag nahm, fragte er mich, ob ich nach Valencia kommen wolle, um dort Mitglied seiner neu gegründeten Designabteilung zu werden. Zu dieser Zeit lebte ich bereits sechs Jahre außerhalb Spaniens und so entschied ich mich, für dieses Projekt zurückzugehen. Eine Entscheidung, die ich nicht bereue.

Trotzdem sind Sie parallel zu Ihrer Beschäftigung bei Lladró noch immer als Freelancerin für Ikea tätig – zwei Firmen, die gegensätzlicher kaum sein könnten: Während sich Lladró mit Kleinserien und Einzelstücken im hochpreisigen Luxussektor bewegt, ist Ikea bekannt für preiswerte Massenware. Wie unterscheidet sich die Arbeit für die beiden? Welche Begrenzungen müssen Sie hinnehmen und welche Freiheiten räumen sie Ihnen ein?

Bermúdez: Die Vorgaben von Ikea sind in den meisten Fällen stark definiert, ihre Briefings umfassend. Sie bestimmen den Preis, den Stil bis hin zum Material. Das bedeutet wenig Flexibilität, aber umso spannendere Herausforderungen. Sprich: du sollst etwas Geniales entwickeln und das zu einem reduzierten Preis! Das schärft den Erfindergeist und ich muss gestehen, ich liebe solche Aufgaben!

Die Beschränkungen bei Lladró entstehen hauptsächlich durch das Material, sind aber ebenso wenig zu unterschätzen. Allerdings kann ich dort meine romantische Seite ausleben und wir haben in unserer Designabteilung die Möglichkeit, eigene Kollektionen zu entwickeln. Das ist die Arbeit, die wir besonders gerne machen.

Ihre letzten Designs für Lladró waren „Metropolis", eine Kollektion, hauptsächlich bestehend aus verschieden dimensionierten Gefäßen, die das Bild einer Großstadt zitieren, und „The Parrot Party", modulare Einrichtungsaccessoires, auf denen Kanarienvögel Platz nehmen. Was bedeuten die sonst so gegensätzlich aufgefassten Eigenschaften dekorativ und funktional für Sie?

Bermúdez: Produkte, die eine Tätigkeit vereinfachen oder eine industrielle Produktion optimieren, schätze ich sehr. Dieter Rams' Elektrogeräte für Braun beweisen, wie angenehm auch funktionale Objekte aussehen können. Persönlich umgebe ich mich aber ebenso gerne mit dekorativen Gegenständen. Ich mag es einfach, sie anzuschauen und wenn sie zusätzlich eine Funktion aufweisen – perfekt! In unseren Kollektionen streben wir genau diese Synthese an.

Welche Rolle spielt das Handwerk in der Gestaltung von Porzellan?

Bermúdez: Handwerkliche Arbeit und die dafür notwendige Sensibilität spielen eine essenzielle Rolle für unsere Produkte, denn Porzellan ist faszinierend, aber birgt zugleich viele Überraschungen. Beim Brennen erreicht es mehr als 1.200 Grand Celsius und bekommt eine gelatineartige Konsistenz, wodurch man beim Öffnen des Ofens nie weiß, was einen erwartet. Das sorgt dafür, dass der Entwicklungsprozess mit diesem Material verhältnismäßig lang ist und, dass der Entwurf zahlreiche Modifikationen erfährt. So wird jedes Produkt zu einem kleinen Kunstwerk der Ingenieurtechnik.

An was arbeiten Sie gerade?

Bermúdez: Momentan befinde ich mich in einer Kooperation mit Marset, einem spanischen Leuchtenhersteller. Ich hoffe, die Ergebnisse werden auf der kommenden Light+Building in Frankfurt am Main präsentiert. Darüber hinaus bin ich gerade an einem Lebensprojekt: Gemeinsam mit meinem Lebensgefährten, einem deutschen Architekten, baue ich ein Haus, auf dem Land, ökologisch und typisch für unsere Professionen: gestaltet bis ins kleinste Detail.

www.inmabermudez.com

In einer dreiteiligen Vortragsreihe der Bauhaus-Universität Weimar
wird Inma Bermúdez über ihre Arbeit bei Ikea referieren.
Working for Ikea – how to think in boxes?
5. Dezember 2011
16.45 Uhr
Bauhaus-Universität Weimar

www.uni-weimar.de

Inma Bermúdez
Lebensgroße Kanarienvögel in Porzellan
Verspielter Kontrast zwischen Funktions- und Dekorationselementen
„Thé pour toi, mamá“ ist Teil einer Kollektion aus zerbrochenem Porzellan
Kollektion „Metropolis” der Designabteilung von Lladró, bestehend aus Vasen, Lampen, Spiegeln und Boxen in neun verschiedenen Pastelltönen
Futuristische Stadt
Waschbecken „Lillangen“ mit Equipment für Ikea
„Enudden“ für Ikea