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Ich schicke dir einen Glympse
von Christoph Lippok | 09.09.2013
Ein Hauch von Formel 1 weht durch die Cockpits, wenn wir via Apps unsere Fahrten vernetzen, mitteilen und videotracken lassen. Foto © Deepak Bhagya on Flickr

Wir sind eine rundum mobile Gesellschaft. Wir sind unterwegs, privat und beruflich. Der Mobilfunk hat uns überall erreichbar gemacht, die Potenzierung der Mobilität. Smartphones sind einstweilen die Gadgets, die an der Spitze der Mobilitätsskala stehen. Aber Smartphones sind noch mehr, sie ermöglichen Austausch und Dialog, nicht nur verbal. Sie sind selbst Teil der Kommunikation.

So ist es nur konsequent, dass mittlerweile auch Autos und Smartphones untereinander Daten austauschen, kommunizieren und so den per se technikaffinen Autofahrern einen mutmaßlichen Mehrwert liefern, indem via Bluetooth Fahrzeugdaten mit GPS-Daten kombiniert werden. Im Anschluss können die Piloten dann mehr oder weniger umfangreiche Analysen abrufen. Es riecht nach Telemetrie. Ein Hauch von Formel 1 durchweht die Cockpits von Familienkutschen und Dienstfahrzeugen. Smartphones werden zu Kameras, die aufgezeichnete Videos mit GPS-Daten vermengen und so eine Dokumentation gefahrener Routen der besonderen Art erschaffen. Der Schlüssel: Die kurz als App bezeichneten Programme, sogenannte Applikationen, die für die mobilen Betriebssysteme iOS, Android, Blackberry oder Windows Phone programmiert werden.

Smartphones sind ja kein ganz neuer Trend – entsprechend vielfältig ist das Angebot an unterschiedlichen Apps für die verschiedenen Plattformen. Dahinter stecken die üblichen Verdächtigen, die sich vor allem aus Marketingsicht gern mit technischen Spielereien beschäftigen. So gibt es keinen Autohersteller, der etwas auf sich hält, der nicht zumindest eine Service-App mit einem Verzeichnis der Vertragswerkstätten anbietet – samt Ortung des aktuellen Standortes und dessen Anzeige auf einer Karte, versteht sich. Selbstverständlich sind auch Autovermieter, Autoversicherungen, Automobilclubs und Gebrauchtwagenmarktplätze zahlreich vertreten. Selten trifft man hier auf wirklich innovative, mediengerechte Lösungen.

Spannend hingegen wird es, wenn sich mutmaßlich „fachfremde“ Kreative ans Werk machen. Dann wird auch mit User-Generated-Content der eine oder andere Stich gemacht. Allerdings: Wenn User die Inhalte pflegen, dann ist mit einer gewissen Fehlerquote zu rechnen und auch die Reichweite spielt dann ein große Rolle, um das notwendige Grundrauschen zu erzeugen, das aus einer guten Idee eine tatsächlich mehrwertige App macht. Wir haben einen kleinen Showroom der Auto-Apps mit mehr oder weniger Nutzwert und/oder mehr oder weniger Unterhaltungswert für Sie zusammengestellt.

Glympse

„Schaaatz, wann kommst Du denn endlich? Bist Du schon losgefahren?“ – „Nein, ich bin gerade auf dem Sprung. Ich schicke Dir ein Glympse!“ Wir sind nicht nur mobil, sondern auch noch bereit, an zwei oder mehr Orten zu leben. Wir sind mobil und flexibel – und zu Opfern bereit. Wochenendpendler und alle anderen, die ihren Lieben gern Auskunft darüber geben möchten, wo auf ihrem Weg sie sich gerade befinden, sollten einmal Bekanntschaft mit der App „Glympse“ machen. Sie ist für iOS und Android verfügbar und kostenlos. Der Nutzer kann seine Fahrtstrecke von anderen per App oder auch via Webbrowser verfolgen lassen. Zu diesem Zweck sendet er einer einzelnen Person oder einer Gruppe eine zeitlich begrenzte Freigabe per Smartphone oder Mail. Klickt nun der Empfänger beispielsweise auf den Link in der Mail, so öffnet sich die Webanwendung mit Kartenansicht. Darauf ist ein kleiner Punkt erkennbar, der sich im besten Fall bewegt. Das ist ziemlich viel Transparenz. Es wird nämlich auch die Geschwindigkeit angezeigt. Natürlich möchte der Wartende schnell erlöst werden – aber rasen soll der Partner dann auch nicht. Die Gefahr bei der Nutzung von Glympse ist ein Empfang in der Art: „Schön, dass Du da bist. Aber fahr das nächste Mal ein bisschen vorsichtiger.“ Die App ist nach einer kurzen Eingewöhnungsphase recht gut bedienbar. Allerdings ist sie wegen der permanenten GPS-Ortung ein Akkufresser.

