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Aktuell gestoppt: K31 Courtyard in Moskau

Baustopp in Russland: Status quo

In Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben zahlreiche Unternehmen die Arbeit an ihren Projekten in Russland eingestellt – darunter auch viele Architekturbüros. UNStudio sagen uns im Interview, welche Entwürfe sie gestoppt haben und ob Moral in der Architektur elementar ist.
09.03.2022

Anna Moldenhauer: Welche Projekte hat UNStudio in Russland derzeit eingestellt?

UNStudio: Im Einvernehmen mit unseren KundInnen haben wir derzeit den K31 Courtyard in Moskau, den JetBrains Bürocampus in St. Petersburg und das Blagoveshchensk Cable Car Terminal eingestellt. UNStudio hat kürzlich auch den Wettbewerb für den Sochi Waterfront Concept Masterplan gewonnen.

Ist geplant diese Projekte nach dem Ende des Krieges wieder aufzunehmen?

UNStudio: Leider können wir weder vorhersagen, wann und warum der Krieg zu Ende geht, noch, wie die Situation in Russland sein wird, wenn er zu Ende geht. Es gibt mögliche Szenarien, die eine Fortführung möglich machen, aber auch Szenarien, die dies unwahrscheinlich, wenn nicht gar unmöglich machen würden.

Warum ist es Ihrer Meinung nach wichtig, für eine Moral in der Architektur einzutreten?

UNStudio: Das ist ein äußerst komplexes Thema, nicht zuletzt, weil die Frage selbst schon voraussetzt, dass wir davon ausgehen, dass es nur eine einzige und übergeordnete Moral gibt. Man könnte sagen, dass ein solches Denken die Ursache für viele menschliche Konflikte war und ist. Aber als GestalterInnen sind wir uns der Bedeutung der Architektur über ihre Funktion hinaus, ihrer Fähigkeit, die Entwicklung kultureller Normen, Überzeugungen und Moralvorstellungen zu repräsentieren, nur allzu bewusst. In der Geschichte gibt es viele Beispiele dafür, dass sich die Mächtigen die Architektur aneignen, um ihren Einfluss zu sichern. Die Schaffung von Architektur ist auf die eine oder andere Weise ein moralischer Akt. Aber letztendlich bauen wir, ermöglichen wir, schützen wir. Zerstörung und Gewalt sind das Gegenteil von dem, was wir tun.

Es gibt kritische Stimmen, die sagen, dass es in früheren Kriegen keine so große Solidarität von Seiten der Architekturbüros mit dem angegriffenen Land gab. Was ist Ihre Position dazu?

UNStudio: Wir können in dieser Situation nur für uns selbst sprechen. UNStudio setzt sich weltweit für den Frieden ein und verurteilt alle Gewalttaten, insbesondere solche, die an unschuldigen Zivilisten verübt werden. Im Fall des Krieges in der Ukraine war es uns ein großes Anliegen, eine öffentliche Erklärung abzugeben, da UNStudio an Projekten in beiden Ländern arbeitet und äußerst talentierte DesignerInnen aus beiden Ländern beschäftigt. Daher möchten wir sowohl unseren KollegInnen als auch den Kontakten in unserem beruflichen Netzwerk, die direkt von dieser Situation betroffen sind, unsere Unterstützung zusichern.

Planen Sie, sich nach Beendigung des Krieges am Wiederaufbau der Ukraine zu beteiligen?

UNStudio: Auch hier können wir leider nicht vorhersagen, wann der Krieg in der Ukraine zu Ende sein wird und wie die Situation dann aussehen wird. Wir sind uns auch bewusst, dass eine weitere Eskalation immer möglich ist. Es ist uns also nicht möglich, diese Frage jetzt schon zu beantworten.

Woran arbeiten Sie im Moment?

UNStudio: Wir arbeiten an Projekten unterschiedlichster Größenordnung in vielen verschiedenen Ländern, darunter das STH BNK by Beulah in Melbourne, die Booking.com-Zentrale in Amsterdam, FOUR, ein gemischt genutztes Projekt im Herzen von Frankfurt am Main und das Lyric Theatre in Hongkong.