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Ein gewaltiger Legostein als Krönung: Auch aus der Luft gibt sich der Bauherr deutlich zu erkennen.

Stadtkrone für Lego City

I was made for buildin' you baby... Die Architekten von BIG haben ihre ideale Bauaufgabe gefunden: ein gewaltiges Lego-Haus.
von Fabian Peters | 07.10.2017

Es gibt Städte, deren Wohl und Wehe untrennbar mit ihrem Hauptarbeitgeber verknüpft sind und dies auch in ihrem Stadtbild zum Ausdruck bringen. Wolfsburg beispielsweise, dessen Zentrum dominiert wird von den gewaltigen Massen des Volkswagenwerkes, oder Leverkusen, über dem ein riesenhaftes Bayer-Kreuz schwebt. Ähnliches gilt für die dänische Gemeinde Billund. Seit dem frühen 20. Jahrhundert bestimmen die unternehmerischen Ambitionen der Familie Christiansen wesentlich die Geschicke des Ortes, anfänglich in Form einer Möbelfabrik, aus der dann in den 1930er Jahren einer der größten Spielzeughersteller der Welt hervorging – Lego. Jetzt manifestiert sich diese Verbindung auch städtebaulich. An der Stelle des ehemaligen Rathauses wurde seit 2014 das "Lego House" errichtet. Damit stellt sich jetzt nicht mehr das Gemeinwesen im Ortszentrum dar, sondern der wichtigste Steuerzahler – klare Machtverhältnisse.

Gewächshaus für Legobäume: Der zentrale Aufgang im Lego House in Billund

Entworfen haben den neuen Ortsmittelpunkt Bjarke Ingels und seine Mannen von BIG. Das Kopenhagener Architekturbüro ist bekannt für Entwürfe, die zahlreiche und originelle öffentlichen Räume schaffen. Man versuchte mit dieser Wahl also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits sich im Ruhm des jungen und charismatischen Stararchitekten sonnen und gleichzeitig den Verdacht zerstreuen zu können, dass hier die Allgemeinheit aus der Ortsmitte vertrieben werden solle. Stattdessen eitel Sonnenschein: Ein neuer "Stadtplatz" für alle sei entstanden, für die Bewohner genauso wie für die Touristen, die jetzt nicht allein das "Legoland" vor den Toren der Gemeinde besuchen sollen, sondern auch ihr Zentrum. Letztere gelangen von der neuen Plaza in die anderen Bereiche des Hauses: die vier "Spielzonen", gewidmet dem kreativen, kognitiven, sozialen und emotionalen Lernen, die "Masterpiece Gallery" und die historische Sammlung der Firma. 

Weiße Bauklötze: Vom Billunder Hauptplatz aus wirkt das Lego House zurückhaltender als aus der Luft.

Die Architektur wirkt erwartungsgemäß BIG-mäßig und ebenso erwartungsgemäß wie aus einem Bausatz der "Lego Architecture"-Serie errichtet. (Und natürlich ist das Haus auch im Kleinen als Bausatz erhältlich.) Kein Wunder, sagen doch BIG, dass es Ihnen so scheint, dass ihr Büro allein nur zu dem Zweck entstanden sei, dieses eine Gebäude zu entwerfen. Das Haus als Spielzeug, das Spielzeug als Haus: Architettura parlante nennt das der Kunsthistoriker – sprechende Architektur. Bleibt die Frage, ob die Billunder ihr Stadtzentrum als Kinderzimmer mögen.