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"Sol" und "Sombra"

STYLEPARK PLANK
Sehnsucht nach Morgen

Konstantin Grcic hat für Plank die Loungesessel "Sol" und Sombra" entworfen, die mit einer außergewöhnlich steilen Sitzneigung eine bequeme wie agile Haltung ermöglichen. Im Interview gibt er uns Einblick in den kreativen Prozess.
24.08.2025

Anna Moldenhauer: Welcher Anspruch, beziehungsweise welche Frage stand zum Beginn der Entwicklung von "Sol" und "Sombra" im Raum?

Konstantin Grcic: Die Entwicklung der neuen Entwürfe geht auf den Stuhl "Monza" und dessen überarbeitete Version mit gepolstertem Sitz zurück. "Monza Soft" strahlt eine warme, wohnliche Atmosphäre aus, was einen gewissen Wandel in der Ausrichtung der Kollektion markierte. In gemeinsamen Gesprächen entstand der Wunsch, das Programm um einen Lounge Chair zu ergänzen. Zunächst ging es darum, zu definieren, was ein Lounge Chair für das Unternehmen Plank überhaupt sein könnte: Welchen Komfort soll er bieten? Und welche Typologie passt zu uns? Ich wollte unterschiedliche Konzepte erproben – sowohl die Idee eines kompakten Sessels als auch eines großzügigen Modells, das physisch und visuell mehr Raum einnimmt. So entwickelte sich das Projekt früh in zwei Richtungen, was schließlich zu zwei unterschiedlichen Loungesesseln führte.

Komfort ist individuell auslegbar, wie wolltest du diesen in Form der Loungesessel definieren?

Konstantin Grcic: "Sol" und "Sombra" wurden bewusst als Paar entworfen – zwei Sessel mit gemeinsamer Basis, aber klar unterscheidbaren Identitäten. Anstatt verschiedene Qualitäten in einem Modell zu vereinen, wurden sie gezielt getrennt: "Sol" ist kompakt und agil, "Sombra" dagegen großzügig und entspannt. Beide Modelle bestehen aus massivem Eschenholz – einem langlebigen Material, das auch historische Bezüge mit sich bringt. Die vertikal ausgerichteten Beine und die streng horizontalen Armlehnen schaffen ein offenes Raumgefühl und verleihen dem Möbel eine ruhige Präsenz. Details wie sich verjüngende Fußenden oder ausgehöhlte Armlehnen unterstreichen den handwerklichen Charakter der Entwürfe. "Sol" hat eine kompakte Grundfläche und bietet eine niedrige, aber aktive Sitzhaltung. Sitzfläche und Rückenlehne aus geformtem Sperrholz greifen ineinander, sodass sich die Lehne frei bewegen kann. "Sombra" ist breiter, weicher und klassischer gestaltet. Er verfügt über ein gepolstertes Sitz- und Rückenkissen sowie breite Armlehnen, die sich ideal als Ablage für Buch, Getränk oder Telefon eignen.

"Sombra"
"Sombra"
"Sol"
"Sol"

Er ist zudem an den Außenseiten geschlossener.

Konstantin Grcic: Das war ein wichtiger Punkt. Anfangs war diese Geschlossenheit nicht vorgesehen. Doch wir merkten, dass dem Möbel dadurch ein Gefühl von Intimität fehlte. Die Holzplatten an den Seiten schaffen genau diesen geschützten Eindruck. Gleichzeitig differenzieren sie das Modell klar von "Sol". Bei "Sombra" ist die Rückenlehne aus statischen Gründen nicht freischwingend, dafür ist der gesamte Sessel gepolstert – das schafft einen anderen Zugang zu Komfort.

Die Konstruktion wirkt nahtlos, als seien die Bestandteile nur ineinandergesteckt, vor allem bei "Sol". Gibt es verdeckte Schrauben?

Konstantin Grcic: Die Schrauben sind sichtbar, wenn man die Sessel umdreht – wir machen daraus kein Geheimnis. Es handelt sich um mechanische Verbindungen, die sich lösen lassen. Das ermöglicht Reparaturen und den Austausch von Teilen. Plank denkt industriell und strebt schlanke, effiziente Produktionsprozesse an, kombiniert das aber mit einem tiefen handwerklichen Verständnis. Dieses Know-how – auch aus der eigenen Geschichte heraus – prägt die Arbeit des Unternehmens. In diesem Sinne passt der Begriff "klassisch" sehr gut zu diesen Möbeln. Und genau darin liegt etwas Schönes, etwas Zeitgemäßes.

