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Global Design
von Altemeier Katharina | 02.03.2010

„Bleibt dem Design nichts anderes übrig, als die Darstellung der Konsumption? Oder kann es gerade das, was verschwindet, als Bild evozieren und neu erfinden?" Wenn Sie das auf Anhieb nicht verstanden haben, sind Sie als Besucher für die Ausstellung „Global Design" im Zürcher Museum für Gestaltung eher nicht geeignet, denn selbst in einem thematischen Kontext werden Fragestellungen wie diese kaum verständlicher - auch wenn sie noch so schön inszeniert, auf schwarz-weißen Leuchtreklamekästen prangen. Zugegeben, nicht alle Fragen, die in der Ausstellung gestellt werden, sind so verschachtelt wie diese. Fakt ist aber, dass grundlegende Informationen fehlen: Was kennzeichnet globales Design? Unter welchen Bedingungen wird es produziert? Inwiefern beeinflusst nicht nur die Globalisierung das Design, sondern auch das Design unsere globalisierte Welt?

Globalisierung und Gestaltung - ein gesellschaftlich relevantes Thema, das im Zuge der gängigen Globalisierungsdebatten bisher zu kurz gekommen ist. Das will die Ausstellung „Global Design" in Zürich nun ändern, indem sie versucht zu zeigen, „wie sich die globalisierte Welt seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts im Design manifestiert und wie Design für die globalisierte Welt entwickelt wird". Dieses Ziel erreicht die Ausstellung allerdings nur bedingt. Die vertrackt-vielschichtige Struktur sorgt mitunter für Verwirrung: Ausgangspunkt ist ein erweiterter Begriff von Gestaltung, der Architektur, Grafik-, Medien-, Mode-, Produkt- und Interieurdesign umfasst. Thematisch ist die Schau in die Bereiche Mobilität, Kommunikation, Produktion, Handel und Kapital gegliedert. Um diese Gliederung anschaulicher werden zu lassen - was durchaus Sinn macht - erinnern imposant inszenierte Lebenswelten an Alltagssituationen, in denen Globalisierung sichtbar und sinnlich erfahrbar wird.

Der Besucher startet in der von Swiss gesponserten, täuschend echt wirkenden Flughafen-Lounge. Im Anschluss wird er durch eine von dem Schweizer Designer Frédéric Dedelley inszenierte Shopping Mall geschleust: Hier erwarten einen die Früchte der Globalisierung schlechthin: Sushi-Bar und Coffeeshop à la Starbucks. Ein Supermarkt mit internationalen und regionalen Produkten in den Regalen verdeutlicht den parallel zur Globalisierung stattfindenden Trend zu lokalen Produkten. Bis hierhin kann man noch folgen. Dann befindet man sich plötzlich in einem Modegeschäft. Links extravagante Entwürfe im afrikanischen Batik-Look von Dries van Noten. Geht es hier um Kulturtransfer? Rechts Jeans und T-Shirts, um die globale Verbreitung von Trends zu verdeutlichen. Weiter geht es mit zwei Möbel-Fallstudien, die anscheinend schon dem Überthema „Handel" zugeordnet sind. Die in Zusammenarbeit mit einer indonesischen Holzfachschule entstandenen Tropenholzmöbel der Basler Designer InchFurniture als Beispiel für einen alternativen Ansatz. Daneben Ikea. Billy und Co. und in Kooperation mit indischen Frauen hergestellte Wandteppiche, entworfen von Hella Jongerius. Auch ein Beispiel für einen ethischen Designansatz.

Schwächen in der Konzeption zeigen sich auch in den Seitenflügeln der großen Halle: in jeder Abteilung werden die eingangs erwähnten Fragen auf Leuchtkästen buchstäblich in den Raum geworfen. Zig Fallstudien. Hier ein bisschen Architektur. Da Produktdesign. Yves Béhars „One Laptop per Child" darf natürlich auch nicht fehlen. Außer Frage sind einige der Beispiele interessant, wie zum Beispiel „United Bottle": ein PET-Flaschen-Recycling Projekt, bei dem Wasserflaschen durch konstruktive Zweckentfremdung zum Baumaterial in Entwicklungsländern werden. Doch nach diesem Lichtblick beschränkt sich die Erkenntnis in der Abteilung Kommunikation dann wieder darauf, dass Nachrichten auf der ganzen Welt wie ihr US-amerikanisches Vorbild aussehen und Fernsehsendungen wie Big Brother weltweit exportierte Marken sind.

Leider verliert man in dem Sammelsurium den Blick für das Wesentliche. Ausgerechnet die Arbeiten gehen unter, die das Thema Globalisierung und Gestaltung klar und einfach auf den Punkt bringen. Wie zum Beispiel Allan Sekulas „Fish Story", eine dokumentarische Fotoserie über die Reise eines Containerschiffs von Port Elizabeth, New Jersey nach Rotterdam. Oder auch Timm Rauterts „Porsche"-Serie, die deutlich macht, dass Globalisierung sich auch auf Produktionsprozesse auswirkt und Menschen zunehmend von Maschinen ersetzt werden.

Die Ausstellung „Global Design" ist noch bis zum 30. Mai 2010 im Museum für Gestaltung Zürich zu sehen.

www.museum-gestaltung.ch

Allan Sekula, Panorama. Auf dem Atlantischen Ozean, aus Fish Story, C-Print, 1993, Courtesy Christopher Grimes Gallery
Peter Fischli und David Weiss, Airport Zürich, Offsetdruck, 2002/2007 © Peter Fischli und David Weiss, Courtesy Galerie Eva Presenhuber, Zürich; Sprüth Magers, Berlin/London; Matthew Marks Gallery, New York
Apple Inc., iPhone 3GS mit Piktogrammen, 2009 / Sushi zum Mitnehmen, Globus, CH, 2009, Foto: Museum für Gestaltung Zürich © ZHdK
Elbphilharmonie Hamburg, 2009, computergeneriertes Bild © Herzog & de Meuron
Vogelperspektive des Saadiyat Island Cultural District, Illustration, Abu Dhabi/AE, 2006, TDIC (Tourism Development & Investment Company)
Vlisco, Kollektion Rhythme de Jeunesse, 2008, Vlisco Helmond B.V.
Global Design, Plakat zur Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich, Design: Integral Lars Müller, 2010