www.glympse.com


Waze

User-Generated-Content, das klingt nach Community und modernem Leben. Tatsächlich gibt es auch bei den Mobilitäts-Apps vielversprechende Ansätze in dieser Richtung. Wie eingangs erwähnt, leben solche Angebote aber erst dann, wenn eine gewisse Anzahl Nutzer auch Informationen einpflegen. Eine solche Lösung hat ein israelisches Unternehmen mit der Applikation „Waze“ im Köcher. Bekannt wurde der Dienst, der von Nutzern mit Verkehrs-Infos bestückt wird, spätestens im Juni dieses Jahres. Da war nämlich Google auf Einkaufstour und hat sich das Unternehmen für umgerechnet rund 750 Millionen Euro einverleibt. Jetzt, kurz vor der IAA, veröffentlichte Google, dass die Waze-Daten in Google Maps integriert werden. Schwerpunkt bei Waze, das für iOS und Android kostenlos verfügbar ist, ist die Meldung von Verkehrsstörungen in Echtzeit. Die Idee: Ein Autofahrer kommt in einen Stau oder an eine Gefahrenstelle und gibt die Information in sein Smartphone ein. Wenn wirklich gar nichts mehr geht, dann hat der Lenker die Zeit, um sich mit der Eingabe zu beschäftigen. Rollt der Verkehr aber noch, dann sollte er auch Sicherheitsgründen besser die Finger vom Display lassen.

www.waze.com


Text’n Drive

Den Sicherheitsaspekt hebt die App „Text’n Drive“ hervor, die in Deutschland für Android und Blackberry erhältlich ist. Es handelt sich um eine Software, um die Hände frei zu haben – fürs Autofahren nämlich. Sie liest E-Mails und SMS vor. Dieser Dienst ist bereits in der kostenlosen Variante inklusive. In der kostenpflichtigen Version hat der Nutzer zudem die Möglichkeit, die Antworten auf die erhaltenen Nachrichten zu diktieren. Eine deutsche Lokalisierung ist für die Android-Version vorhanden, kann aber nicht überzeugen. Wer also immer erreichbar sein will, sogar schriftlich per Mail und SMS, der hat in dieser Applikation eine vermeintlich sichere Lösung zur Hand. Wenn nämlich einmal etwas nicht so läuft, wie sich der Diktierer das vorstellt, dürfte der Griff zum Smartphone im Affekt recht wahrscheinlich erfolgen. Und das passt dann nicht mehr wirklich zu einer „Hands Free Software“, so der Name des Entwicklerstudios. Die kostenpflichtige Variante von Text’n Drive ist auf Google Play für rund 7 Euro zu haben. Optisch ist das Ganze spartanisch, aber zu viel Schnickschnack würde ja auch den Nutzer ablenken.

www.textndrive.com


VideoRoad

Es soll ja Menschen geben, die nachts wach liegen und sich dann die Führerstandsmitfahrten auf den schönsten Bahnstrecken der Welt im Fernseher anschauen. Damit könnte bald Schluss sein, spätestens dann wenn sie die App „VideoRoad“ für sich entdecken und ihre eigenen Autofahrten per Smartphone und zugehörigen GPS-Daten aufzeichnen, um sich diese später bei Bedarf und je nach Gusto wieder anzuschauen. Wer seinen Lieben und Bekannten an seinen Trips Anteil nehmen lassen will, kann die Aufzeichnungen auch per Mail, Skype oder Facebook versenden. Für die Videoaufzeichnung wird das Smartphone mit einer Halterung vor der Windschutzscheibe im Inneren des Autos montiert. Dann wird die einfach gestaltete App gestartet, und schon wird der Trip aufgezeichnet. Die anzeigenfinanzierte App gibt es für Android kostenlos, wer die Werbung loswerden will, muss für die Pro-Variante 2,29 Euro zahlen.

Flinc

Viel Aufsehen hat kürzlich ein Start-up mit einer App erregt, die spontan und in Echtzeit Mitfahrgelegenheiten organisiert. Die Rede ist von „Flinc“. Flinc wurde von einer Gruppe Studenten an der Hochschule Darmstadt erdacht und programmiert. Mittlerweile ist daraus eine Unternehmung mit Sitz in Ludwigshafen geworden. Die Idee: Wer auf seinem geplanten Trip noch ein oder mehrere Plätzchen in seinem Auto frei hat, stellt die Fahrt auf Flinc ein. Interessenten können per GPS-Ortung erkennen, ob eine passende Mitfahrgelegenheit im Angebot ist. Die gesendete Anfrage erreicht den Fahrer per Push-Nachricht, Mail oder SMS. Die Anfrage wird bestätigt und schon ist die Fahrgemeinschaft gebildet. Auch Mitfahranfragen können selbstverständlich eingestellt werden. Flinc sorgt dann dafür, dass Angebot und Nachfrage „gematcht“ werden. Als besonderes Highlight bieten die Macher von Flinc Unternehmen an, ihre eigene und gebrandete Seite auf Flinc einzustellen und so ein betriebliches Mobilitätsmanagement zu installieren. Flinc ist für Android und iOS erhältlich und kostenlos.

