Komfortabel in der Kurve
Robert Volhard: Ihre Zusammenarbeit mit Knoll begann 2016, als Sie den Showroom des Unternehmens in Los Angeles eingerichtet haben. Wie war diese erste Zusammenarbeit?
Mark Lee: Das Projekt war für uns faszinierend, da Knoll etwas komplett Neues ausprobieren wollten. Der Großteil ihres Umsatzes wurde damals mit Objektmöbeln erzielt, Studio- und Wohnmöbel spielten nur eine Nebenrolle. Parallel gab es einen Wandel in der Arbeitsweise, das Homeoffice wurde beliebter, die Büros wohnlicher. Knoll wünschte ein Konzept, das sich von dem klassischem Showroom unterscheidet. Der Fokus lag auf Wohnmöbeln, die eine eigene Identität haben. Wir haben demnach eine Struktur geschaffen, die verschiedene Ensembles und Szenarien zulässt.
Nun haben Sie die Zusammenarbeit mit einem Möbeldesign fortgesetzt: Das Ergebnis ist das Sofa "Biboni". Sie reihen sich damit ein in eine Folge großer Namen – wie Mies van der Rohe oder Anni Albers. Hat das bei Ihnen einen Leistungsdruck erzeugt?
Mark Lee: Ich liebe das Design von Möbeln schon sehr lange. Bisher habe ich mich aber auf das Sammeln beschränkt, da mein Respekt vor dieser Aufgabe zu groß war. In meiner Arbeit als Architekt habe ich über die letzten Jahre viele Einbaumöbel entworfen, das hat mir einen neuen Zugang zu dem Thema gegeben. Mit Jonathan Olivares, SVP of Design bei Knoll, habe ich zudem immer mal darüber gesprochen, wie ein Möbel aussehen könnte, das Loungesessel wie Sofa ist. Er wünschte sich ein kleineres Sofa, das einen besonders hohen Sitzkomfort bietet. Eine lässige Haltung, aber ausdrucksvoll, so dass es sowohl an einer Wand wie in der Mitte des Raumes eine tolle Wirkung hat.
"Biboni" erinnert formal ein wenig an das Maskottchen des Reifenherstellers Michelin, das "Bibendum". War das für Sie eine Inspiration?
Mark Lee: Genau, die Figur des Michelin-Männchens und der "Bibendum Armchair" von Eileen Gray aus dem Jahr 1926. Sie hat damals den Halbkreis als Form durchgehend extrudiert. Heute haben wir technisch noch weitere Möglichkeiten, um die Möbel ergonomischer zu gestalten. Ein besonderes Augenmerk lag auf dem Bereich der Armlehnen, der ist auch in die Namensgebung eingeflossen: "Biboni" ist eine Kombination aus "Bibendum" und "Macaroni". Die Nudelsorte ähnelt einem Ellenbogen und dessen Form hat uns für diesen Part inspiriert. Spannend finde ich auch, wie unterschiedlich der Entwurf wirkt, je nachdem ob der Bezug in Schwarz, Weiß oder in einer Kombination der beiden Farben gehalten ist. Bei der weißen Version sind alle Schatten und Schattierungen gut zu erkennen, bei der schwarzen Variante steht vor allem das Profil im Vordergrund. Wir finden, dass der Entwurf in die Gegenwart passt, aber auch an eine Gestaltung erinnert, die in der Mitte des Jahrhunderts ihren Ursprung hat, wie ein Art-Déco-Möbel. Es hat einen eigenen Charakter erhalten und fügt sich parallel gut in das bestehende Ensemble von Knoll ein. Aus der Kombination ergeben sich immer neue, spannende Zusammenstellungen.