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Maria Porro im Teatro Lirico in Mailand

SALONE DEL MOBILE 2022 – PREVIEW
Neue Perspektiven

Maria Porro ist die Präsidentin des Salone del Mobile.Milano, der in diesem Jahr vom 7. bis zum 12. Juni 2022 in Mailand stattfinden wird. Auf welche Ausrichtung es nun ankommt und worauf sich die BesucherInnen im Detail freuen dürfen, sagt sie uns im Interview.
12.05.2022

Anna Moldenhauer: In diesem Jahr feiert der Salone del Mobile.Milano das 60jährige Jubiläum. Ihre Familie führt seit Generationen die Designmarke Porro S.p.A., daher haben Sie die internationale Möbelmesse schon als Kind erlebt. Über die Jahre hat sich die Messe sehr verändert und immer wieder Mut für neue Formate bewiesen, zum Beispiel 2021 in Form des supersalone. Nun gehen Sie von dort aus weiter – welche Angebote braucht der Salone jetzt und in der Zukunft?

Maria Porro: Unsere Realität hat sich in den letzten zwei Jahren sehr verändert und deshalb stehen wir vor der Aufgabe unser Angebot im Kern zu hinterfragen: Warum organisieren wir Fachmessen? Ich denke der ausschlaggebende Punkt ist, dass der Salone del Mobile nicht nur eine internationale Möbelmesse ist, sondern ein Katalysator – ein energiegeladenes kulturelles Ereignis. Die Veranstaltung schafft es Jahr für Jahr Mailand zu erhellen und gibt der Stadt die Möglichkeit, sich neu aufzustellen. Gleichzeitig findet der Salone in einer kleinen Zeitspanne an einem bestimmten Ort statt. Daher finde ich es sehr wichtig dauerhafte Brücken zu bauen, wirtschaftlich wie kulturell. Die Verantwortung des Salone del Mobile besteht darin, den Prozess hin zu einem nachhaltigen Angebot zu beschleunigen und die Ideen dann in die Tat umzusetzen. Der Salone verknüpft die unterschiedlichen Ansätze und bietet eine Plattform: ein weißes Blatt Papier für den kreativen Ausdruck. Gleichzeitig bringt er uns dazu, darüber nachzudenken, in welche Richtung sich das Möbeldesign entwickeln sollte.

Parallel gibt es Stimmen, die sich den Glamour des Salone del Mobile zurückwünschen. Glauben Sie, dass es möglich ist, diese beiden Ansätze zusammenzubringen: die Show und die Nachhaltigkeit?

Maria Porro: Ja, ich denke, dass das möglich ist, auch wenn es sicher eine Herausforderung darstellt. Der Salone del Mobile ist wie ein Organismus, der aus vielen unterschiedlichen Ansätzen besteht, die wir in eine Form bringen müssen. In diesem Jahr geben wir den HerstellerInnen Richtlinien für eine nachhaltige Präsentation an die Hand und versuchen so eine kollektive Veränderung anzustoßen. Das Schöne ist, dass die meisten bereits von sich aus Schritte unternommen haben, um Ihre Produktion in einem nachhaltigen Sinne zu verändern. Der Wandel findet also bereits statt. Unsere Aufgabe ist es nun diesen zu beschleunigen. Ich weiß, wie schwierig es ist in einem Unternehmen Investitionen, Abläufe und Denkweisen zu verändern, das geht nicht von heute auf morgen. Aber es ist möglich.

Anna Moldenhauer, Redaktionsleitung des Stylepark Magazins, im Gespräch mit Maria Porro, Präsidentin des Salone del Mobile.Milano

Seitens Ihrer Karriere vor dem Salone del Mobile bringen Sie auch einen großen Erfahrungsschatz in den Bereichen Bühnenbild, Kommunikation und Eventmanagement mit. Können Sie schon sagen, welche Sonderausstellungen für das 60-jährige Jubiläum geplant sind?