www.flinc.org


iOnRoad

Zur Kollisionsvermeidung und dem Wahren des korrekten Sicherheitsabstandes auf der Straße kommen heute in hochwertigen Fahrzeugen anspruchsvolle Radar-Lösungen zum Einsatz. Eine ähnliche Funktion kann jedoch auch ein Smartphone übernehmen, wenn es mit einer Fahrassistenz-App wie "iOnRoad" ausgestattet ist. Das Programm ist für Android und iOS verfügbar und kostet 3,99 bzw. 4,49 Euro. Dafür bekommt man eine anspruchsvoll aufgemachte App mit zahlreichen Funktionen. Das Programm verwendet neben der Kamera selbstverständlich auch die GPS-Funktion des Smartphones, um vor Gefahren zu warnen oder auch einfach nur die Fahrt zu filmen, um ein Beweisvideo im Falle eines Unfalls mitzuschneiden. In der Hauptfunktion als Kollisionswarner erfasst das Smartphone per Kamera das vorausfahrende Fahrzeug und ermittelt dessen Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs wird ebenfalls erfasst. Beide werden in Relation zueinander gesetzt und der Gefahrenbereich wird definiert. Wird der Abstand zu gering, wird der Fahrer akustisch und optisch über die Gefahrensituation informiert. Insgesamt handelt es sich hier um einen wirklich innovativen Ansatz. Allerdings ist der Lenker des Fahrzeugs gut beraten, wenn er sich nicht ausschließlich auf diesen Hilfsradar verlässt.

www.ionroad.com


Smiledrive

Ganz frisch ist eine App, die VW zusammen mit Google ersonnen und vorgestellt hat. „Smiledrive“ verbindet das Smartphone via Bluetooth mit dem Bordcomputer des Autos – es muss sich dabei nicht um einen Volkswagen handeln – und kombiniert so Fahrzeug- mit GPS-Daten und weiteren Informationen aus dem Netz. Damit lassen sich umfangreiche Aufzeichnungen zu jeder Fahrt vornehmen. Ähnlich wie bei Glympse kann man auf diese Weise auch die Daheimgebliebenen an seinem Ausflug teilhaben lassen. Es werden unter anderem Wetterdaten, die Geschwindigkeit, die zurückgelegte Distanz und die Fahrzeit aufgezeichnet. Kombiniert wird dieses Datensammeln mit spielerischen Elementen wie sie etwa von dem Lokalisierungsdienst „Foursquare“ bekannt sind. So werden Sticker für besondere Ereignisse verliehen. Beispielsweise, wenn man eine besonders attraktive Straße entlangfährt oder eine Fahrt besonders lange dauert. Begegnet man einem Fahrzeug, in dem die Smiledrive-App ebenfalls aktiviert ist, wird ein Punch registriert. Am Ende der Fahrt wird alles in einem Smilescore zahlenmäßig zusammengefasst. Auch Fotos können während der Fahrt geschossen werden. Alles in allem ist Smiledrive die perfekte App für den eingefleischten Social-Media-Addict, der neben seiner Leidenschaft für soziale Netzwerke auch für das Autofahren lebt.

www.smiledrive.vw.com

Eifersucht ade: Mit der App „Glympse“ kann sich der Partner oder Freunde ständig über den Aufenthaltsort – und Fahrweise – seines Lieben oder der Lieben informieren. Foto © Glympse
„Schatz, ich schick dir einen Glympse“. Foto © Glympse
Verkehrstörungen in Echtzeit, sie spürt die App „Waze“ auf. Foto © Christoph Lippok
Google hat Waze gekauft und will sie künftig in Google Maps integrieren. Foto ©Waze
"Text’n Drive" liest E-Mails und SMS vor. Foto © Christoph Lippok
“VideoRoad” halt die Fahrten filmisch fest. Foto © Christoph Lippok
“Flinc” organisiert Mitfahrgelegenheiten, superschnell versteht sich. Foto © Christoph Lippok
Filmt die Fahrt zur Beweisaufnahme: die App “iOnRoad”. Foto © iOnRoad
“iOnRoad” bietet auch einen Autoauffinder – wenn es mal wieder spät geworden ist. Foto © iOnRoad
“Smiledrive” ist eine ganz neue App aus dem Hause VW. Foto © Smiledrive
Und vergibt Smilepunkte für besondere Ereignisse. Foto © Smiledrive