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Diego Vencato und Marco Merendi

Geschmeidiger Beton

Mit "Caementum" haben Diego Vencato und Marco Merendi für Pedrali einen Monoblock Beistelltisch aus Zement entworfen, der fleckenbeständig ist und mit einer samtig-weichen Oberfläche überrascht. Im Gespräch erläutert Diego Vencato das Konzept.
23.09.2021

Anna Moldenhauer: Diego, was war für dich und Marco bei der Entwicklung von "Caementum" für Pedrali wichtig?

Diego Vencato: Wir experimentieren seit fünf oder sechs Jahren mit Beton, um die technischen Möglichkeiten zu erforschen, wie das Material am sinnvollsten für die Gestaltung eingesetzt werden kann. Wir wollen keine Fugen und keinen Kleber verwenden, die Form soll aus einem Guss sein. Was die Ästhetik betrifft, so haben wir uns von großen Meistern wie Angelo Mangiarotti inspirieren lassen. Er hat mit so wenig Material wie möglich gearbeitet und diesen Ansatz greifen wir bei "Caementum" für Pedrali auf. Um den Beton aus der Architektur in ein Nutzobjekt zu übertragen, kommt es auf die richtigen Geometrien und Proportionen an. Man sollte einen Gebrauchsgegenstand anfassen wollen, wozu eine andere Haptik nötig ist als bei einer Wand. Wir versuchen daher, dem Material eine gewisse Prägnanz zu geben - warm und glatt statt rau und kalt.

Ihr habt ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Oberfläche des Betons samtig weich zu machen. Kannst du etwas mehr dazu sagen?

Diego Vencato: Wir verwenden einen abwaschbaren Hochleistungszement, der fleckenbeständig ist. Die Rezeptur kann ich nicht verraten, aber die Zusatzstoffe, die dem Zement zugesetzt werden, garantieren eine höhere mechanische Festigkeit und Beständigkeit gegen Temperaturschwankungen. Der Zement nimmt keine Flüssigkeit auf und ist unempfindlich gegen Flecken und Kratzer.

Die Ästhetik von "Caementum" verrät das Material nicht auf den ersten Blick; ihr habt den Beton von seinem rohen Aussehen befreit. Warum war das für euch wichtig?

Diego Vencato: Für uns zählt beim Design die Beziehung zwischen Menschen und Dingen. Wenn man einen Gegenstand benutzt, muss man mit ihm zufrieden sein, in technischer Hinsicht, aber auch in Bezug auf seine haptischen Eigenschaften. Ein Tisch aus Zement ist eine Herausforderung auf mehreren Ebenen: die klassisch brutale Ästhetik des Materials, die Empfindlichkeit der Oberfläche gegenüber Flecken, das hohe Gewicht. Nach unserer Erfahrung erwarten die Kunden von einem Gebrauchsgegenstand aus Beton, dass er robust und flexibel für den Innen- und Außenbereich ist. Bei "Caementum" für Pedrali zeigen wir die typische Oberfläche des Materials im Fußbereich, während die Tischoberfläche glatt und angenehm anzufassen ist. Der Beton ist abwaschbar und die Farbe hält auch der Witterung stand.

Wie habt ihr die Farben für "Caementum" ausgewählt?

Diego Vencato: Wir haben überlegt, welche Farben gut zu diesem Material passen würden. Insgesamt sind 12 natürliche Farben entstanden, aus denen Pedrali dann ausgewählt hat. Die Farbtöne basieren auf natürlichen Oxidationsmitteln und Farbstoffen auf Wasserbasis, so dass sie den Witterungsbedingungen standhalten und sich die Farbe durch UV-Strahlung nicht verändert. Außerdem war es uns wichtig, dass sich die Farben gut miteinander kombinieren lassen.

Warum habt ihr euch dagegen entschieden, eine Grundkonstruktion zu entwerfen und diese dann mit Zement zu ummanteln?

Diego Vencato: Wir arbeiten bevorzugt mit dem Material wie es ist, und verwenden es nicht nur als Basis, um es dann mit einem anderen Material zu umhüllen. Außerdem entwerfen wir gerne Objekte, die intuitiv verständlich sind. Die Herausforderung besteht darin, so wenig Material wie möglich zu verwenden und das ideale Gleichgewicht zwischen Gewicht und Durchmesser zu finden, so dass der Tisch flexibel ist und trotzdem stabil bleibt. Wir haben also viel an den Proportionen und Abmessungen gearbeitet, um sicherzustellen, dass alles gut zusammenpasst. Der Tisch ist daher innen hohl, was sein Gewicht reduziert. Um den Boden in Innenräumen nicht zu zerkratzen, haben wir ihn außerdem mit kleinen Nylonfüßen versehen.

Es wird derzeit viel über die Nachhaltigkeit von Beton diskutiert. Wie ist eure Meinung dazu?

Diego Vencato: Unserer Meinung nach hängt es davon ab, wie der Beton verwendet wird und welche Zusammensetzung er hat. Es gibt verschiedene Arten von Beton auf dem Markt, wir arbeiten mit Produkten auf Wasserbasis. Meiner Meinung nach gibt es kein gutes oder schlechtes Material, man muss es nur richtig verwenden, dann kann es auch eine lange Lebensdauer haben.

Marco Merendi ist Architekt, du bist Industriedesigner. Wie kann ich mir eure kreative Zusammenarbeit vorstellen?

Diego Vencato: Wir haben beide mehr oder weniger die gleiche Vision. Wir fordern uns oft gegenseitig heraus, geben uns nicht schnell mit einer Lösung zufrieden, aber wir streiten nie. Wir wollen das Beste aus technischer, ästhetischer und nutzungsbezogener Sicht erreichen. Außerdem bin ich der Meinung, dass gute DesignerInnen sich dadurch auszeichnen, dass sich ihre Produkte harmonisch in jede Architektur integrieren lassen.

"Caementum" von Diego Vencato und Marco Merendi für Pedrali auf dem supersalone