Maria Porro: Wir zeigen auf dem Messegelände in Halle 15 eine 1.400 Quadratmeter große Installation des Architekten Mario Cucinella im Rahmen des S.Project, die als virtuoses Ökosystems eine ideale Zukunft des Wohnens darstellt. Das ist nicht nur eine Ausstellung, sondern auch ein Ort der Begegnung – ein Angebot des Salone del Mobile für die BesucherInnen. Dazu bieten wir Gesprächsrunden an, geleitet von Maria Cristina Didero, Beatrice Leanza und Chiara Alessi. In der Stadt zeigen wir in der Sala delle Cariatidi des Palazzo Reale eine ortsspezifische Filminstallation, die 11 Werten gewidmet ist, welche seit jeher in der DNA der Messeveranstaltung verankert sind. Gezeigt werden 11 Autorenfilme von 11 renommierten italienischen Regisseuren, die ein Schlüsselwort nach ihrem eigenen Stil interpretiert und in einen Autorenkurzfilm verwandelt haben. Zudem wird die Zusammenarbeit mit der Fondazione Teatro alla Scala wieder aufgenommen. Der Salone wird in diesem Jahr mit einem Konzert des Philharmonischen Orchesters unter der Leitung von Maestro Lorenzo Viotti eröffnet, gefolgt von einem Ballett mit Roberto Bolle, einem der besten Balletttänzer weltweit.

Unser Alltag ist seit Beginn der Pandemie komplexer und schneller geworden. Wir arbeiten zunehmend hybrid, persönliche Treffen sind weniger möglich, somit reisen wir auch weniger. Zudem herrscht seit dem Angriff auf die Ukraine seitens Russland Krieg in Europa. In dieser Zeit eine internationale Möbelmesse zu organisieren, ist eine große Herausforderung. Was ist Ihnen beim Konzept des diesjährigen Salone del Mobile besonders wichtig?

Maria Porro: Der Salone del Mobile soll eine Chance bieten: für die Branche, aber auch darüber hinaus. Es geht nicht mehr darum möglichst groß zu sein und Menschenmassen durch die Hallen zu schleusen. Es geht darum neue Perspektiven zu ermöglichen, bewusster zu handeln. Das bedeutet, dass wir hart arbeiten müssen, um ein Angebot bieten zu können für das die Menschen gerne zu uns kommen. Die Qualität der Veranstaltung steht an erster Stelle.

Sie sind in einem Familienunternehmen aufgewachsen und können als Leitung des Salone del Mobile nun beide Welten verknüpfen. Welche Aspekte möchten Sie kombinieren?

Maria Porro: Die Tatsache, dass der Vorstand des Salone del Mobile aus UnternehmerInnen besteht, ist meiner Meinung nach etwas ganz Besonderes, da die Perspektive der HerstellerInnen für die Angebote des Salone del Mobile somit immer ausschlaggebend sind. Gleichzeitig ist der Salone sehr vielfältig und ein Rahmen für die gesamte Möbelindustrie, er ist eine große Chance. Ich versuche meinen Teil zum Gesamtbild beizutragen, stehe aber nicht allein an der Front, sondern als Teil des Gremiums und unserer Verbände Seite an Seite mit den Unternehmen.

Als Sie den Posten für die Leitung des Salone del Mobile angetreten haben, erschien einigen Stimmen nicht nur Ihre Expertise erwähnenswert, sondern auch Ihr junges Alter und das Sie eine Frau sind. Finden Sie es von Ihrer Seite her wichtig, diese Aspekte herauszustellen?

Maria Porro: Nein. Es gibt viele fantastische Frauen in unserer Branche – Designerinnen, Architektinnen, Unternehmerinnen. Ich bin stolz und dankbar für das Vertrauen, das mir entgegengebracht wird und dass sich der Vorstand des Federlegno Arredo Eventi entschieden hat, mir die Aufgabe der Leitung des Salone del Mobile zu übertragen. Ich arbeite gemeinsam mit meinem Team, es geht nicht nur um mich.


Salone del Mobile
7. – 12. Juni 2022

Fiera Milano | Rho
20017 Rho MI, Italien