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Michael Ress

Geschliffene Schönheit

Für die Marke Schönbuch haben Michael Ress und Carolin Sangha den Manufakturanspruch mit farbenfroher Ästhetik verknüpft und ihre Freude am Design einer internationalen Zielgruppe geöffnet.
Text von Anna Moldenhauer, Fotos von Constantin Mirbach | 11.09.2020

Wenn man die innovativen Interiorprodukte von Schönbuch sieht, könnte man meinen, das Unternehmen sei erst vor kurzem gegründet worden. So frisch und lebendig wirken ihre Präsentationen, so mutig das farbige Zusammenspiel. Auf den zweiten Blick eröffnet sich eine handwerkliche Genauigkeit, die auf die Wurzeln des Traditionsunternehmens verweist: 2005 übernahm Michael Ress die Marke, dessen Sortiment bis dato auf das Entrée spezialisiert war. Schönbuch zeigte sich damit zwar erfolgreich, aber gleichzeitig wirkten die aus der Mode gekommenen Entwürfe etwas angestaubt. Eine "Sleeping Beauty" resümiert Michael Ress und gleichzeitig eine schöne Produktnische, in der er gemeinsam mit der freien Kreativdirektorin Carolin Sangha viel Potenzial sah. Das Gespür, das es brauchte, um Schönbuch in die Zukunft zu führen, hatte Ress bereits im Gepäck: In sechster Generation leitet er die Ress Möbelwerkstätten, ein Produktionspartner für hochwertige Möbelmarken. "Es ist ein großer Vorteil für die Produktentwicklung, wenn man selbst in einem Familienunternehmen großgeworden ist. Man hat einen realistischen Blick auf die Fertigung und kann den Zwiespalt zwischen freiem Design und technischer Umsetzung schneller lösen", sagt er.

Für Schönbuch setzte Michael Ress gemeinsam mit Carolin Sangha den kreativen Prozess komplett neu auf, übersetzte das Unternehmen von der Markenpräsentation bis zur Auswahl der Designer in die Gegenwart. "Wir wollten die Produkte für das Entrée neu denken, Funktion und Freude am Design miteinander verbinden", so Ress. Als eine der ersten Entwürfe entstanden Produkte, die mittlerweile als Klassiker im Sortiment von Schönbuch gelten, wie die bunten Wandhaken "Dots" oder die puristische Wandgarderobe "Line". Es folgte die Zusammenarbeit mit Designern wie Hanne Willmann, Stefan Diez, Sebastian Herkner, Christian Haas, Verner Panton oder Studio Besau-Marguerre. Auch viele Jungdesigner wie Martha Schwindling, Anna-Marin Nilsson, Ilja Huber sowie Martin Hirth gehören zum Portfolio von Schönbuch. "Wir merken schnell, ob sich ein Designer mit der Marke wirklich identifizieren kann. Wenn das der Fall ist, braucht es keinen großen Namen", so Ress. Etwas überraschendes schaffen, ohne Schnörkel. Das in seiner Funktion dennoch intuitiv verständlich ist und den Wunsch weckt, es in das Leben und den Alltag zu integrieren. "Simply beautiful" eben, das Motto von Schönbuch. Die Farbe ist zentral, um eine optische Spannung zu schaffen. Aktuell umfasst die Palette 26 Töne, viele von ihnen – wie Königsblau und Weinrot – hatte Schönbuch schon im Sortiment, bevor sie im Mainstream zu Trendfarben erklärt wurden. "Carolin hat ein wahnsinniges Händchen für Farben und Farbkombinationen", so Michael Ress. Dazu kommt das gemeinsame Gespür für eigenständige Produkte, die zwar nicht essentiell für die Einrichtung sind, aber den Raum erst zu einem Wohlfühlort werden lassen. Wie mit dem Barschrank "Guard" von Christian Haas oder den Wandschränkchen "Simetria" vom Studio Besau Marguerre. "Wir möchten mit unseren Produkten weg vom Einheitslook", sagt Ress.

Nah am Leben

Auch wenn das Design als Gesicht des Produkts für Schönbuch ausschlaggebend ist, die Qualität mit aufwändigen Details und einer hochwertigen Verarbeitung ist ebenso bedeutsam. "Unsere Produkte sollen nahbar sein und seine Besitzer über viele Jahre begleiten", so Ress. Die Produktion in Bad Königshofen trägt dazu bei – die Ress Möbelwerkstätten, die für Schönbuch sowie andere namhafte Möbelfirmen produzieren, sind seit Jahrzehnten in der Region verankert und können auf ein starkes Netzwerk lokaler Handwerker zurückgreifen. Auch gewünschte Anpassungen sind schnell umgesetzt, wie für den Spiegel "Individual", dessen Maße und Farbgebung frei gewählt werden können. Die Verbundenheit zum Handwerk spürt man bei einem Besuch in den Fertigungshallen sofort. Das Holz duftet, Sägen kreischen. Man hört das Schmirgelpapier über die Kanten schleifen und kann dem Schreiner bei der Arbeit über die Schulter schauen. Braucht es ein anderes Material als Holz, arbeitet Schönbuch mit Manufakturen zusammen, die sich auf das jeweilige Feld spezialisiert haben, sei es mundgeblasenes Glas aus Tschechien, handgemachte Keramik aus Portugal oder feines Porzellan aus Thüringen. Der Blick auf die Nachhaltigkeit ist Michael Ress dabei ein Anliegen, viele der Hölzer werden so geölt statt lackiert. Für die Farben verwendet Schönbuch soweit wie möglich Lacke auf Wasserbasis. Auch das Recycling ist ein Thema, denn nach dem Ende des Lebenszyklus sollen alle Bestandteile möglichst problemlos für die Weiterverwertung demontiert werden können. "Wir versuchen die Umweltstandards so hoch wie möglich zu halten", so Ress. Über die einstige Produktnische des Entrées sind die Konzepte längst hinausgewachsen. "Wir konnten mit Schönbuch einen ungeschliffenen Diamanten zum Leben erwecken und in die Zukunft führen", so Michael Ress.

Garderobe "Line" von Schönbuch

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