Interessant finde ich, dass der klassische Ansatz im Ergebnis nicht nostalgisch wirkt. Nostalgie findet in deiner Arbeit zumindest aus meiner Sicht heraus nicht statt.

Konstantin Grcic: Das ist tatsächlich ein zentrales Thema für mich. Ich verspüre keine Sehnsucht nach der Romantik des Vergangenen. Aber ich kann mich sehr wohl für historische Dinge begeistern, wenn darin eine progressive Idee sichtbar bleibt – eine Haltung, die über ihre Zeit hinaus Bestand hat. Ich glaube an das Lernen aus der Geschichte und an die Weiterentwicklung von Dingen, die in ihrer Substanz immer schon gut waren.

Protoypenbau "Sol"

Du arbeitest seit gut 20 Jahren mit Plank zusammen und hast die Entwicklung des Unternehmens mitgeformt. Wie hat sich eure Verbindung über die Jahre verändert?

Konstantin Grcic: Wir haben uns auf der imm cologne kennengelernt – damals noch ein zentraler Treffpunkt der Branche. Ein paar Jahre später präsentierten wir dort den Prototypen unseres ersten gemeinsamen Projekts: den Barhocker "Miura". Das war 2005, und Plank befand sich im Aufbruch. Das Unternehmen hat sich in den 2000er-Jahren grundlegend neu aufgestellt. Martin Plank wollte seinem Sohn Michael ein zukunftsfähiges Unternehmen übergeben. Dafür stellte er die bis dahin sehr erfolgreiche Produktion alpiner Brettschemel radikal um – hin zu zeitgenössischem Design. Das war ein mutiger Schritt. Martin Plank hatte eine klare Vision. Er sprach davon, Satellitenschüsseln auf den Dächern seiner Werkhallen zu montieren, um das Neue aus der Welt einzufangen. Man muss wissen: Plank stammt aus einer kleinen Ortschaft südlich von Bozen, umgeben von Bergen. Der Blick in die Welt ist dort nicht selbstverständlich – und genau deshalb mit so viel Neugier und Offenheit verbunden. Die Verwurzelung in der Herkunft und der Drang nach Neuem schließen sich nicht aus, sie befördern sich gegenseitig. Der frühe Tod von Martin Plank im Jahr 2015 war ein tiefer Einschnitt. Doch Michael ist mit großem Engagement in seine Rolle hineingewachsen. Mittlerweile bringt auch sein Sohn Martin Junior neue, frische Impulse ins Unternehmen ein.

Aus meiner Sicht bringt ihr beide zudem eine Ernsthaftigkeit und Sensibilität mit, die es ermöglicht, Prozesse bis in die Details zu denken. Generell gefragt: Worauf kommt es aus deiner Sicht bei der Gestaltung von Möbeln in unserer Gegenwart aktuell an?

Konstantin Grcic: Darauf gibt es viele Antworten, aber es gibt eine klare Priorität: Nachhaltigkeit. Der Begriff umfasst heute viele Aspekte – im Kern aber geht es um Verantwortung. Ganz gleich, welchem Trend man folgt, jedes Projekt muss sich dieser Idee unterordnen. Am Anfang steht immer die grundlegende Frage: Was wollen wir gestalten? Für wen? Und vor allem – warum? Es geht um Sinnhaftigkeit. Erst wenn diese gegeben ist, kann man nach geeigneten Mitteln der Umsetzung suchen. Rückblickend würde ich sagen, dass ich heute wesentlich reflektierter arbeite als früher. Die Herausforderungen sind komplexer, drängender – und sie verlangen eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Realität. Aber gerade darin liegt auch ein enormes kreatives Potenzial. Nachhaltig zu gestalten heißt nicht, nichts mehr zu entwerfen.

…sondern das Richtige.

Konstantin Grcic: Es geht darum, das Wesentliche zu gestalten. Und ich wünsche mir, dass dieser Fokus auf Relevanz zugleich Raum für radikalere, neue Ideen schafft. Unsere Industrie – und damit auch wir Designerinnen und Designer – war in den letzten Jahren oft von Unsicherheit geprägt. Aber gerade jetzt braucht es Haltung und Mut. Es braucht die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und daraus Gestaltungskraft zu entwickeln. Im engen Austausch mit Plank finde ich genau die Voraussetzungen dafür – Vertrauen, Klarheit und die gemeinsame Überzeugung, dass gutes Design immer auch eine Antwort auf seine Zeit sein muss.