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Drei Plätze im Grünen: Auf dem London Design Festival 2016 präsentiert MINI Living „Third Places“, die zur Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum beitragen sollen.

Stylepark MINI
Dreimal dritte Orte

von Jasmin Jouhar | 10.10.2016

An der Ecke Old Street und Pitfield Street in Shoreditch zeigt sich London von seiner zeitgenössischen Seite. Hierher kommen die Leute zum Shoppen und Ausgehen, und in den umliegenden Straßen haben viele Start-ups ihre Büros. Aber wie überall in der britischen Hauptstadt ist auch im East End der Wohnraum knapp. Wer hier wohnen möchte, begnügt sich meist mit wenig Platz. Automobilhersteller MINI hatte sich also genau den richtigen Ort ausgesucht, um mit dem Londoner Architekten Asif Khan während des London Design Festivals 2016 einen möglichen Ansatz zu präsentieren, wie man mit vorhandenem Raum und seinen Potenzialen umgehen und so neue Nutzungsmöglichkeiten für die Menschen in der Stadt schaffen könnte. Unter dem Titel MINI LIVING „Forests“ konzipierte Khan drei frei zugängliche architektonische Installationen, die im Stadtalltag Raum und Luft schaffen, um sich zurückzuziehen, kreativ zu arbeiten oder sich mit anderen auszutauschen.

„Wir freuen uns sehr darüber, wie die Menschen die Installationen nutzen“, sagt Asif Khan während eines Rundgangs. „Sie sind fasziniert - und das Beste: Sie fangen an, miteinander zu sprechen, Fremde auf der Straße.“ „Uns geht es darum, die sogenannten „Third Places“ oder auch „dritten Orte“, also Orte zwischen Arbeit und Wohung, neu zu denken“, erklärt Oke Hauser, Creative Lead von MINI LIVING. „Konventionelle „Third places“ wie etwa Cafés, basieren meist auf dem Konzept von Konsum und lassen sich kaum personalisieren. Damit diese Räume als Erweiterung des privaten Raumes, der eigenen Wohnung, gedacht werden können, haben wir unser Prinzip des „creative use of space“ auf unternutzte öffentliche Stadträume angewandt, mit spezifischen Funktionen belegt und öffentlich nutzbar gemacht.“ Die Frage, die hinter dem „Forests“-Projekt von MINI LIVING steht, lautet: Wie können die Zwischenräume zwischen privat und öffentlich zugänglicher und persönlicher gestaltet werden und wie lässt sich dafür das vorhandene räumliche Potenzial der Stadt nutzen?

Speisen im Pflanzenmeer: Im „Connect-Space“ kann jeder seine Mahlzeiten in die Öffentlichkeit verlagern.
Arbeiten in der städtischen Oase: der „Create-Space“ liefert sogar Strom fürs Notebook.

Das Installationskonzept umfasst drei verschiedene Orte, die jeweils einer Aktivität gewidmet sind: der Entspannung, der Begegnung und der Produktivität. Alle drei Installationen bestehen aus lediglich einem Raum, sind aus den gleichen Materialien gefertigt, je nach Funktion wurde aber für jede ein individuelles Pflanzenkonzept erarbeitet. Die Wände der Installationen bestehen aus Polycarbonat-Wellplatten, der Boden aus einem Granulat aus recycelten Gummireifen und das Dach aus gebürstetem Aluminium. Nicht nur das Pflanzenkonzept, auch die räumliche Struktur ist der jeweiligen Aktivität angepasst: Der „Relax Space“ (Raum der Entspannung) etwa steht als aufgeständerter Turm auf einem kleinen Hügel. In den Raum hinein kommt man durch einen einen Zugang auf der Unterseite, durch den man sich in den Raum buchstäblich hinaufziehen muss. Der Effekt? „Ein Moment der Abwesenheit“, wie Khan es beschreibt. Die halbdurchsichtigen Kunststoffwände dimmen die Stadt jedenfalls herunter, die Topfpflanzen heitern sie auf.

