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STYLEPARK PEDRALI
Der Architektur am nächsten

Robin Rizzini hat für Pedrali mit der Toa Workstation einen neuen Tisch entworfen, der mit einer schlanken Struktur aus druckgegossenem Aluminium eine Brücke baut zwischen der industriell geprägten Formensprache und dekorativen Elementen. Die Idee erklärt er uns im Interview.
18.11.2022

Anna Moldenhauer: New Work ist schon seit einigen Jahren ein Thema und die Diskussion hat in der Pandemie an Fahrt gewonnen. Welche Form der Ausstattung ist Ihrer Meinung nach essenziell für die heutige Arbeitswelt?

Robin Rizzini: Es begann wahrscheinlich mit der generellen Reflexion des Büros, das sich weiterhin in großem Maße verändern wird. Ich denke, dass wir in Zukunft nicht mehr die gesamte Arbeitszeit in einem Büro verbringen werden. Das Büro wird in erster Linie ein Ort der Begegnung, des visuellen Austauschs und der gemeinsamen Arbeit sein, wenn es nötig ist. Man arbeitet also unabhängig und hat mehr Zeit, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Das ist auch der Grund, warum es aktuell viele Ideen zu weichen Sitzgelegenheiten wie Loungemöbeln gibt, so dass man sich treffen und an einem Laptop arbeiten kann. Das betrifft auch die Art und Weise wie Unternehmen gemanagt werden, es ist nicht nötig, dass Menschen ständig anwesend sind. Es geht um die Ergebnisse, der Weg dorthin ist viel offener und freier geworden. Ich bin der Meinung, dass es etwas mit der Art und Weise zu tun hat, wie wir heute leben. Wir laden eine App herunter, mieten spontan einen Elektroroller, wir nutzen die Dinge temporär für die Zeit, in der wir sie brauchen. Das betrifft auch den Schreibtisch, man kann einen Platz im Büro für einige Stunden buchen und in der restlichen Zeit an anderen Orten arbeiten oder sich anderen Themen zuwenden. Das ist, was wir im Moment erleben, dass die Leute ihre Jobs kündigen, um mehr Zeit zu haben. Covid hat einen Prozess in Gang gesetzt, und wir sehen aktuell nur einen kleinen Teil davon. Das wird sich zunehmend ändern. Für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Leben und Arbeit müssen Räume flexibel sein. Sie müssen dem Menschen Raum geben, der sich im Laufe des Tages je nach Bedarf verändern kann.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Pedrali entstanden?

Robin Rizzini: Ich kenne Giuseppe Pedrali seit mehr als 12 Jahren. Der Toa Tisch war ein neues Projekt, das ich für mich selbst entworfen hatte, und der erste Instinkt war, ihn Giuseppe zu zeigen. Er mochte ihn vom ersten Moment an, und wenn man sich die Skizzen des Projekts anschaut, hat sich der Entwurf im Grunde kaum verändert. Wir haben nur die Oberseite dünner gestaltet und das Verbindungselement im Inneren der Form versteckt. Der Entwurf ist logisch und nachhaltig. Toa unterscheidet sich ein wenig von dem, was ich früher gestaltet habe. Diese Tische waren oft aus verschiedenen Materialien zusammengeklebt. Auch wenn die hierzu verwendeten Technologien teilweise sehr zukunftsweisend waren, beispielsweise haben wir Klebstoff verwendet der auch bei den Rotorblättern von Hubschraubern eingesetzt wird, würde ich das heute nicht mehr anbieten wollen.

Die Toa Workstation sollte also auf allen Ebenen klar sein – formell wie mit Blick auf die Nachhaltigkeit.

Robin Rizzini: Genau, zudem wollte ich eine Plattform schaffen – für mich, aber auch für andere. Einen Tisch aus einem schönen Material, der flexibel ist und in unterschiedlichen Versionen gewählt werden kann. An dem sowohl gearbeitet wie gegessen werden kann. Daher gibt es für die Toa Workstation auch drei verschiedene Verkabelungslösungen. Formal ist der Tisch sehr klar, denn auch visueller Lärm kann den Menschen ablenken.

