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ISH digital 2021
Bleibt alles anders

Die ISH präsentierte sich in diesem Jahr ausschließlich digital. Welche Ansätze spannend waren und welche Stellschrauben noch etwas fester angezogen werden könnten, haben wir uns einmal genauer angeschaut.
von Anna Moldenhauer | 29.03.2021

Eine digitale Messe – ein Format, was vor einem Jahr noch keine wirkliche Relevanz hatte, rückt angesichts der anhaltenden, weltweiten Pandemie aktuell vermehrt in den Fokus. Die ISH, Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima, die bisher in den Hallen der Messe Frankfurt ihren Platz hatte, wagte nun den Sprung nach vorne und präsentierte die Ausgabe 2021 ausschließlich digital. Passenderweise zum Weltwassertag am 22. März gestartet, standen zwei Themenfelder besonders im Fokus des Angebots: Nachhaltigkeit und Hygiene. Das Spektrum der Inhalte spannte dabei den Bogen von heiztechnischen Lösungen und Systemen, die einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten sollen, bis zu einer Verminderung des Infektionsrisikos mit Covid19 dank aktueller Lüftungstechnologie. Je nach Interessengebiet konnte aus dem umfangreichen Konferenzprogramm in englischer und deutscher Sprache ausgewählt werden, wie in Form der Expertentalks, die in der professionellen Kulisse eines Aufnahmestudios präsentiert wurden: Sei es die Diskussionsrunde mit dem Bund Deutscher Architektinnen und Architekten und der Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zum "Bauen als materielle Ressource" oder das Zukunftskonzept des "Green Bathroom" im Pop up my bathroom Magazin. Fragen aus dem Publikum konnten während der Talks in einem moderierten Chat gestellt werden.

Parallel zum Konferenzprogramm gab es die Option zwischen den Produktpräsentationen der 373 Unternehmen aus 33 Ländern zu wählen, wie von hansgrohe und Axor, die unter anderem die hansgrohe Brausenfamilie "Pulsify" vorstellten, eine modulare, wassersparende Lösung für kleine Räume, oder die Weiterentwicklung der "Axor One" Kollektion von Edward Barber und Jay Osgerby. Zudem bot sich für die Hersteller die Möglichkeit die digitale ISH als Plattform nutzen, um über ihre Ausstellerprofile auf eigene digitale Events hinzuweisen, seien es die "hansgrohe Aqua Days" von hansgrohe, die "Innovation Days" bei Villeroy & Boch oder die "Bette Future Days" von Bette. Das umfangreiche Teilnehmerspektrum der realen Messe konnte die ISH digital allerdings noch nicht abbilden, Hersteller wie Laufen oder Vola fehlten unter anderem als Aussteller oder beschränkten sich auf einzelne Ansprechpartner, die über die Nutzerprofile kontaktiert werden konnten.

Handwerk im Vorteil

Das seit dem ersten Lockdown mittlerweile ein Jahr vergangen ist und die Branche etwas Zeit hatte eine digitale Messepräsenz professionell vorzubereiten, zeigte die Qualität der Produktpräsentationen auf der ISH digital und in ihrem Umfeld recht deutlich: burgbad stellte so unter dem Titel "burgbad@home" bereits Anfang Februar 2021 seine Produktneuheiten auf einem real gebauten Messestand vor, dessen virtuelle 360°-Panoramatour auch während der ISH über das Ausstellerprofil besichtigt werden konnte. Die Kontaktaufnahme mit den Herstellern gestaltete sich im Allgemeinen dank der Option der direkten Terminvereinbarung bequem, für Meetings bot die Plattform der ISH eigene digitale Räume mit Videochat an.

Verbesserungsbedürftig könnte man hingegen die Suchfunktion gestalten, vor allem mit Blick auf die Möglichkeit der zielgruppenspezifischen Angebote: Gab man so in die Suche die Schlagwörter "Architektur" oder "Design" ein, wurden schlicht die Teilnehmer der ISH digital aufgelistet, deren Profil zu dem jeweiligen Begriff passen könnte. Ein Ergebnis, dass auch die thematisch passenden Talks und Präsentationen miteinbezogen hätte, wäre an dieser Stelle für den Messebesucher ideal gewesen. Das SHK-Handwerk hatte es da schon einfacher: Ein eigener Handwerkskanal auf der ISH Digital bot gebündelt und übersichtlich umfangreiche Neuigkeiten zu den Themen Personal, Aus- und Weiterbildung, Datenmanagement und Digitalisierung, Markt und Risikominimierung. Inklusive virtuellem Messerundgang, ISH-Webradio und passender Expertentalks.