Dieselben Materialien und dieselbe Idee kamen auch bei Raum zwei und drei zum Einsatz, jedoch für eine andere Nutzung. Den „Connect Space“ (Raum der Begegnung) haben MINI und Asif Khan wie einen umbauten Korridor mitten auf dem belebten Bürgersteig der Old Street platziert. Links und rechts des Mittelgangs bieten sich Holzbänke zum Sitzen an, darum herum wuchert ein Dschungel aus tropischen Pflanzen. Und tatsächlich: Die Passanten durchqueren den Pavillon, manche stoppen, schauen, wundern sich und kommen miteinander ins Gespräch. Ein tagsüber zusammengeklappter Tisch wird am Abend zusammengebaut und ein privates Dinner mit Freunden mitten in der Stadt zelebriert. Der dritte Raum, der „Create Space“ soll als öffentlicher Arbeitsplatz funktionieren. Etwas abseits im Gartenhof eines Wohnblocks gelegen, besteht sein Innenleben aus abgetreppten, frei konfigurierbaren Gummiblöcken zum Sitzen. Mit USB-Anschlüssen, Wi-Fi und Stromversorgung für Rechner stehen alle notwendigen Funktionen zum kreativen Arbeiten mitten in einem urbanen Park zur Verfügung.

Was alle drei Orte gemeinsam haben? Sie bieten Raum an, ohne von den Nutzern etwas dafür zu verlangen, und aktivieren zuvor ungenutzte Flächen in der Stadt. „Diese neu geschaffene Raumkategorie ermöglicht es, Stadtraum neu zu denken, die Definition von privatem und öffentlichem Raum aufzuweichen und somit konventionelle Wohnkonzepte zu hinterfragen“ erklärt Oke Hauser.

Für die Atmosphäre der Räume seien dabei die Pflanzen wichtig, wie Asif Khan beim Rundgang betont. Ausgesucht von der Pflanzenexpertin Jin Ahn aus dem Stadtteil Hackney, beleben sie nicht nur die Räume. Die kleineren Pflanzen stehen auch explizit zum Mitnehmen bereit. Wer will, kann auch eigene Pflanzen dazustellen, wie bei einer Tauschbörse. Der Hintergrund: „Pflanzen haben keinen besonderen monetären Wert“, sagt Asif Khan. „Ihr Wert liegt darin, dass sie Verantwortungsgefühl in uns wecken, und dass sie mit ihrem Wachsen das Potenzial zur Veränderung verkörpern.“

Nur mit einer kleinen Kletterpartie zu erreichen: Der „Relax-Space“ soll als Rückzugsort dienen.

Nach Ende des diesjährigen London Design Festivals werden die einheimischen Arten in einen Park gepflanzt, die tropischen Pflanzen wachsen in einer sozialen Einrichtung in Shoreditch weiter und aus den Baumaterialien werden voraussichtlich Überdachungen für Fahrradständer. MINI setzt seine Erkundungen des Stadtlebens währenddessen fort. Nach dem Auftakt von MINI LIVING beim Salone del Mobile 2016 und der Londoner Installation blickt MINI demnächst auf eine andere Stadt: New York. Wobei MINI mit dem nächsten Projekt kommt, um zu bleiben. Denn: Im Stadtteil Brooklyn eröffnet die Marke noch in diesem Jahr „A/D/O“, einen auf mindestens fünf Jahre angelegten „place for designers“. Untergebracht auf mehr als 2.000 Quadratmetern in einer umgebauten Lagerhalle, wendet sich das Angebot mit einem Designlabor, mit Werkstätten und Arbeitsplätzen, mit Kursen und Ausstellungen vor allem an Design Professionals. Ein Restaurant, ein Shop und ein für alle zugänglicher Coworking-Space gehören ebenso dazu wie Urban-X, ein Förderprogramm für Start-ups.

Leuchtendes Refugium: Im hochverdichteten städtischen Raum sollen die „Third Places“ attraktiven und nicht-kommerziellen Raum für Alle schaffen.
Geplanter Wildwuchs: Das Begrünungskonzept wurde eigens für das Projekt entwickelt.