Skizzen haben für Ihre Arbeit eine besondere Bedeutung. Wie kann ich mir den kreativen Prozess für die Toa Kollektion vorstellen?

Robin Rizzini: Die Skizze ist für mich die wichtigste Phase. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen, mit einem Skizzenbuch oder mit einem iPad, was einfacher ist. Es ist nicht so "romantisch" mit einem iPad zu arbeiten, aber man kann Skizzen schneller verändern, speichern und verschicken. Es ist die wichtigste Phase der Arbeit, denn durch die Skizze kann ich die Proportionen des Objekts, die technische Lösung sehen. Ich brauche mehr als das Wesentliche, die Details, die ich unterstreichen möchte. Und der Rest besteht aus Leuten, die mir helfen, unter Druck zu arbeiten, weil ich im Grunde zu alt bin, um mit 3D zu hantieren. (lacht)
Ich mag diese Phase, sie ist Teil des Prozesses. Auch wenn es sie sich manchmal so anfühlt, als wäre sie nutzlos, aber am Ende ist sie das nicht. Denn durch die 3D-Technologie überträgt man das Gefühl für Proportionen und die technische Lösung.

Wie ging es dann weiter?

Robin Rizzini: Ich bin mit der Skizze gestartet, anschließend haben wir 3D-Modelle erstellt – und dann kam die Pandemie. In dieser Zeit haben wir jede Menge Dateien hin- und hergesendet um die endgültige Version zu finden. Die Interaktion mit Pedrali hat sich ein wenig wie Musik angefühlt, es war als würden viele MusikerInnen eines Orchesters getrennt voneinander an einer gemeinsamen Melodie arbeiten. Das hat gut funktioniert, und wir sind schneller als erwartet zu einem Ergebnis gekommen. Allerdings hat es dann bedingt durch die Einschränkungen während der Pandemie noch etwas gedauert, bis die Prototypen und finalen Ergebnisse fertig waren.

Die Form der Toa Workstation ist geradlinig, aber dennoch ein Blickfang. Die Tischplatte ist sehr schmal, die Kante fällt zur Tischmitte hin ab, die kufenförmigen Tischbeine münden in einer T-Form. Sie verleihen der technischen Funktion eine neue Ästhetik. Hatten Sie diesen Anspruch bereits zu Beginn im Sinn oder ist er im Prozess entstanden?

Robin Rizzini: Tische sind die Möbel, die der Architektur am nächsten kommen, das gefällt mir, denn ich bin ein großer Fan von Architektur. Ich bin selbst kein Architekt, und das gibt mir enorme Freiheit, weil ich nicht die Frustration erlebe, kein großer Architekt geworden zu sein. Stattdessen kann ich die Architektur aus der Designperspektive genießen. Die Idee für diesen Tisch war bereits zu Beginn etwas zu finden, das einen Bezug zur antiken Architektur hat. Der Tisch wird wie ein Dach von der Spitze zu den Beinen schlanker, es ist ein großartiges Symbol.

Die Kante verläuft an der Unterseite des Tisches zur Mitte hin mit einer sanften Rundung. Was war hier Ihre Idee?

Robin Rizzini: Der Radius wird auch auf der Innenseite der Profile wiederholt. Er ist angenehm in der Haptik. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass man sich wohlfühlt, wenn man Design berührt.

Anna Moldenhauer, Chefredakteurin des Stylepark Magazins, im Gespräch mit Robin Rizzini auf der Orgatec 2022.

Die Toa Workstation gibt es in verschiedenen Ausführungen – das Aluminiumgestell ist so in unterschiedlichen Lackierungen erhältlich, die Tischplatte kann aus Massivlaminat, Fenix-Platte oder Eichenfurnierplatte bestehen und bezüglich der Kabelführung können viele individuelle Wünsche erfüllt werden. Nach welchen Kriterien haben Sie die Möglichkeiten ausgewählt?

Robin Rizzini: Das Material der Struktur, das Aluminium, war von Anfang an relativ klar, weil es das einzige ist, mit dem diese Art von Design gestaltet werden kann. Wir bilden mit diesem Material die Elemente, die die Brücke ausmachen, die Beine und die Verbindungsprofile. Die Querträger aus Stahl stützen auch die Spitze. Im Gegensatz dazu wollte ich ein dünnes Material wie HPL (High Pressure Laminate) verwenden. Es ist ein sehr dünnes Material, aber auch sehr robust. Ich finde, es bringt den reduzierten, industriellen Look besser zur Geltung.