Hilfreich waren auch die Direktlinks in der Navigation zu den separaten Kommunikationsplattformen: Wie zu Pop up my bathroom, auf der die Designtrends "Green Bathroom", "Living Bathroom", "Smart Bathroom" sowie die zentralen Branchenthemen Sanierung und Hygiene vorgestellt werden. Oder zum Technologie- und Energie-Forum der Messe Frankfurt und dem Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH), das Lösungsstrategien zur Erreichung der ambitionierten Klimaziele im Gebäudebereich aufzeigt. Erfreulicherweise sind diese wie weitere Inhalte der ISH digital auch nach Messeschluss noch über die Webseite der Weltleitmesse für Wasser, Wärme, Klima abrufbar. "Ich bin der Meinung, dass das Rahmenprogramm in digitaler Form sogar besser funktioniert, da die Ablenkung durch das Messegeschehen nicht so groß ist. Zudem habe ich den Eindruck, dass die digital geführten Gespräche auf das Wichtigste konzentriert sind", so Dr. Thomas Welter, Bundesgeschäftsführer Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA und Mitglied im Beirat der ISH.

Fazit: Das die ISH digital nicht in der Gänze das reale Erleben der Fachmesse ersetzen kann, war abzusehen, da ein virtuelles Event per se nicht den persönlichen Austausch, eine zufällige Begegnung auf der Fläche oder eine individuelle Produktpräsentation inklusive Haptik leisten kann. Ebenso ist der aus Pre-Corona Zeiten gewohnt intensive Messebesuch schon allein aus zeitlichen Gründen am Schreibtisch kaum möglich. Das war aber auch nicht der Anspruch: Wolfgang Marzin, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Frankfurt GmbH, sagte bereits vor Messestart in einer Presseerklärung der ISH, dass er digitale Elemente in Zukunft als wichtige Ergänzung für physische Messen sehe, da sie neue Potenziale böten. Das Digitale könne die persönliche Begegnung dennoch nicht vollends ersetzen und er freue sich schon jetzt darauf, die Welt künftig wieder in Frankfurt am Main begrüßen zu dürfen.

Auch wenn auf die virtuelle Präsenz beschränkt, hat es die ISH digital durchaus geschafft, mit einem gut gefüllten Eventkalender aus Produktpräsentationen und Expertentalks den großen Hunger der Branche nach Austausch und Information zu stillen und viele neue Anknüpfungspunkte zu bieten. Das Programm umfasste so 277 Live- und Streaming-Events auf fünf Konferenzkanälen, dazu kamen persönliche Kontakte über Chat und Videoanrufe. Wer die Livestreams verpasst hat, kann die Aufzeichungen noch bis zum 30. April 2021 auf der Plattform im Nachgang anschauen. Ebenso wurden gut 30 Start-ups die Möglichkeit gegeben, über das Format der digitalen Messe ihre Ideen vorzustellen und mit passenden Ansprechpartnern aus der Gebäudetechnik in Kontakt zu treten. Wie für den Besuch einer realen Fachmesse brauchte es angesichts dieser Fülle etwas Vorbereitungszeit, um die individuell wichtigsten Angebote aus dem Programm zu filtern und sich mit Hilfe der Kalenderfunktion der ISH digital einen eigenen "Laufplan" zusammenzustellen. "Ich gehe davon aus, dass die Fachmessen zukünftig hybrider werden, denn die große Chance ist, das Angebot der physischen Messe digital zu unterstützen, ohne in Konkurrenz zu treten – sei es im Sinne der Vor- und Nachbereitung, digitalen Postfächern für die Kataloge oder einem Matchmaking. Über eine Plattform wie die ISH digital gestaltet sich das Netzwerken angenehm schnittstellenarm", so Welter.

Man darf gespannt sein, wie die ISH sich vom 13. bis 17. März 2023 aufstellen wird, der Anfang für ein Messeformat der Zukunft wäre gemacht. An Wachstum mangelt es dem SHK-Sektor indes nicht: Laut einer Pressemeldung der ISH erwirtschaftete die deutsche Branche der Haus- und Gebäudetechnik 2020 einen Umsatz von 64,11 Mrd. Euro – ein Plus von 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Eröffnung ISH digital 2021