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Das „Oberholz“ liegt in den italienischen Dolomiten vor einem beeindruckenden Bergpanorama.

Winterharte Häuser 11
Verdreifachte Aussicht

Statt in einem Gastraum zu sitzen und die Aussicht zu genießen, muss sich der Gast in der neuen Skihütte „Oberholz“ in den italienischen Dolomiten zwischen drei Räumen entscheiden, deren Panoramafenster sich jeweils einem anderen Berg zuwenden.
von Florian Heilmeyer | 14.03.2017

Auf den ersten Blick sieht das neue Bergrestaurant „Oberholz“ so aus, als hätte jemand das VitraHaus von Herzog & de Meuron aus Weil am Rhein stibitzt und hier oben, hoch in den italienischen Dolomiten, neu zusammen gesetzt. Aber der Eindruck täuscht. Zwar spielen auch die beiden Architekten Pavol Mikolajcak und Peter Pichler, die diese Hütte nach einem Wettbewerbsgewinn gemeinsam entworfen haben, mit dem Thema des Satteldachhauses als „Urhütte“. Sie stapeln hier allerdings nichts übereinander, sondern lassen in einer geschickten Drehung aus einem einzelnen, langgestrickten Gebäudekörper drei Gasträume wachsen, die sich den Bergen in der Ferne zuwenden.  

Der gemeinsame Entwurf von Pavol Mikolajcak und Peter Pichler verdreifacht die Aussicht.

Wie ein „gefällter Baum“ sei dieser Entwurf zu verstehen, dessen hinteres Ende mit den Funktionsräumen und der Küche leicht in den Berg gegraben wurde. Wenn das der Stamm ist, der das Haus „mit der Landschaft verbindet“ wie die Architekten sagen, dann wären die drei Zimmer die Äste. Um diese Assoziationen auch bei den Gästen zu verstärken, die den Erläuterungstext nicht gelesen haben, wurde das Oberholz außerdem mit reichlich Holz von regionalen Bäumen ausgestattet: Die Außenfassade ist aus dunklen Lärchenbrettern, die Möbel sind aus Eiche und das auffällige, raumprägende Rippentragwerk der Innenräume ist aus heller Fichte.

Wie in einem gefällten Baum: aus einem „Stamm“ wachsen drei Gasträume.

Dieses offene Tragwerk ist gestalterisch der unbestrittene Hauptdarsteller im Inneren. Die Lamellen unterstreichen dramatisch die sanfte Drehung, mit der sich die drei Räume aus dem einen Raum vor der Bar entwickeln. Die riesigen Fenster in den Giebelwänden sind dann sozusagen das i-Tüpfelchen der innenräumlichen Dramaturgie. Wer will könnte sich statt an einen gefällten Baum auch an das Skelett eines seltsamen, dreiköpfigen Fischs oder einer Schlange erinnert fühlen, in dessen Verdauungstrakt man hier gelandet ist. Welche Assoziation beim Genuss der angebotenen, regionalen Spezialitäten von „Chefkoch Franz und seinem Team“ dann besser schmeckt, muss jeder selbst entscheiden. Übrigens gibt es vor der Bar auch noch eine große Außenterrasse, die sich sanft in die Biegung des Hauses schmiegt und auf der sich das Bergpanorama einfach ganz unverdreht genießen lässt.  

Die Außenterrasse bietet ein unverdrehtes Alpenpanorama.
Grundriss Obergeschoss: die Räume für die Technik und die Küche wurden leicht in den Berg gegraben.
Giebelwand aus Glas: die drei Gasträume richten sich jeweils auf eine andere Bergspitze aus.