Pedrali steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Haben Sie den Prozess, vom Material bis zur Logistik, gemeinsam mit Pedrali so geplant, dass er so nachhaltig wie möglich ist?

Robin Rizzini: Das war nicht wirklich nötig, denn wir haben den gleichen Ansatz. Der industrielle Prozess sollte so nachhaltig wie möglich sein. Das war ein wichtiger Aspekt im Prozess. Die Toa Workstation ist somit sehr einfach im Auf- und Abbau und kann flach verpackt versendet werden. Als Designer folge ich dem Zeitgeist. Ich würde mich nicht wohl dabei fühlen, wenn das was ich entwerfe am Ende des Lebenszyklus ein Problem darstellen würde.

Neben der Toa Workstation ist Toa auch eine Kollektion, haben Sie von Beginn an geplant aus welchen Elementen diese bestehen soll?

Robin Rizzini: Die Idee war mit Toa eine komplette Sprache entwickeln. Daher denken wir die Struktur stetig weiter, vom Toa Table zum Toa Folding Screen bis zur aktuellen Toa Workstation. Welchen Teil der Vision wir dann schlussendlich weiterdenken, zeigt sich im Prozess.

Sie vereinen in Ihrer Identität verschiedene Kulturen, sind in Genua geboren, haben aber auch Wurzeln in Großbritannien. Inwieweit wirken sich diese auf Ihr Design aus?

Robin Rizzini: In vielerlei Hinsicht. Ich denke, die Einflüsse auf meine Gestaltung kommen aus sehr unterschiedlichen Regionen, sie ist ein bisschen italienisch, ein bisschen britisch – dazu hat es mich sicher beeinflusst nicht in Mailand geboren zu sein, sondern am Meer aufzuwachsen. Dazu kommen die Musik, die Architektur, die Gestaltung an sich. Es ist schwer zu sagen, welcher Aspekt ausschlaggebend für ein Projekt ist. Das meiste geschieht instinktiv. Ich versuche mich nicht zu sehr auf das zu konzentrieren, was gewesen ist, sei es in meiner eigenen Arbeit oder beim Blick auf das Werk anderer. Ich versuche nicht die großen MeisterInnen neu zu interpretieren. Philosophien zu überarbeiten, die bereits einige Jahrzehnte alt sind, halte ich generell nicht für sinnvoll. Wenn diese GestalterInnen heute noch leben würden, wäre ihr Interesse und ihre Arbeit von dem heutigen Fortschritt geprägt. Es ist gut zu wissen wo die Wurzeln liegen, aber man sollte den Blick auf die eigene Gegenwart nicht verlieren. Auch wenn es sicher einfacher ist, etwas Bestehendes zu überdenken und in eine neue Version zu übersetzen, als ein komplett neues Design zu entwickeln.

Sie lehren an der Scuola Politecnica di Design in Mailand. Was ist Ihnen wichtig, der jüngeren DesignerInnengeneration zu vermitteln?

Robin Rizzini: Zunächst einmal denke ich, dass das Lehren eine soziale Verantwortung ist, wenn man Wissen weitergeben kann. Ich bin kein Akademiker, aber ich kann lehren, wie man diesen Job macht. Ich arbeite mit den Studierenden an Projekten. Ich versuche, ihnen einen Einblick in diesen Beruf zu geben. Es ist nicht möglich, alle Details zu vermitteln, die zu einem großartigen Design führen, aber man kann einen Kontext, eine Denkweise und den Prozess vermitteln. Quasi ein Fenster öffnen, worum es in diesem Beruf geht. Denn dieser beinhaltet nicht das Design von Objekten und Abläufen, sondern auch den Umgang mit Fachleuten, mit Unternehmen, die auf Wirtschaft und Geld basieren und ihre Meinung in die Arbeit einbringen. Damit umgehen zu können ist genauso wichtig wie die eigentliche Gestaltung der Dinge.

Talking about design: Robin Rizzini