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Marco Dessi

Drei Fragen an Marco Dessí

Der Industrie- und Produktdesigner Marco Dessí wurde in der italienischen Stadt Meran in den Südtiroler Alpen geboren und lebt in Wien. Warum Design für ihn ein interaktiver Prozess ist und es sich lohnt, das Werk der alten MeisterInnen neu zu interpretieren, sagt er uns im Interview.
20.04.2022

Anna Moldenhauer: Marco, woran arbeitest du gerade?

Marco Dessí: Aktuell arbeite ich an einem gepolsterten Sitzmöbel für die Firma Tecta, ein schönes Projekt, dass wir während den letzten zwei Pandemiejahren entwickelt und mit sehr viel Optimismus vorangetrieben haben: "D70" – ein typologieübergreifender Sessel, dessen Form Elemente eines Kaminsessels, eines Loungers und allgemein eines kleinen Rückzugsort bietet. Wir können es kaum erwarten das Resultat auf dem Salone del Mobile im Juni 2022 in Mailand zu präsentieren! Für Lodes entwickle ich aktuell eine Leuchte, die spezifisch für niedere Raumhöhen konzipiert ist. Sie orientiert sich einer sehr klassischen Typologie, fällt jedoch mit einer subtilen Geste auf. Für Thonet sind wir dabei den Sessel "520" nochmals zu industrialisieren mit neuen, technisch kniffligen Details. Die große Nachfrage nach diesem Entwurf hat uns veranlasst in innovativere Werkzeuge zu investieren um am Markt konkurrenzfähig sein zu können. Parallel lehre ich derzeit an der New Design University in St. Pölten.

Die Bandbreite deiner Gestaltung reicht von Leuchten über Möbel bis zu Trinkgläsern. Du möchtest dich nicht auf einen Stil oder ein Material festlegen, das Produkt ist das Ergebnis eines interaktiven Prozesses. Was benötigt diese Entwicklung, um erfolgreich zu sein?

Marco Dessí: Mich interessieren die verschiedensten Themen der Wohnkultur, aber vor allem treibt mich die Frage an, wie das Ergebnis aussieht wenn ich mich damit beschäftige. Ich bin gebürtiger Südtiroler, zweisprachig aufgewachsen und von zwei Kulturen geprägt – das emotional mediterrane und rational alpenländische. Das spiegelt sich auch in meiner Arbeitsweise und im Design wieder. Ein erfolgreiches Produkt kommuniziert eine klare Idee und weckt Emotionen. Ich berücksichtige im Entwicklungsprozess die verschiedensten Einflüsse, die oft auch konträr sind. Aus dieser erstmal losen Sammlung an Ideen entwickeln sich meine Produkte. Mein Stil ist daher das Resultat meiner Arbeitsweise. Und schlussendlich sind ein guter Dialog, die Detaillösungen und die Qualität der Ausführung für den Erfolg der Entwicklungen verantwortlich.

In den letzten Jahren hast du für das MAK Wien Entwürfe von Otto Wagner und Dagobert Peche neu interpretiert. Warum ist es für einen neuen Ansatz wichtig, hin und wieder zurückzuschauen?

Marco Dessí: Das MAK Wien beauftragte mich zwei Arbeiten zu produzieren, die an das Werk von Dagobert Peche und Otto Wagner angelehnt sind. Meine Interpretationen wurden dann zusammen mit den Originalen gezeigt. Für mich war es sehr spannend in diesem Kontext die zeitgenössische Relevanz der beiden Meister zu zeigen und erlebbar zu gestalten. Bei einigen meiner Designs für Hersteller gehe ich einen ähnlichen Weg, für den "Thonet 520" habe ich mich so zum Beispiel mit Bugholzklassikern befasst und den Rückenbügel als unverkennbares Zitat in meinem Entwurf eingearbeitet, bei der Hängeleuchte "Cima" für Lodes stand die Hängeleuchte "Parentesi" von Achille Castiglioni Pate – wobei hier auch die spielerische Herangehensweise angenommen wurde. Zurückschauen hilft unter anderem auch die eigene Arbeit in den richtigen Kontext einzubetten. Viele Möbelhersteller arbeiten noch mit traditionellen und sehr handwerklichen Prozessen, daher sind gewisse Verfahren, Materialien, Werkzeuge und auch viele Typologien unverändert geblieben. Mit einem frischen Blick auf dieses Werk lassen sich innovative Produkte für die Zukunft hervorbringen.