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Würzen im Handumdrehen

Raffinierte Kelle: Nendo hat für ein Restaurant in Kyoto einen Spender für pulverförmige Sojasoße entworfen.
von Thomas Wagner | 16.08.2017

Für den japanischen Industriedesigner Kenji Ekuan (1929 bis 2015) hatte Design der Verbesserung des Lebens zu dienen. Dass und wie das funktioniert, erfährt man in Japan jeden Tag auf dem Tisch, zumindest, wenn dort Ekuans bereits 1961 entworfener Dispenser für Sojasoße steht. Längst ist der Saucenspender mit der bauchigen Silhouette für die nach einem traditionellen Rezept allein aus den Zutaten Soja, Weizen, Wasser und Salz gebraute Sojasoße zu einem Markensynonym für die Soße von Kikkoman geworden. Die 150 Milliliter fassende Flasche wirkt ebenso schlicht wie elegant. Sie ist gut ausbalanciert und in der Handhabung äußerst praktisch, da Ekuan im Ausgießer zwei einander gegenüberliegenden Öffnungen angebracht hat: Durch die eine kann die helle braune Würzflüssigkeit aus dem Gefäß, durch die zweite Luft in dasselbe strömen, wodurch sich auch kleine Mengen Sojasoße tropffrei dosieren lassen. Man merkt: Wie sich ein Ding gebrauchen lässt, hat in Japan schon immer eine besonders große Rolle gespielt.

Nun hat sich auch Nendo der traditionellen japanischen Würze angenommen, freilich in einer ganz anderer Darreichungsform, und ein Gefäß für einen neuen Typus einer pulverförmigen Sojasoße – kona-shoyu (pulverisiert = kona; Sojasoße = shoyu) – gestaltet. Da Pulver im Unterschied zu flüssiger Würze der Speise keine Feuchtigkeit hinzufügt, bleibt vor allem Gebratenes knusprig. Während entsprechende Gefäße bislang oft kleine Öffnungen haben, wodurch sich das kona-shoyu schwer dosieren lässt, und die Gefäße ohnehin nicht zu dem weiterentwickelten kona-shoyu passen würden, hat sich Nendo bei der Gestaltung seines Spenders an Schöpfkellen orientiert, an solchen, wie sie in der Teezeremonie und an Wasserbecken zur rituellen Waschung in Schreinen verwendet werden.
Ersonnen hat Nendo das handliche Gefäß für das Shimogamo-Saryo (wörtlich übersetzt „Tee-Haus in Shimogamo), ein in der Nähe des Shimogamo-Schreins in Kyoto gelegenes traditionelles japanisches Restaurant. 

Der schalenförmige Spender lässt sich mit einem Deckel aus Kork verschließen und verfügt am Rand über eine Lippe zur leichteren Dosierung des Pulvers. Durch eine leichte Drehung des Handgelenks kann das Sojapulver zudem gut über die Speise verteilt werden. Da es sich um ein Doppelgefäß handelt, das, wird es senkrecht gestellt, an der Unterseite leicht abgeflacht ist, kann das Pulver nach Gebrauch durch die trichterförmige Verbindung zwischen den beiden Teilen in die geschlossene untere Hälfte zurückgleiten. Nach einem ähnlichen Prinzip ist schon vor Jahren der niederländische Designer Aldo Bakker verfahren – mit Gefäßen für Öl, Wasser, Salz und – allerdings flüssige – Sojasoße.